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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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herunterließen. Dann konnte ich mich daran machen, mir meinen Schuh zu holen.
    In der hellen Beleuchtung und mit beiden Schuhen an den Füßen war mir viel tapferer zumute, und ich begann mit dem Schlangenfang. Das war ganz einfach. In der Hand hatte ich einen gegabelten Stock, mit dem ich mich jedem einzelnen Reptil näherte, das dann mit der Gabel festgenagelt, hinten am Hals aufgenommen und in den Schlangensack gesteckt wurde. Ich mußte nur darauf achten, daß ich nicht auf eine Schlange trat, die sich vielleicht hinter mir herumwand, während ich mit dem Fang einer anderen beschäftigt wär. Alles ging jedoch gut, und eine halbe Stunde später hatte ich acht junge Gabun-Vipern im Sack. Das genügte mir durchaus, und ich ließ mich von meinen Freunden aus der Grube ziehen. Nach diesem Erlebnis gelangte ich zu dem Schluß, daß der Tierfang nur in dem Maße gefährlich ist, wie es die eigene Dummheit zuläßt, nicht mehr und nicht weniger.

Drittes Kapitel

Pinselschweine und Buschbabies

    Wenn das Lager fertig errichtet war, sah es aus, als ob ein Zirkus im Urwald erschienen wäre, und diese Ähnlichkeit war noch augenfälliger, wenn sich das Lager mit den Tieren, die wir gefangen hatten, allmählich füllte. Neben dem Zelt reihten sich die Käfige, in denen ich die kleineren Tiere hielt, vielfältige Geschöpfe von Mäusen bis zu Makis.
    Im ersten Käfig hausten zwei junge afrikanische Wildschweine, die ich Puff und Blow getauft hatte, die entzückendsten Jungtiere, die man sich vorstellen kann. Ein ausgewachsenes Pinselschwein ist der farbenreichste und schönste Vertreter aller Schweinerassen. Es hat einen dichten orangeroten Pelz und eine weiße Mähne; an den langen, spitzen Ohren baumeln weiße Haarbüschel. Puff und Blow aber waren wie alle Frischlinge dieser Gattung gestreift; der Grundton war ein dunkles Schokoladebraun, über das von der Nase bis zum Schwanz hellgelbe Streifen verliefen. Dadurch sahen sie, wenn sie in ihrem Käfig umhertrabten, wie dicke Wespen aus.
    Puff kam als erster ins Lager. Er wurde eines schönen Morgens gebracht; er saß ziemlich betrübt in einem Korb, den ein eingeborener Jäger auf dem Kopf balancierte. Er war im Urwald gefangen worden, und bald stellte ich fest, daß er so kummervoll aussah, weil er seit zwei Tagen nichts gefressen hatte, wodurch jedem anständigen Schwein die gute Laune genommen werden dürfte.
    Der Jäger, der ihn gefangen hatte, wollte ihn mit Bananen füttern, doch für eine solche Ernährung war Puff noch viel zu jung. Er brauchte Milch, und zwar in Mengen. Deshalb mischte ich ihm, sowie ich ihn bezahlt hatte, eine große Flasche voll warmer Milch mit Zucker, nahm das Ferkel auf den Schoß und bemühte mich, ihm die Milch einzuflößen. Puff war ungefähr so groß wie ein Pekinese, nicht nur mit kleinen Hufen ausgerüstet, sondern auch mit zwei scharfen Hauerchen, wie ich bald zu meinem Schaden feststellte.
    Natürlich hatte er noch nie eine Milchflasche gesehen, und er behandelte sie von Anfang an mit tiefstem Mißtrauen. Als ich ihn auf meinen Schoß setzte und ihm den Schnuller ins Mäulchen zu stecken versuchte, hielt er das für eine besondere Marter, die ich eigens für ihn erfunden hatte. Quietschend trat er mit seinen scharfen Hufen nach mir und gab sich alle Mühe, mich mit seinen kleinen Gewehren zu stechen. Nachdem der Kampf zwischen uns fünf Minuten gedauert hatte, sahen wir beide aus, als ob wir in Milch gebadet hätten; aber kein einziger Tropfen war durch Puffs Kehle geronnen.
    Ich füllte die Flasche abermals, klemmte das quietschende Ferkel zwischen meine Knie, hielt sein Mäulchen mit der einen Hand offen und drückte mit der andern die Milch aus der Flasche. Puff schrie so eifrig nach Hilfe, daß die Milch, sooft sie in sein Maul spritzte, beim nächsten Quieker ausgespuckt wurde.
    Endlich glückte es mir, ein paar Tropfen in seinen Hals rinnen zu lassen, und ich ließ ihm Zeit, Geschmack daran zu gewinnen. Offenbar behagte ihm die Kostprobe, denn er hörte auf zu quieken und sich zu wehren; statt dessen schmatzte und grunzte er. Ich tropfte ihm noch etwas Milch ins Mäulchen, die er gierig hinunterschluckte, und binnen kurzem saugte er an der Flasche, als wollte er nie mehr davon ablassen, während sich sein Bäuchlein immer mehr wölbte. Als der letzte Tropfen aus der Flasche verschwunden war, stieß Puff einen langen Seufzer der Zufriedenheit aus und sank auf meinem Schoß in tiefen Schlaf. Sein Schnarchen klang wie das Summen
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