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Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Titel: Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
Autoren: Christian Knieps
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musste.
    „Fein!“ antwortete meine Mutter nicht ganz glücklich. „Gehen wir runter an den Strand!“
    Ich hakte mich bei meiner Mutter ein und wartete auf Elle, die noch einen Hut aus einem ihrer Koffer holen wollte. Gemeinsam gingen wir dann den leicht abschüssigen Weg hinunter zum Strand, den wir aufgrund der erhöhten Felsen zwar noch nicht sahen, aber das rhythmisch anbrandende Wasser hörten.
    Ich weiß noch, wie ich dachte, dass wir drei Frauen mit der Entscheidung, an den Strand zu gehen und die Männer bei Pete zurückzulassen, vor weiteren Merkwürdigkeiten gefeit seien. Doch sie schienen nicht enden zu wollen, da ich etwas Ungewöhnliches bemerkte. Denn obwohl auf der gesamten Fahrt hierher und eben noch vor dem Hotel der Wind vom Meer aufs Land wehte, so war es für den kurzen Moment, in dem wir Pete und die Männer verließen, als ob sich der Wind gedreht hätte.
    Aber nicht nur das, sondern ich meinte sogar, über die Schwingen des Windes klar und deutlich hören zu können, was Pete zu meinem Vater und zu Patrick zu sagen schien: „Wahrlich, geklaut wurde hier noch nichts, aber einige sind ertrunken, andere auf mysteriöse Weise verschwunden und wieder andere sind verrückt geworden!“
    Was mein Vater auf diese Aussagen eines alten Mannes  antwortete, konnte ich zwar nicht hören, mir aber lebhaft vorstellen. Doch leider hatte sich der Wind wieder vom Meer aufs Festland gedreht, und ich hörte nunmehr wieder das Anschlagen der Wellen an die Felsen der Brandung. Ob ich mir Petes Stimme damals nur vorstellte oder sie wirklich hörte, kann ich heute nicht mehr mit absoluter Bestimmtheit sagen. Aber dieser Vorfall passte in die Liste der Merkwürdigkeiten, von denen diese nicht die letzte sein sollte...
     

3. Kapitel
    Der Urlaub hatte noch gar nicht richtig begonnen und es waren schon so viele merkwürdige Dinge geschehen und noch mehr angedeutet worden. Ich bereitete mich innerlich darauf vor, am Strand eine Leiche oder eine mysteriöse Grotte zu finden, doch zum Glück fand ich nichts dergleichen.
    Meine Mutter, Elle und ich schlenderten weiter am Strand entlang, und während meine Mutter im Gehen ein wenig zurückfiel, hatte ich Gelegenheit, Elle ein wenig näher kennen zu lernen.
    Sie stammte aus gutem Hause, und ihrem Vater war eigentlich daran gelegen gewesen, dass sie einen Lord oder einen Bürger aus ebenfalls gutem Hause heiratete. Doch Elle hatte am Ende ihren Dickschädel – wie sie selber von sich behauptete – durchgesetzt und den zwar klugen und aufstrebenden, aber keineswegs begüterten Patrick drei Monate zuvor geehelicht. Zu diesem Zeitpunkt kannten sie sich erst zwei Monate, wie sie mir verriet.
    Zudem erzählte sie mir, dass ihre Familie traditionsbehaftet war. Immerhin war der Großvater ihres Vaters ein hoher Würdenträger in Indien, der bei den Aufständen der Jahre 1857/8 fast im Alleingang mit seinen Soldaten Delhi befreite, das sich damals kurz vor der Abspaltung vom Vereinigten Königreich befand. Und trotz dieser Familiehistorie war Elles Vater kein absoluter Traditionalist, sondern eher ein sanfter Reformer, der nur darauf achtete, dass die Tradition nicht zu schnell über Bord geworfen wurde.
    Elle zog nach ihrer Hochzeit zu Patrick auf das Gelände des Eton Colleges, auf dem die Wohnungen der wissenschaftlichen Mitarbeiter lagen. Zu Elles Glück lag das College genau auf der richtigen Seite von London, denn ihre Eltern wohnten nur unweit der Stadtgrenze entfernt in Richmond. Wenn Elle Lust und Laune hatte, konnte sie sich in ein Gespann setzen und war innerhalb kürzester Zeit bei ihren Eltern, was eine Erleichterung für die Zustimmung der Eltern zur Hochzeit gewesen war.
    Ich fand, dass Elle an sich eine einfache Person war, die von sich selber behauptete, dass sie nur für ihren Mann und für die Lyrik lebte. Sie besaß nach ihrer eigenen Aussage unzählige Gedichtbände aus aller Herren Länder und konnte das eine oder andere zitieren. Doch da ich nie als junges Mädchen den richtigen Zugang zu Gedichten gefunden hatte, blieben mir all ihre Rezitationen fremd und unnahbar, obgleich ich zugeben muss, dass sie mich schon  mit ihrem Gedächtnis beeindruckte. In der Schule habe ich das Auswendiglernen immer gehasst, aber Elle schien es sogar Spaß zu machen.
    Ich war auf jeden Fall anders erzogen worden. Mein Vater sah zwar immer noch seine kleine Tochter in mir, aber es war ihm auch daran gelegen, dass ich viel Praktisches lernte, um mich notfalls auch alleine
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