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Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Titel: Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
Autoren: Christian Knieps
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Reisegepäck hineinzutragen. Es vergingen Minuten, ehe mein Vater ohne einen Hotelmitarbeiter wieder aus dem Hotel kam, uns anblickte, als wäre ihm die Börse geklaut worden und dabei ungläubig den Kopf schüttelte.
    „Was für ein seltsamer Empfang!“ wunderte er sich und suchte mit seinem Blick die Umgebung nach einem Bediensteten ab.
    „Haben Sie denn drinnen niemanden gefunden, John?“ fragte Elle, obwohl mir die Frage überflüssig schien.
    „Nein, niemanden!“ gab mein Vater höflich zurück und schien nicht über die Unsinnigkeit der Frage nachzudenken, da er immer noch nach einem Hotelangestellten suchte.
    „Da können Sie lange warten“, sagte mit einem Mal eine Stimme aus dem Nichts und alle erschraken bis ins Mark, denn niemand, noch nicht einmal mein Vater ahnte, woher die Stimme kam, als sich ein alter Mann aus einer Schaukel erhob, die den Blick auf ihn verdeckt hatte.
    „’Tschuldigung, dass ich gedöst habe“, sagte der alte Mann, als er über die Veranda gehinkt kam, „mein Name ist Pete. Eigentlich Peter Andrew Anderson, aber alle nennen mich nur Pete.“
    „Gut, Pete“, sagte mein Vater und musste sich anstrengen, den alten Mann, dem er eigentlich Respekt zollen wollte, mit dem Vornamen anzusprechen. „Wir sind Gäste des Hotels und eben erst angereist. Können Sie uns freundlicherweise sagen, wo die Bediensteten des Hotels sind? Wir wollen unsere Zimmer beziehen, aber niemand ist am Empfang…“
    „Die sind alle in die Stadt gefahren“, unterbrach Pete meinen Vater ein wenig rüde, doch alten Menschen verzeiht man auch solche Ausrutscher. „Es sind ja sowieso nur drei Leute, die sich noch um das Hotel kümmern.“
    „Und die drei befinden sich alle in der Stadt?“
    „Ja“, antwortete Pete, „und sollten schon lange zurück sein. Die fahren immer nach dem Mittagessen zu dritt in die Stadt, um alles zu besorgen.“
    „Und die Gäste?“ fragte Elle.
    „Die Gäste legen sich fast alle nach dem Mittagessen aufs Ohr, und die anderen, die nicht müde sind, gehen wandern oder machen sonst was“, entgegnete Pete und allen war klar, dass man sich am Ende der Welt mit anderen Regeln würde anfreunden müssen.
    „Machen Sie denn auch Urlaub hier, Pete?“ fragte Patrick den alten Mann.
    „Nein, ich lebe hier, in dieser Gegend – und bin so etwas wie der Hausgeist.“
    In diesem Moment zuckte ich merklich zusammen, denn es war seit unserer Abreise nicht das erste Mal, dass etwas Ungewöhnliches passierte oder gesagt wurde. Aber als Pete lauthals zu lachen begann und uns sein zahnloses Mundwerk zeigte, stimmten wir alle mit ein und hielten die Aussage für den Scherz eines alten Mannes, der es scheinbar genoss, die neuen Gäste ein wenig aufzuziehen.
    „Nun gut, Hausgeist“, sagte mein Vater mit einem wohlwollenden Unterton und dem Anflug eines Lächelns, „wissen Sie denn, was wir in der Zwischenzeit machen können, während wir auf die Hotelangestellten warten?“
    „Na, Sie können ja schon mal zum Strand hinuntergehen!“
    „Und das Gepäck?“
    „Das können Sie in die Eingangshalle des Hotels stellen“, sagte Pete ohne Witz in seiner Stimme.
    „Wir können doch nicht unser ganzes Hab und Gut in den Eingangsraum des Hotels stellen!“ meinte meine Mutter entrüstet und erhielt Zustimmung von Elle, der es auch nicht sicher genug erschien.
    „Hier ist noch nie etwas geklaut worden“, beteuerte Pete, „nur umgekommen sind schon ein paar!“
    Dieser Scherz war zu viel für meinen Vater, der befürchtete, dass ich Angst und Schrecken bekommen würde, wenn wir weiter mit dem alten Mann redeten.
    „Gut, gut!“ sagte er zu meiner Mutter und mir. „Was haltet ihr davon, wenn ihr euch schon mal den Strand anseht, während ich auf den Besitzer des Hotels warte? Sobald er aus der Stadt zurück ist, bestätige ich schon mal die Zimmer und lasse die Koffer hochbringen.“
    „Das ist eine gute Idee“, pflichtete Patrick meinem Vater bei. „Elle, schließ dich doch den beiden an – dann könnt ihr zu dritt am Strand entlang gehen und euch vielleicht ein wenig näher kennen lernen. Währenddessen warte ich mit Mr. McAllister…“
    „Bitte, Patrick, nenn’ mich doch John“, meinte mein Vater, und ich muss zugeben, dass ich ihn selten so vertrauensselig gegenüber einer bisher fremden Person gesehen hatte. Aber ich schob es auf den Umstand, dass wir im Urlaub waren, und mein Vater nicht alles so verbissen sah, wie er es sonst als Polizeibeamter durchaus
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