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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos
Autoren: Jules Verne
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und da tauchen etwa ein Dutzend nackte oder grünende Inseln und Eilande mit vereinzelten Fischerhäuschen auf. An der Oberfläche schwimmen daneben noch gänzlich unbehauene Baumstämme oder auch ganze Flöße in den benachbarten Sägemühlen bearbeiteter Balken.
    Das veranlaßte Sylvius Hog scherzend – und er mußte wohl Neigung haben, gelegentlich zu scherzen – jetzt zu sagen:
    »Wenn nach dem Ausspruche unserer skandinavischen Dichter die Seen die Augen Norwegens sind, so muß man zugestehen, daß Norwegen mehr als einen Balken im Auge hat, wie die Bibel sagt.«
    Gegen vier Uhr gelangte das Boot nach Tinoset, einem kleinen, keinerlei Bequemlichkeit bietenden Dörfchen. Das hatte jetzt indeß nichts zu bedeuten, da sich Sylvius Hog hier gar nicht, nicht einmal eine Stunde, aufzuhalten gedachte. Wie er Joël schon vorher angedeutet, erwartete sie hier am Ufer ein Wagen. Im Hinblick auf diese, von ihm schon längst fest beschlossene Reise hatte er Herrn Benett in Christiania ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß er mit seinen Begleitern ohne Aufenthalt und Beschwerden Fortkommen finde. Deshalb befand sich an genanntem Tage auch ein alter Reisewagen, mit hinreichendem Lebensmittelvorrath im Kutschkasten, hier in Tinoset. Ihr Fortkommen war damit also ebenso gesichert, wie die Ernährung unterwegs, so daß sie nicht mehr auf die halb angebrüteten Eier, die geronnene Milch und die wahrhaft spartanische Kraftsuppe der Gaards von Telemarken angewiesen blieben.
    Tinoset liegt fast am Ende des Tinn-Sees. Hier stürzt sich der Maan in herrlichem Falle nach dem unteren Thale hinab, wo er wieder seinen regelmäßigen Lauf annimmt. Die von der Schußstation entnommenen Pferde standen schon angespannt, und sofort rollte der Wagen in der Richtung nach Bamble hin.
    Jener Zeit war das die einzige Art und Weise, durch Norwegen im Allgemeinen und durch Telemarken im Besonderen zu reisen, und vielleicht werden die Eisenbahnen viele Touristen noch die landesüblichen Schußkarren und die Kutschen des Herrn Benett schmerzlich vermissen lassen.
    Es versteht sich von selbst, daß Joël diesen Theil des Gerichtssprengels, den er zwischen Dal und Bamble so oft durchmessen hatte, ganz genau kannte.
    Um acht Uhr Abends traf Sylvius mit dem Geschwisterpaare an diesem kleinen Orte ein.
    Obwohl sie hier natürlich nicht erwartet wurden, fanden sie seitens des Pächters Helmboë doch den herzlichsten Empfang. Zärtlich umarmte Sigrid ihre Freundin, die sie von vielem Kummer recht blaß aussehend fand. Kurze Zeit blieben die beiden Mädchen allein, um gegeneinander auszutauschen, was auf ihren Herzen lastete.
    »Ich bitte Dich, liebste Hulda, sagte Sigrid, lass’ Dich nicht von Deinem Schmerz überwältigen! Ich für meinen Theil habe noch nicht alle
     

    Der See lag jetzt im vollen Glanze seiner Morgenschönheit da. (S. 149.)
     
    Zuversicht verloren. Warum solltest Du auf jede Hoffnung verzichten, den armen Ole noch wiederzusehen? Wir haben durch die Zeitungen ja erfahren, daß man bemüht ist, den »Viken« wieder aufzufinden. Diese Nachforschungen werden von Erfolg sein!… Gelt, ich glaube bestimmt, daß Herr Sylvius noch Hoffnung hat… Hulda… mein liebes Herz, ich bitte Dich, verzweifle noch nicht!«
    Statt jeder Antwort konnte Hulda nur weinen, und Sigrid drückte sie warm an ihr Herz.
     

    Der Wagen hielt vor dem Hotel Victoria. (S. 157.)
     
    O, welche Freude hätte im Hause des Pächters Helmboë geherrscht, inmitten dieser braven, einfachen und guten Menschen, wenn diese ganze kleine Welt ein Anrecht, glücklich zu sein, gehabt hätte!
    »Sie gehen also geraden Wegs nach Christiania? fragte der Pächter Helmboë Herrn Sylvius Hog.
    – Ja, Herr Helmbon.
    – Um der Lotterieziehung beizuwohnen?
    – Gewiß.
    – Doch was kann das nützen, da Ole Kamp’s Loos sich jetzt in den Händen des schändlichen Sandgoïst befindet?
    – Ole hat es gewünscht, antwortete der Professor, und wir haben die Pflicht, seinem Willen nachzukommen.
    – Man sagt, der Wucherer in Drammen habe für dieses Loos, das ihm so viel kostete, keinen Abnehmer finden können.
    – Ja, das sagt man wohl, Herr Helmboë.
    – Gut, so hat er, was er verdient, dieser schändliche Kerl, dieser Schurke, Herr Hog, ja… diesem Schurken ist ganz…
    – Gewiß, Herr Helmboë, ganz recht geschehen!«
    Natürlich mußten Alle auf dem Pachthof zu Abend essen. Weder Sigrid, noch deren Vater hätten ihre Freunde fortgelassen, ohne daß dieselben diese Einladung
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