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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition)
Autoren: Juliet Ashton
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hastig beiseite und drehte sich auf die andere Seite, nur um dort kalte Laken zu ertasten, genau an der Stelle, wo eigentlich Sim hingehörte.
    Sie drehte sich wieder zurück.
    Es klingelte an der Tür. Das unverwechselbar eindringliche Klingeln des Postboten.
    Dann schrillte das Telefon.
    Offenbar hatte sich die ganze Welt verabredet, Orla aus dem Bett zu jagen.
    Ein Gedanke, nebulös und unscharf, nahm zögernd Gestalt an. Irgendetwas stand heute doch an, oder? Sie lag ganz still, die Lider fest geschlossen, und ließ ihr erwachendes Hirn die Antwort finden.
    Es war Valentinstag. Das machte die Sportstunde natürlich wett.
    Orla öffnete die Augen.

[zur Inhaltsübersicht]
    London
14 . Februar 2012
06 : 05  Uhr
    Sim war einfach kein Morgenmensch. Er hatte es immer schon gehasst, sich aus seinem großen, warmen Bett quälen zu müssen. Die harten Konturen der frühmorgendlichen Straße beleidigten geradezu seine Sinne, und er sehnte sich danach, zurück nach Hause zu gehen und sich wieder unter die Bettdecke zu kuscheln.
    Es versprach ein arbeitsreicher Tag zu werden, aber nicht von der Art Arbeit, die er genoss – Proben oder Filmen oder von den hübschen jungen Mädchen vermessen zu werden, die ihm tuntige Kostüme anpassten –, sondern von der Sorte, die er hasste: ein Treffen mit seinem Steuerberater, ein Briefing mit dem Typen von der PR und dann ein langes, wichtiges Mittagessen mit … ach, mit irgendjemandem, Sim konnte sich nicht erinnern, mit wem.
    War es eigentlich normal, dass ihm seine Gedanken ständig entglitten?
    Eins allerdings hatte er sehr präsent: Es war Valentinstag. Deshalb war er auch so früh aufgestanden. Die Post von heute würde sein Schicksal besiegeln, auf die eine oder andere Weise.
    «Oh.» Sim stolperte. Ihm war übel, er fühlte sich matt und gerädert.
    Hatte er gestern doch mehr getrunken, als er sich erinnern konnte? Nein. Es war ein beherrschter, zivilisierter Abend gewesen. Er hatte hinterher sogar noch in sein Tagebuch geschrieben. Orla verdrehte immer die Augen, wenn er das tat. Sie behauptete, das sei eine angeberische Angewohnheit (ein «selbstherrliches, affektiertes Klischee» hatte sie es genannt, soweit er sich erinnerte), aber eigentlich war sie nur sauer, weil er es sie nicht lesen ließ, und sie würde ihre Worte sicher sofort zurücknehmen, wenn Hollywood das Tagebuch für seine Memoiren kaufte. Wie auch immer, Reece hätte es niemals zugelassen, dass er sich unmittelbar vor einem wichtigen Tag zügellos betrank. Aufpassen gehörte schließlich zur Aufgabe eines Agenten. Sie hatten ein Dinner in Reeces Club gehabt, nach dem Essen nur einen Brandy, und dann war er allein nach Hause gegangen. Eigentlich hätte er sich gar nicht so merkwürdig, so … schwummerig fühlen dürfen. Der lustige Ausdruck passte an dieser Stelle perfekt. Sim dagegen passte irgendwie nicht in seine eigene Haut.
    Seine Glieder zitterten, und er musste plötzlich an die endlose professionelle Dürre seines Dubliner Lebens denken, daran, wie lange er davon geträumt hatte, irgendwann einmal eine herausragende Fernsehrolle an Land zu ziehen. Jetzt, da der Traum wahr geworden war (so abgedroschen es klang), durfte er sich nicht beklagen. Aber sich selbst gut zuzureden war nicht dasselbe, wie wenn Orla da gewesen wäre, um es für ihn zu tun, mit ihrem speziellen sexy Tonfall, der irgendwo zwischen Enttäuschung und Veräppeln lag.
    Er durfte jetzt nicht an Orla denken. Heute würde sich sein Leben in die eine oder in die andere Richtung entwickeln, das lag jetzt nicht mehr in seiner Hand.
    Die Übelkeit ließ nach und machte einer leichten Benommenheit Platz. Er blieb stehen, um sich kurz gegen einen Laternenpfahl zu lehnen, blinzelte heftig, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und wartete, bis der Schwindel verging.
    Tee. Orla verordnete ihm immer Tee, und sie hatte recht. Tee hatte eine geradezu magische Wirkung, den nur die Iren zu schätzen wussten. Er würde sofort um eine Tasse bitten, wenn er ankäme.
    Aber als er weiterzugehen versuchte, versagten ihm die Knie. Die Knochen in seinem Körper waren irgendwie zu Gelee geworden. Er umarmte den Laternenpfahl. Seine Haare waren schweißnass, und dennoch war ihm eiskalt. Ein besonders aufdringlicher Müllwagen rollte vorbei und verschwand in der Ferne. Sein einsames Rumpeln hallte in Sims Ohren wider. Mit geradezu übermenschlicher Anstrengung tat er einen Schritt und bereute es sofort wieder, denn sein Körper rebellierte und
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