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Ein Leben lang

Ein Leben lang

Titel: Ein Leben lang
Autoren: Lois Faye Dyer
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während sich Jackson einen Holzstuhl mit gerader Lehne an den Schreibtisch zog. Sobald er saß, hüllte sein Duft sie ein, eine undefinierbare Mischung aus Seife und Mann. Der Schauer, der ihr dabei über den Rücken rieselte, ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen.
    „Da sind die Bücher der letzten dreißig Jahre.“ Jackson zog einen Bücherstapel heran und platzierte ihn direkt vor Rebecca. Die Bücher, deren grüne Einbände vom vielen Gebrauch abgenutzt und verblasst waren, hatten Beschriftungen in einer krakeligen, oft unleserlichen Handschrift.
    Während der nächsten Stunde erklärte ihr Jackson das Buchhaltungssystem, mit dem sein Großonkel Eli Kuhlman gearbeitet hatte. Rebecca taten beim Lesen vor Anstrengung bald die Augen weh.
    Am aufreibendsten war jedoch diese körperliche Nähe zu Jackson. Er saß mit gespreizten Beinen verkehrt herum auf seinem Stuhl, die Unterarme auf die Lehne gestützt. Irgendwann stand er auf, beugte sich über den Schreibtisch und deutete auf eine Stelle in einem der Hauptbücher, wobei sein Arm zwei Mal ihren streifte. Von da an wartete sie in höchster Anspannung darauf, dass er sie noch einmal berührte, was jedoch nicht geschah.
    Als Jackson sie schließlich verließ, um vor dem Zubettgehen noch einen Rundgang zu machen, und sie die Treppe hinaufging, war sie völlig erledigt.

2. KAPITEL
    Jackson lag, die Hände hinterm Hinterkopf gefaltet, auf dem Rücken und starrte an die Decke. Draußen vor dem Schlafzimmerfenster streichelte einer der ausladenden Ahornzweige sanft die Fensterscheibe. Über die weiß gestrichene Decke huschten schwarze Schatten von Blättern, die sich leise im Wind bewegten.
    Und er wusste immer noch nicht, was er mit Rebecca Wallingford tun sollte.
    Sie stellte eine Komplikation dar, die ihn nur Zeit kostete, und diese Zeit hatte er nicht. Er hatte alle Hände voll zu tun und mutete sich einen VierzehnStunden
    Arbeitstag zu, damit die Renovierungsarbeiten in hoffentlich nicht allzu ferner Zeit abgeschlossen sein würden. Der Gedanke, dass ihm ständig jemand auf die Finger schaute, hatte ihn von Anfang an nicht begeistert, doch da keine hiesige Bank bereit gewesen war, ihm einen Kredit zu geben, war ihm nichts anderes übrig geblieben, als das unerwartete Angebot der Investmentfirma aus San Francisco anzunehmen. Eli Kuhlman hatte ihm zwar Land hinterlassen, das Millionen wert war, aber keinerlei Bargeld, und die Ranch war in einem jämmerlichen Zustand. Und als sich der Buchprüfer Walter Anderson angekündigt hatte, hatte er zähneknirschend zugestimmt und gehofft, dass Walter wenigstens anständig Poker spielen konnte.
    Doch dann war Rebecca eingetroffen. Ein Blick in ihre grünen Augen und auf ihre verführerischen Kurven hatte ausgereicht, sein Blut in Wallung zu bringen.
    „Himmel“, stöhnte er. Zwei oder drei lange Monate. Vielleicht war es ja gut, dass er genug Arbeit hatte, um sich nötigenfalls auch vierundzwanzig Stunden am Tag zu beschäftigen. Auf keinen Fall aber durfte er der Versuchung erliegen, mit der Lady etwas anzufangen. Diese Straße war er schon einmal hinuntergegangen und hatte es anschließend bitter bereut. Das durfte ihm nicht noch einmal passieren.
    Rebecca war nur unter großen Schwierigkeiten eingeschlafen, und als jetzt der Wecker klingelte, fiel es ihr nicht leichter, wach zu werden.
    Sie wandte den Kopf und schaute auf den Reisewecker auf ihrem Nachttisch, Oh, Gott, fünf Uhr morgens. Ihre innere Uhr war immer noch auf Pazifikzeit eingestellt, und in San Francisco war es jetzt erst drei. Sie stöhnte laut auf, rollte sich herum und zog sich die Decke über den Kopf.
    Es half nichts. Fünfzehn Minuten später tauchte sie wieder auf und starrte finster auf den Wecker. Die Digitalanzeige starrte ungerührt zurück.
    Es war sinnlos. Sie warf die Decke zurück und langte nach ihrem knöchellangen Morgenmantel, den sie sich über den Schlafanzug zog. Dann schlüpfte sie in ihre Hausschuhe und nahm im Vorbeigehen ihren Kulturbeutel mit, der auf der Frisierkommode stand.
    Als sie auf den Flur trat, war es still. Im Bad hingen feuchte Handtücher, im Waschbecken waren Wassertropfen, und in der warmen Luft lag ein schwacher Zahnpastageruch.
    Sie wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne, dann machte sie sich einen flotten Pferdeschwanz und verließ das Bad.
    Angezogen von dem Duft frisch aufgebrühten Kaffees lief sie leise nach unten.
    Am Fuß der Treppe blieb sie stehen und lauschte. Als immer noch alles still
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