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Ein Leben lang

Ein Leben lang

Titel: Ein Leben lang
Autoren: Lois Faye Dyer
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Harold erzählte ihnen, ich sei seine Frau und mein kleines Mädchen sei seine Tochter.“ Sie schaute Rebecca an. „Und dann erklärte er sich bereit, für uns alle eine Lösegeldzahlung zu veranlassen. Bis zur Geldübergabe dauerte es Wochen, in denen man uns von einem Ort zum anderen schleppte. Freigelassen wurden wir schließlich in Kolumbien, und da wir keine Pässe hatten, erzählte Harold den Behörden dort ebenfalls, dass ich seine Frau und Rebecca unsere Tochter sei. Wir flogen zurück in die Staaten, und ein Jahr später heiratete ich Harold, und Rebecca nahm seinen Namen an.“
    „Darum also habe ich die Spur in Belize verloren“, sagte Quinn zu Cully.
    „Du warst in Belize?“ fragte Kathleen überrascht.
    „Ja. Vor mehreren Jahren.“
    „Um uns zu suchen?“
    „Um Rebecca zu suchen“, korrigierte er.
    „Oh.“ Kathleen wurde blass. „Na gut, das Ende der Geschichte kennt ihr. Ich blieb in San Francisco und baute Rebecca und mir ein Leben auf. Ich versuchte weder mit Charlie noch mit euch Kontakt aufzunehmen. Das war Teil der Abmachung, die ich mit Eileen getroffen hatte. Erst als Rebecca auf die Idee kam, einen guten Freund zu heiraten, der für sie allerdings nie mehr als ein guter Freund war, weil sie sich so sehr nach der heilen Familie sehnte, die sie ihr Leben lang entbehrt hatte, begriff ich, dass ich einen schweren Fehler gemacht hatte, ihr nie von euch zu erzählen.“
    „Heißt das, dass du Rebecca absichtlich nach Colson geschickt hast?“ fragte Quinn.
    „Ja. Ich wollte, dass sie euch kennen lernt.“ Kathleen atmete tief durch. „Ich weiß, dass ihr beide Grund genug habt, mich zu hassen, aber ich hoffe inständig, dass ihr nicht Rebecca für meine Fehler bestraft. Ansonsten kann ich zu meiner Entschuldigung nur sagen, dass ich noch sehr jung war, als ich beschloss, euch bei eurem Vater zu lassen. Es brach mir das Herz, und es verging kein einziger Tag, an dem ich mich nicht fragte, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und dennoch, es gab kein Zurück.“ Wieder reckte sie kämpferisch das Kinn, so als wolle sie einen erwarteten Schlag parieren.
    Auf der Couch schob Victoria ihre Hand in die von Quinn. Nikki machte bei Cully dasselbe, und beide Männer wechselten mit ihren Ehefrauen Blicke.
    Rebecca, der bei Kathleens bewegender Geschichte die Tränen gekommen waren, hielt den Atem an. Quinn und Cully maßen sie kurz mit Blicken, wobei ihre  Gesichter  versöhnlicher  wurden,  bevor  ihre  Blicke  zu  Kathleen  weiterwanderten.
    „Ich könnte nicht behaupten, dass ich deine damalige Entscheidung richtig finde.“ In Quinns Stimme schwang keine Bitterkeit mit. „Aber wenn ich versuche, mir Victoria an deiner Stelle vorzustellen, würde ich nicht wollen, dass sie für den Rest ihres Lebens dafür bestraft wird. Vor allem, weil es nicht so aussieht, als ob es eine Lösung gegeben hätte, mit der alle glücklich geworden wären.“
    „Wenn Eileen nicht so eine erbärmlich schlechte Stiefmutter gewesen wäre, wäre die Geschichte vielleicht besser ausgegangen“, bemerkte Cully. „Bloß schade, dass ihre Absichten nicht so gut waren wie deine.“ Kathleen brachte kein Wort heraus. Die Tränen schossen ihr in die Augen und liefen ihr über die Wangen. Sie schaute hilflos auf Rebecca, die sich ihre eigenen Tränen abwischte.
    „Ich glaube, auf diesen Schreck hin brauchen wir jetzt alle erst mal einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Ich habe heute Morgen vor lauter Aufregung keinen Bissen herunterbekommen und bin fast am Verhungern.“ Rebeccas Bemerkung lockerte die bedrückte emotionsgeladene Atmosphäre etwas auf. Alle erhoben sich, um in die Küche zu gehen. Rebecca war sich inzwischen sicher, dass Mutter und Söhne trotz der schwierigen Jahre der Trennung bereit waren, aufeinander zuzugehen und wenigstens den Versuch zu unternehmen, den Bruch zu kitten. Sie wusste nicht, wie lange Kathleen brauchen würde, mit Quinn und Cully eine tragfähige Beziehung aufzubauen, aber sie war überglücklich, dass ihre Brüder Kathleens ausgestreckte Hand immerhin nicht zurückgewiesen hatten.
    Während der nächsten Tage lernte Kathleen Quinns Tochter Sarah ebenso kennen wie Angelica, die der Mutter ihrer Halbschwester mit unverhüllter Neugier begegnete. Als Sarah Kathleen gleich beim ersten Treffen als ihre Großmutter akzeptierte, lächelten die Erwachsenen nachsichtig. Kathleen und ihre beiden Söhne legten längst nicht so ein Tempo vor, wenngleich sich alle
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