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Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Ein Kuss unter dem Mistelzweig

Titel: Ein Kuss unter dem Mistelzweig
Autoren: Abby Clements
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Tasche fischte und der Tiffany-Anhänger klimperte. Was war das? Intime Vertrautheit?
    Laurie hielt den Schlüsselanhänger hoch, um die Haustür zu öffnen. Das zwischen Jay und ihr war vorbei. Es ging sie also nichts mehr an, wer seine Wohnung betrat – und seit Montag hatte sie nun wahrlich größere Probleme, über die sie nachdenken sollte. Sie hielt dem Mädchen die Haustür auf, ließ es passieren und durchquerte danach den schwarz-weiß kariert gefliesten Eingangsbereich. Sie stieg die gewundene Treppe hinauf, ließ dabei ihre Hand über den Handlauf des schmiedeeisernen Geländers gleiten und ließ das Mädchen hinter sich in der Eingangshalle zurück, wo es vor dem Spiegel Lippenstift auftrug.
    Laurie stieg weiter die Treppe hinauf und ging mit einem flüchtigen Blick an Jays Wohnungstür vorbei. Das hätte auch ich sein können, dachte sie, als sie sich vorstellte, wie Jay das Mädchen in seine Arme zog und es küsste. Doch sie hatte es in den Sand gesetzt. Genauso, wie sie im Augenblick alles in den Sand zu setzen schien.
    Sie stieg weiter bis zum dritten Stock hinauf. Auf dieser Etage befand sich ihre Penthouse-Wohnung, wie sie oft Freunden gegenüber scherzte. Ganz so glamourös war es nicht, denn immerhin befand sie sich hier in Brixton, doch es stimmte schon, dass man von ihrer Wohnung aus die beste Aussicht hatte – an einem klaren Tag schien die Sonne durch das Erkerfenster im Wohnzimmer hinein, und sie konnte über die anderen Gebäude hinweg bis zur Stadtmitte schauen, bis hin zur Skyline mit The Gherkin, der St. Paul’s Cathedral und The Shard. Zudem hatte sie eine Dachterrasse, um die sie während der Sommermonate der ganze Häuserblock beneidete. Ursprünglich hatte sie die Wohnung als einen ersten Schritt auf der Leiter zu Wohlstand und Reichtum angesehen – auf dem Weg zu einer begehrteren Adresse – wie zum Beispiel Primrose Hill oder Maida Vale vielleicht, wenn ihre Karriere wirklich ins Laufen kam –, doch nach ein paar Monaten in Brixton und nachdem sie ihre Nachbarn kennengelernt hatte, war sie ganz begeistert von dieser Wohnung. Die Gegend, der Wohnblock selbst – das alles hatte auf Laurie eingewirkt, sodass sie die Wohnung nun als ihr Zuhause betrachtete. In diesem Viertel war alles bunt, chaotisch und sprühte vor Leben. Sie wollte nie wieder irgendwo anders wohnen.
    Laurie ging jedoch nicht direkt in die Wohnung. Stattdessen hielt sie an der Wohnung neben der ihren an und beugte sich vor. »Hey«, rief sie durch den Briefkastenschlitz. »Siobhan! Bist du zu Hause?«
    Drinnen ertönte ein Schlurfen, und einen Augenblick später wurde sie von Siobhan begrüßt, die in einem karierten Pyjama in der Tür stand. Ihre Haare waren unter einem Handtuchturban verschwunden, doch die leuchtend grünen Augen in ihrem hübschen, sommersprossigen Gesicht strahlten. Ein getigerter Kater schmiegte sich an ihre Beine und schnurrte. Mr Ripley – eine Schildpatt-Tabby mit weißen Pfötchen – gehörte offiziell Jay. Zwar fütterte er den Kater, doch der verbrachte mindestens genauso viel Zeit damit, in die anderen Wohnungen und Zimmer im Block zu tigern. Er fand stets einen Weg durch Türen und geöffnete Fenster, um jede Wohnung zu seinem Heim zu machen.
    »Ja – es sei denn, die Stil-Polizei steht vor der Tür«, erwiderte Siobhan und begrüßte Laurie mit einem Lächeln. Sie nahm das Handtuch vom Kopf und rubbelte sich damit die Haare trocken. »Du kommst ein bisschen überraschend.«
    »Ich bin heute Abend außer Dienst«, entgegnete Laurie mit einem müden Lächeln. Siobhan trat einen Schritt zurück und winkte Laurie herein.
    Was den Grundriss betraf, war Siobhans Wohnung das exakte Spiegelbild von Lauries. Doch das war auch schon die einzige Übereinstimmung. Während in Lauries Wohnung karge Möbel im japanischen Stil vorherrschten und weiße Teppiche den minimalistischen Stil betonten, gab es in Siobhans Wohnung goldene Dekospiegel, gehäkelte Decken und folkloristische Verzierungen, die Laurie niemals auch nur in die Nähe ihrer Haustür gelassen hätte.
    Laurie betrat Siobhans Küche und drehte sich kurz um, um zu sehen, ob ihre Freundin ihr gefolgt war. »Darf ich?«, fragte sie, öffnete den Kühlschrank, ohne die Antwort abzuwarten, und nahm sich eine offene Flasche Wein heraus. »Danke.« Dann nahm sie zwei bunte Gläser vom Holzregal und schenkte ihnen beiden ein.
    Während der Wein in die Gläser floss, erinnerte sich Laurie an den Tag, an dem sie vor vier Jahren in
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