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Ein kleiner Biss

Ein kleiner Biss

Titel: Ein kleiner Biss
Autoren: Mathilda Grace
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Frage schon wert gewesen. „Wenn du tatsächlich von mir erwartest, dass ich dir so eine Geschichte abkaufe, musst du mir schon mehr bieten als ein paar Gruselfakten über Fell und scharfe Zähne. Also los, verwandle dich.“
    „Bist du sicher?“, fragte er und sah mich forschend an.
    Die Sache schien ihm eindeutig nicht geheuer zu sein, mir bescherte das Ganze allerdings verdammt gute Laune. „Sicher, warum nicht? Was wäre schon dabei?“ Damit hatte ich Marius in der Falle. Wieso war mir die Idee nicht früher gekommen? Ich war selten dämlich manchmal. „Ein Staatsgeheimnis wird es kaum sein, wenn ich mich heute Abend auch verwandle.“
    Einen Moment hatte ich das Gefühl, es zu weit getrieben zu haben, so finster wie Marius mich plötzlich ansah, aber schon in der nächsten Sekunde zuckte er die Schultern, erhob sich und begann sich auszuziehen. Was sollte das denn jetzt?
    „Wir wandeln uns immer nackt, wenn es geht, weil unsere Kleidung das nicht übersteht“, erklärte er, bevor ich fragen konnte und knöpfte die Jeans auf. Der Pullover und sein Shirt lagen schon am Boden. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte er, als ich schluckte, was mich unwillkürlich nicken ließ, denn Marius sah nun mal verdammt gut aus und wusste das auch. „Dann sieh jetzt genau hin“, murmelte er, als er nackt war, und setzte sich über meine Hüften.
    Was dann vor meinen Augen passierte, damit hätte ich nie im Leben gerechnet. So was sah ich mir normalerweise im Fernsehen an, in Filmen wie 'Underworld', 'Van Helsing' oder 'Wolf', aber nicht live und in Farbe, direkt auf meinem Schoß, abgezogen, von einem Typen, mit dem ich die letzten beiden Monate um die Vorherrschaft im Bett gerungen und dabei regelmäßig umwerfenden Sex gehabt hatte.
    Marius wuchsen tatsächlich ein Fell und ziemlich scharf aussehende Reißzähne. Seine Haut wurde dunkler, sein ganzer Körper veränderte sich vor meinen Augen. Es sah aus, als würden sich sämtliche Knochen und Organe neu sortieren. Keine Ahnung, wie ich das anders hätte beschreiben sollen. Ein Anblick, der Alpträume verursachen konnte, und wenn ich Marius' Stöhnen und Keuchen als Anzeichen dafür nahm, wie weh es ihm tat, musste er wahnsinnige Schmerzen haben.
    Wenn ich nicht sicher gewesen wäre, wach zu sein, hätte ich das Ganze für einen sehr lebendigen Alptraum gehalten. Aber ich träumte nicht. So gern ich es mir eingeredet hätte, ich war hellwach und ich hatte offensichtlich wirklich mit einem Wolf, Werwolf, was auch immer, geschlafen.
     
    Ich schrie nicht, als es endlich vorbei war und statt Marius ein großer, grauweißer Wolf mit blauen Augen auf dem Bett stand. Ach du Scheiße. Dieses Vieh hatte seine Augen. Oder hatten Wölfe etwa von Natur aus blaue Augen? Ich schüttelte den Kopf. Was dachte ich hier eigentlich für Schwachsinn? Das war total verrückt und bestimmt hatte Marius mich unter irgendwelche Drogen gesetzt. Oder hatte ich vielleicht doch einen lang anhaltenden Alptraum? Möglich war so einiges, nur leider auch das, was ich hier mit eigenen Augen vor mir sah.
    „Marius?“, fragte ich leise und ungläubig, weil ich einfach nicht fassen konnte, dass gerade ein Wolf über mir stand, doch als das Tier nickte, war alles vorbei.
    Ich fing an zu lachen. Ich lachte und lachte und lachte, bis mir Tränen über die Wangen liefen, ich Schluckauf und auch noch Seitenstechen bekam, und am Ende das Gefühl hatte, komplett den Verstand zu verlieren.
    Irgendwann spürte ich Marius' warme Hände über meine Wangen streichen. Er sprach leise mit mir, aber ich verstand keines seiner Wort. Ich konnte auch nicht aufhören zu lachen, obwohl ich mittlerweile keine Luft mehr bekam und hilflos keuchte. Schließlich küsste mich Marius, weil er sich offenbar nicht anders zu helfen wusste. Er küsste mich auf dieselbe fordernde und gleichzeitig verführerische Art, wie er mich in unserer ersten Nacht geküsst hatte, und auch wenn ich nicht begriff, wie er das anstellte, es half. Ich kam wieder zu mir.
    Langsam und voller Entsetzen wurde mir bewusst, dass ich weder mit Drogen vollgepumpt war, noch einen schrecklichen Alptraum hatte. Ich wusste nicht, woher ich diese Gewissheit nahm, dass Marius die Wahrheit gesagt hatte, aber in weniger als zwölf Stunden würde sich zeigen, ob ich... ob ich auch...
    „Oh mein Gott“, murmelte ich entsetzt und schloss gequält die Augen.
     

 
     
    - II -
     
     
    „Deswegen warst du immer so vorsichtig, wenn es um deine Zähne ging“,
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