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Ein Kind, das niemand vermisst

Ein Kind, das niemand vermisst

Titel: Ein Kind, das niemand vermisst
Autoren: Kody DeVine
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Murphys erster Hochzeitstag. Sie erinnert sich noch sehr genau daran. Auch an ihre Blutergüsse im Gesicht.
    »Bin gefallen...bin gefallen«, sagte sie kaum hörbar in einer Art Singsang.
    »Das haben sie wohl jahrelang den Ärzten gepredigt, was?« Sofort bereute er diese Bemerkung. Barton rutschte unruhig auf seinem Stuhl und schwieg.
    »Was ist mit dem Kind passiert, Mrs Conroy?«, fragte Cunningham mit eindringlicher Stimme.
    »Sean ist weggelaufen.«
    »Nicht Sean. Sie hatten ein anderes Kind, vor Sean.«
    Mrs Conroy schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte nach Hause. Libby kommt bald heim, ich muss mich um das Abendessen kümmern.«
    Cunningham bezweifelte, dass diese Frau in letzter Zeit ihren Kindern auch nur ein einziges Mal eine Mahlzeit zubereitet hatte, verkniff sich aber eine zynische Bemerkung, die ihm auf der Zunge brannte.
    »Kennen Sie einen Mr Moss, der in der Huxton Road wohnt?«
    »Nein, wieso?« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Würden Sie sich freiwillig dazu bereit erklären, eine Speicheprobe abzugeben für einen DNA-Test?«
    »Ich weiß nicht.«
    »DC Barton wird Sie ins Labor begleiten. Es dauert keine Minute und tut nicht weh.«
    »Unsicher stand sie auf.
     
     
     
     
     

22
     
    Mr Conroy war Inhaber eines Autohauses, das sich auf den An-und Verkauf von Oldtimern spezialisiert hatte. Das Autohaus befand sich im Industriegebiet, das direkt an der Autobahn lag. Haines brauchte keine zehn Minuten mit dem Wagen dorthin. Das war schneller als der letzte Telefonanruf bei seiner Sekretärin, die sie zwanzig Minuten lang in die Warteschleife gelegt hatte, um ihr anschließend nichts sagen zu können.
    Außerdem brauchte sie ein Erfolgserlebnis, nachdem der Anwalt der Farlanes sich bei ihr gemeldet und berichtet hatte, dass die Blutflecken an Evannas Kleidung von einer Selbstverletzung stammten. Sie hatte sich an dem Abend mit einer Glasscherbe die Arme aufgeschnitten. Haines hatte selten ein schlechtes Gewissen. Aber in diesem Fall meldete es sich und nagte ganz gewaltig an ihr, wie ein Hund an einem Knochen. Sie beschloss Cunningham erst einmal nichts davon zu sagen. Vielleicht erledigte sich die Sache von selbst, doch an so etwas glaubte sie eigentlich nicht. Früher oder später würde er sie mit seinem vorwurfsvollen Blick strafen und ihr eine Predigt halten, dass sie bei psychisch labilen Jugendlichen vorsichtiger im Umgang sein musste. Sie prüfte ihr Haar im Seitenspiegel, öffnete die Tür und marschierte mit gemischten Gefühlen auf das Gebäude zu.
    Mit eiligen Schritten durchquerte sie die Verkaufshalle, bis ein Verkäufer in einem schrillen grünen Jackett sie aufhielt. Grimmig lächelnd hielt sie ihm ihren Dienstausweis vors Gesicht und lief weiter auf die Tür zu, auf der in dicken goldenen Lettern das Wort BÜRO stand.
    Ohne zu klopfen, riss sie die Tür auf und trat ein. Eine schlecht blondierte Mittzwanzigerin saß hinter einem Schreibtisch, einen Telefonhörer ans Ohr gepresst.
    »Polizei«, sagte Haines laut und deutlich und hielt ihren Ausweis hoch. Die Blonde zog bedrohlich die Brauen zusammen, flüsterte etwas in den Hörer und legte auf.
    »Worum geht es?«
    »Ich muss dringend mit Mr Conroy sprechen. Und kommen Sie mir nicht wieder mit dem Funkloch, wir wissen beide, dass das Schwachsinn ist.«
    Die Blonde schnappte nach Luft. Mit ihrem runden Gesicht und dem knalligen Lippenstift erinnerte sie Haines unwillkürlich an Miss Piggy.
    »Ich kann ihn nicht erreichen, Miss-«
    »Detective Sergeant Haines! Und wenn Sie mir nicht augenblicklich Mr. Conroy ans Telefon holen, nehme ich Sie wegen Behinderung einer Ermittlung fest und sperre sie ins Gefängnis, hab ich mich klar ausgedrückt?«
    Sämtlich Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie starrte Haines mit offenem Mund an, scheinbar unfähig zu sprechen. Dann schließlich räusperte sie sich und sagte leise, »Er ist nicht geschäftlich in Leeds.«
    »Wirklich!«
    »Nun, er fährt öfter an die Küste, um auszuspannen. Er schaltet mit Absicht sein Telefon aus. Ich kann ihn wirklich nicht erreichen. Seine Frau ist wohl ziemlich...anstrengend, naja, ich hab mitbekommen, wenn sie ihn hier betrunken angerufen hat.«
    »Und angenommen der Laden brennt ab? Wie erreichen Sie ihn dann?«
    »Gar nicht. Ich hoffe einfach, dass alles glatt geht.« Sie lächelte verschmitzt.
    »Haben Sie die Zeitung gelesen? Wissen Sie, dass seine zehnjährige Tochter vermisst wird?«
    Die Blonde wirkte sichtlich überrascht. »Das wusste ich
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