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Ein Killer für Rockford

Ein Killer für Rockford

Titel: Ein Killer für Rockford
Autoren: Mike Jahn
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durch den reichlichen Gebrauch von Samtstoff ein respektables Aussehen verliehen werden sollte. Auf diesem nachgemachten Altar lagen eine alte Bibel sowie eine Ausgabe der protestantischen Liturgie für den Traugottesdienst, deren Seiten durch häufigen Gebrauch voller Eselsohren waren.
    Danford Baker hatte eine Menge Geld damit gemacht, daß er ungeduldige ältere Männer mit ihren nervösen jungen Bräuten getraut und ihnen anschließend ein Zimmer vermietet hatte.
    Erst kürzlich hatte Pfarrer Baker seinem Gewerbe eine Neuerung hinzugefügt. Indem er dem Beispiel einiger Hotels in Los Angeles folgte, hatte er die Farbfernsehgeräte in den Zimmern einer Videobandanlage angeschlossen, die er installieren ließ. Für weitere fünf Dollar konnten die Frischvermählten ihre erste gemeinsame Nacht auf Wunsch mit der Betrachtung eines harmlosen Sexfilmes verbringen. Alles in allem, kostete Bakers Trau-und-Zimmer-Service durchschnittlich sechzig Dollar. Er hatte mindestens zehn Kunden pro Tag, und das brachte einen ganz netten Profit.
    Die meisten von Bakers Kunden waren Geschäftsleute aus dem Mittelwesten und Jugendliche aus der Stadt. Aber er wußte nie genau, wer zur Tür hereinkam, und im Mai vergangenen Jahres war es ein ganz ungewöhnliches Pärchen. Multimillionär William Elias, der sein ganzes Leben viel Geld gemacht und nichts davon gehabt hatte, nahm sich eine junge Braut. William Elias flog nach Las Vegas, genehmigte sich ein paar Whiskys, heiratete das Ballettmädchen, das er vor ein paar Monaten getroffen hatte, und nahm sich ein Zimmer in einem zweifelhaften Hotel. Sein ganzes Leben lang war es sein Traum gewesen, einmal ein Stundenhotel zu besuchen, und zwar, wie er sich ausdrückte, »mit 'ner Flasche und 'nem Flittchen«. Endlich konnte er den Traum wahr machen. Für die Zwecke von William Elias war der Pfarrer Danford Baker genau der richtige Mann.
    Als Jerry Grimes und sein Fahrer, Morrie Talbot, auf der anderen Seite des Las Vegas Boulevard anhielten, beendete Pfarrer Baker gerade eine Trauzeremonie. Nachdem er sich sorgfältig durch den Verkehr bewegt hatte, schlüpfte Grimes durch die Vordertür der Kapelle. Danford Baker war allein, seine letzten Frischvermählten hatten sich schleunigst nach hinten verzogen.
    Als Grimes in der Tür stand, faltete Baker ein paar Banknoten in seine Brieftasche.
    »Mr. Baker?« sagte Grimes.
    »Ja?« sagte der Mann, ohne aufzublicken.
    »Ich möchte mit Ihnen reden.«
    Baker blickte auf, und da er nur eine Person entdeckte, fragte er instinktiv: »Wo ist die Braut?«
    »Wir wollen ein Stück spazierenfahren«, sagte Grimes.
    Plötzlich starrte Baker auf Grimes und erinnerte sich an den muskelbepackten Mann, der soviel mit dieser sehr verwirrenden Hochzeit vom vergangenen Jahr zu tun hatte.
    »Sie!« sagte er. »Was wollen Sie?«
    Grimes griff in sein Jackett und zog eine Luger-Pistole heraus, grau und häßlich aussehend.
    »Kommen Sie!« sagte er. »Wir gehen.«
    Zitternd vor Angst ließ es Baker zu, daß ihn Grimes zur Tür hinaus und über den Rasen zog. Als Talbot sie kommen sah, ließ er den Wagen an. Grimes hielt den verschreckten Pfarrer am Arm und bahnte sich seinen Weg durch den Verkehr auf dem Las Vegas Boulevard.
    »Bitte«, sagte Baker wieder und wieder, »bitte! Ich verrate nichts! Ich habe auch nichts verraten! Von mir haben Sie nichts zu fürchten!«
    »Halt's Maul!« knurrte Grimes.
    Er hatte den Pfarrer schon auf dem Bürgersteig. Er öffnete die hintere Wagentür und schob Baker hinein, aber mit einem letzten Ausbruch von Energie riß sich der Pfarrer los und begann in panischer Angst die Straße hinunterzurennen.
    »Verdammter Hurensohn!« brüllte Grimes und rannte ihm mit der Pistole in der Hand nach, aber sein Fuß verfing sich zwischen der Bürgersteigkante und dem Wagen und er fiel mit dem Gesicht voll aufs Pflaster. Danford Baker rannte mit aller Kraft und war schon einen halben Block entfernt.
    *
    »Würdest du etwas langsamer fahren?« schrie Sara Butler Jim Rockford an. »Du fährst viel zu schnell. Ich kann die Straßenschilder nicht lesen.«
    »Wir haben nicht viel Zeit, meine Liebe«, sagte Rockford und behielt die Geschwindigkeit bei. »Such einfach nach einer Kapelle oder einem Reklameschild mit der Aufschrift ›Trauungen‹. Wir sind in Las Vegas, hier hat man keine kleinen Reklameschilder.«
    In der Tat, auf beiden Seiten der Straße wiesen riesige Reklamezeichen in den Himmel. Sie fuhren am Desert Inn vorbei, am Circus mit seiner
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