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Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten
Autoren: Kat Marcuse
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gewelltes Haar und eine schlanke Figur. Er trug eine
schwarze Hose und ein weißes Hemd. Die Ärmel waren hochgekrempelt und
entblößten sehnige, gebräunte Unterarme. Die langen, schmalen Finger tanzten
geradezu über die Tasten. Der Mann war völlig in die Musik versunken.
    Jan wusste nicht, ob es die
schwermütigen Klänge oder die Bewegungen des Mannes waren, doch er strahlte
etwas Trauriges aus, wirkte in sich gekehrt. Vielleicht war es aber auch Jans
Abschiedsschmerz von diesem wunderbaren Land, der ihn das glauben machte.
    Oder etwas noch Tieferes?
    Er konnte es nicht sagen, doch
sein Herz schlug immer schneller, je länger er dem Mann zuhörte. Auch von
dessen Anblick konnte Jan sich nicht lösen. Immerzu starrte er auf die Hände
und das Gesicht.
    Die Musiker hörten auf zu spielen
und dankten einander zunickend. Jan sah ununterbrochen den Fremden an. Dieser
erhob sich mit einer Geschmeidigkeit, die sein Herz rasen ließ. In seinem
ganzen Leben hatte er keinen so schönen Mann gesehen, dessen war Jan sich
sicher.
    Der Fremde nahm sein Sakko von
einem Haken, zog es über und sah in dem Moment in Jans Richtung. Mitten in der
Bewegung hielt er inne. Ihre Blicke hielten einander fest, und Jans Herz drohte
zu zerspringen.
    Ein sanftes Lächeln bildete sich
auf den Zügen des Mannes. Dieser zog das Jackett an und kam auf Jan zu, der
sich nicht rühren konnte. Sein ganzes Denken wurde mit den Eindrücken des
Fremden geflutet. Der Anzug war maßgeschneidert. Er saß zu gut, um von der Stange
zu sein. Das Haar war dunkelbraun, hatte im Schein der dämmrigen Beleuchtung
einen rötlichen Glanz. Er besaß markante Gesichtszüge, sehr dichte Augenbrauen,
lange Wimpern und trug einen Dreitagebart. Seine Augen sind unnatürlich blau ,
dachte Jan, als der Mann vor ihm stehenblieb und ihm ein Lächeln schenkte. Zum
Glück saß er, denn unter diesem Blick wäre er glatt zu Boden gegangen, so weich
fühlten sich seine Knie an.
    „Hat Ihnen das Stück gefallen?“,
fragte der Fremde auf Englisch. Die Stimme war leise, leicht rauchig und
genauso sexy wie der ganze Mann.
    Jan konnte im ersten Moment bloß
nicken und räusperte sich. Meine Güte, du benimmst dich wie ein
liebeskranker Teenager. Reiß dich zusammen!
    „Eigentlich mag ich Jazz nicht
besonders, doch das Klavierstück war bemerkenswert.“
    Lachen erklang, und Jan bildete
sich ein, dass dieses Lachen das schönste der Welt war; ein voller, satter
Klang, der aus dem Herzen kam.
    „So wie du mich ansiehst, liegt
das wohl eher an mir als an der Musik.“
    Jan spürte Röte in seine Wangen
schießen. Es hatte keinen Zweck, es zu leugnen. Dafür hatte er den Mann zu
unverhohlen gemustert. Und letztendlich: Was brachte es, zu lügen? Er wollte
diesen Mann. Alles in ihm schrie danach.
    „Ich gebe zu, deine Erscheinung
beeindruckt mich noch mehr, als dein künstlerisches Können“, ging er in die
Offensive, und wieder schenkte der Fremde ihm dieses wundervolle Lachen.
    „Und dabei hast du noch keine
Ahnung von meinen Fähigkeiten.“
    Es waren nicht nur die
zweideutigen Worte, die Jan zum Schmelzen brachten, es war das Funkeln in den
Augen des Fremden. In ihnen stand deutliches Interesse. Sie verstanden
einander, lasen die Gier in dem anderen und waren sich einig, dass sie die
Nacht miteinander verbringen würden. Das Leben konnte so wunderbar sein.
    „Mein Name ist Jan. Darf ich dir
einen Drink ausgeben?“
    „Tom! Und ich nehme Sake.“
    Eine halbe Stunde später
verließen sie die Bar. Als sie auf die Straße traten, wehten zartrosafarbene
Kirschblüten um sie herum. Jans Herz setzte aus und es verschlug ihm den Atem.
Er blieb stehen, schwankte leicht und hielt sich an der Hauswand fest.
    „Was ist mit dir?“, fragte Tom
besorgt.
    Jan starrte auf die Blättchen,
die um sie herum waberten und zu Boden sanken. Es war Konfetti, glitzerndes
Konfetti.
    Eine Gruppe Jugendlicher lief
grölend durch die Straße und warfen es in die Luft. Dennoch konnte Jan sein
wild schlagendes Herz kaum beruhigen.
    Wie bescheuert ist das denn? Tom
muss ja sonst was von mir denken. Jan
sah auf und versank in den dunkelblauen Augen. Er schluckte, suchte nach
unverfänglichen Worten.
    „Sag mal, sind das
Kontaktlinsen?“
    „Nein! Das Erbe meiner Mutter.“

Die erste Gier stillen
     
    In der Hotellobby fühlte sich Jan
völlig fehl am Platz. Natürlich bewohnte Tom das Penthouse im besten Hotel der
Stadt. Der Mann an der Rezeption verbeugte sich tief vor ihm und reichte Tom
die
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