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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381
Autoren: Robert Silverberg
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dieser Etage durchschnittlich 6,2 Kinder pro Familie«, erklärt Mattern. »Das ist eine der niedrigsten Zahlen im ganzen Gebäude, wie ich zugeben muß. Leute mit höherem sozialen Status scheinen in der Fortpflanzung weniger zu leisten. In Prag gibt es eine Etage – ich glaube, es ist 117 –, die einen Durchschnitt von 9,9 pro Familie erreicht hat! Ist das nicht großartig?«
    »Meinen Sie das ironisch?« fragt Gortman.
    »Absolut nicht.« Mattern spürt, wie seine innere Spannung zunimmt. »Wir mögen Kinder. Wir befürworten Fortpflanzung und Kinderreichtum. Das wußten Sie doch sicher schon, bevor Sie zu Ihrer Reise…«
    »Ja, natürlich«, versichert Gortman hastig. »Ich war mir der allgemeinen kulturellen Dynamik bewußt. Aber ich dachte, daß vielleicht Ihre eigene Einstellung…«
    »Daß ich gegen die Norm eingestellt sei? Weshalb nehmen Sie an, daß ich in irgendeiner Weise die Grundlagen unserer Kultur ablehnen könnte, nur weil ich die Dinge aus der Distanz des Gelehrten sehen kann? Sie begehen vielleicht den Fehler, daß Sie Ihre eigene ablehnende Haltung auf mich projizieren und…«
    »Ich bedaure diese Implikation zutiefst. Und glauben Sie bitte nicht, daß ich auch nur die geringste Ablehnung gegenüber Ihrer Kultur empfinde, auch wenn ich zugeben muß, daß Ihre Welt auf mich sehr fremdartig wirkt. Gott möge fügen, daß nicht Streit und Hader zwischen uns ist, Charles.«
    »Gott segne, Nicanor. Wir wollen es vergessen.«
    Sie lächeln sich zu. Mattern stellt bestürzt fest, daß er seine Unsicherheit und Reizbarkeit zu deutlich gezeigt hat.
    »Wie groß ist die Bevölkerung der 799. Ebene?« fragt Gortman.
    »805, nach den letzten Informationen, die ich gehört habe.«
    »Und von ganz Schanghai?«
    »Etwa 33.000.«
    »Und von Urbmon 116?«
    »881.000.«
    »Und es gibt fünfzig solcher Stadteinheiten – Urbmons – innerhalb dieser Konstellation von Gebäuden?«
    »Ja.«
    »Das sind etwa 40.000.000 Menschen«, stellt Gortman fest. »Oder etwas mehr als die gesamte menschliche Bevölkerung der Venus. Bemerkenswert!«
    »Und das ist bei weitem noch nicht die größte Gebäudekonstellation!« In Matterns Stimme schwingt Stolz mit. »Sansan ist größer, Boshwash ebenfalls! Und in Europa gibt es noch einige, die größer sind – Berpar zum Beispiel, Wienbud und zwei weitere, glaube ich. Und geplant ist noch mehr!«
    »Eine globale Bevölkerung von…«
    »… 75.000.000.000«, verkündet Mattern stolz. »Gott segne! So etwas hat es noch nie gegeben! Niemand hungert! Alle sind glücklich! Und offenes Land – mehr als genug! Gott hat es gut mit uns gemeint, Nicanor!« Er bleibt vor einer Tür mit dem Schild 79.915 stehen. »Hier ist meine Wohnung. Sie können über alles verfügen, verehrter Gast.« Sie gehen hinein.
    Matterns Wohnung ist seiner Position angemessen. Er verfügt über fast neunzig Quadratmeter Wohnfläche. Aus der Schlafplattform kann die Luft abgelassen werden; die Kinderbetten sind zur Wand hochklappbar; das Mobilar kann leicht bewegt werden, um Spielfläche freizumachen. Der größte Teil des Raums ist tatsächlich leer. Der Bildschirm und die Datenempfangsanlage ersetzen zweidimensional Wandbereiche, die in früheren Zeiten von klobigen TV-Geräten, Bücherregalen, Tischen, Kommoden und ähnlichen Hindernissen verstellt worden waren. Es ist eine luftige, geräumige Umgebung, vor allem für eine sechsköpfige Familie.
    Die Kinder sind noch nicht zum Unterricht gegangen; Prinzipessa hat sie zurückgehalten, damit sie den Gast begrüßen können, und daher sind sie ziemlich unruhig. Als Mattern eintritt, kämpfen Sandor und Indra um ein begehrtes Spielzeug, den Traumerreger. Mattern ist erstaunt. Ein Konflikt in seinem eigenen Heim? Sie kämpfen lautlos, damit ihre Mutter es nicht bemerkt. Sandor schlägt mit seinen Schuhen gegen die Schienbeine seiner Schwester. Indra zuckt zusammen und krallt ihre Fingernägel in die Backe ihres Bruders. »Gott segne«, sagt Mattern streng. »Ich glaube, jemand möchte den Schacht hinunter, wie?« Die Kinder erstarren. Das Spielzeug fällt zu Boden. Die Aufmerksamkeit aller wendet sich ihnen zu. Prinzipessa blickt auf und wischt sich eine Locke dunklen Haars aus der Stirn; sie war so sehr mit ihrem jüngsten Kind beschäftigt, daß sie nicht einmal gehört hat, wie sie hereinkamen.
    »Konflikte machen unfruchtbar«, sagt Mattern. »Entschuldigt euch gegenseitig.«
    Indra und Sandor küssen einander und lächeln sich an. Demütig nimmt Indra das
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