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Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord
Autoren: Charlotte MacLeod
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liegenden, graubraunen Sumpflandschaft ab und besah sich die Umschläge. Zwei waren offizielle Briefe, deutlich an den roten Streifen erkennbar, der dritte Umschlag war blau, dunkelblau an den Rändern und anmutig mit blauer Tinte beschriftet. Diesen Umschlag öffnete er.
    »Lieber ›Vetter‹ Madoc«, schrieb Janet. »vielen herzlichen Dank für die schöne Pralinenschachtel mit dem Mountie auf dem Deckel. Nein, natürlich wünschte ich nicht, dass alle Mounties so aussähen! Weißt Du denn nicht, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt?«
    So war es, und das war auch gut so. Der Sumpf sah jetzt weniger düster aus.
    »Du hast mich gebeten, Dich über die neuesten Entwicklungen in Pitcherville auf dem Laufenden zu halten – hier sind sie. Meine Schwägerin Annabelle und die Kinder sind wieder zu Hause und natürlich sehr glücklich darüber. Die Kinder waren enttäuscht, dass sie die Chance verpasst haben, einen waschechten Mountie zu sehen.«
    Es war nicht recht, Kinder zu enttäuschen. Man konnte nie wissen – am Ende entwickelten sie womöglich noch ein Trauma. Es war seine Pflicht, dem vorzubeugen.
    »Ich habe beschlossen, meinen alten Job in Saint John wieder aufzunehmen. Sie haben mich gefragt, und zuerst dachte ich, ich gehe besser nicht zurück, wegen etwas, was Du vielleicht persönliche Schwierigkeiten nennen würdest … aber die scheinen mir jetzt nicht mehr so bedeutend.«
    Der Sumpf war jetzt eindeutig rosa.
    »Am Freitag habe ich mir Berts Auto geliehen und bin mit Marion zu Gilly und Elmer gefahren. Sie sind sehr glücklich miteinander und richten dir herzliche Grüße aus. Anfangs fand ich es schade, dass Elmer seinen guten Job im Sägewerk aufgegeben hat, aber jetzt ist mir klar, wie klug es von den beiden war, möglichst weg von hier zu ziehen. Elmer hat neue Arbeit gefunden, und sie haben ein niedliches kleines Haus. Es hat nur vier Zimmer und ein zusätzliches Kämmerchen und ein hübsches Badezimmer, aber Gilly hält alles pieksauber – es sieht also ganz und gar nicht aus wie bei den sprichwörtlichen Hempels (schreibt man das so?) unterm Sofa – obwohl sie mit Holz heizen müssen, und Du weißt ja, was das heißt.«
    Ein summender Teekessel und die kalten Füße am Ofen wärmen. Rhys schlug den Kragen seines Parkas hoch und drehte die Seite um.
    »Bestimmt kannst Du Dir vorstellen, dass es hier hoch her geht! Ein paar der Damen vom Dienstags-Club haben Mrs.   Druffitt im Krankenhaus besucht, und sie sagen, dass sie jetzt völlig verrückt geworden ist. Sie hat ihnen erzählt, Gilly sei mit Prinz Charles verheiratet und dass sie zusammen im Herrenhaus wohnen und einen Rolls-Royce fahren. Sie redet ganz offen darüber, dass sie Mrs.   Treadway und die anderen ermordet hat … sie weiß wohl nicht mehr genau, warum sie das getan hat, ist aber absolut sicher, dass die Morde genau das Richtige waren!
    Natürlich behaupten ihre alten Freunde jetzt, sie hätten schon immer vermutet, dass bei Elizabeth eine Schraube locker ist, weil sie immer allen versichert hat, wie vornehm die Emerys waren – obwohl das Gegenteil der Fall war. Komisch, dass sie sie dann die ganzen Jahre über die Dame aus gutem Hause haben spielen lassen, nicht wahr? Ich nehme an, wirklich verrückt ist Elizabeth erst geworden, als sie selbst an ihre Lügen geglaubt hat.
    Ich sollte nicht so hart mit Elizabeth sein. Ich sollte ihr vergeben, ich weiß … aber ich werde immer wahnsinnig wütend, wenn ich an die liebe alte Mrs.   Treadway denke – ich wünschte, Du hättest sie kennen lernen können! – und an die arme Dot, die sich herausgeputzt hatte und dann erschlagen wurde. Absurderweise übernimmt Mrs.   Fewter jetzt Mrs.   Druffitts Rolle. Sie sagt, es wäre gemein von Gilly, ihre Mutter nicht zu besuchen, und dass Dot sie besuchen würde, wenn man sie weggesperrt hätte. Das glaube ich allerdings auch!
    Wenn Du mich fragst – ich nehme an, Gilly geht nicht hin, weil sie fürchtet, Elizabeth könnte einen lichten Moment haben und etwas gegen Elmer sagen. Sie hat mir selbst erzählt, sie könnte das nicht ertragen, obwohl ihr langsam klar wird, dass Elizabeth wahrscheinlich geistig nie ganz gesund war. Gilly sagt, sie wird immer noch nervös, wenn Bobby einen Stock ins Feuer wirft (er hat übrigens zehn Pfund zugenommen und sieht großartig aus). Die Morde, die ihre Mutter nicht begangen hat, nehmen sie stärker mit als die, die sie begangen hat. Ich muss sagen, dass es mir manchmal ähnlich geht.
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