Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein gefährlicher Gentleman

Ein gefährlicher Gentleman

Titel: Ein gefährlicher Gentleman
Autoren: Emma Wildes
Vom Netzwerk:
sie?«
    »Sichere Passage gegen den Aufenthaltsort des Jungen.«
    Obwohl Madeline noch nie in ihrem ganzen Leben in Ohnmacht gefallen war, schwankte sie jetzt. Das Wechselbad zwischen Erleichterung und erneuter Angst war so heftig, dass sie kaum noch atmen konnte. »Sie haben Trevor nicht gerettet?«
    »Wir hatten nur einen Mann zu ihrer Verfolgung abgestellt, Mylady.« Die Stimme des Mannes klang jetzt sanft und erstaunlich kultiviert, wenn man bedachte, dass er eine alte Hose und einen abgewetzten Mantel trug. Nicht zu vergessen der heruntergekommene Hut mit ausgefranster Krempe. »Nachdem sie Euer Anwesen mit dem jungen Viscount verlassen hat, traf sie sich mit jemandem und ließ den Jungen bei ihm. Unser Geheimagent musste eine Entscheidung treffen, wem er folgen sollte. Seine Befehle lauteten, Mrs Stewart auf den Fersen zu bleiben, und er ist diesen Befehlen gefolgt. Aber zugleich schickte er uns eine Botschaft, sobald er erkannte, dass sie an Bord eines Schiffes gehen wollte.«
    Luke fluchte unterdrückt. Das Wort, das er benutzte, hatte Madeline noch nie gehört, aber sie zwar ziemlich sicher, dass er Alice verunglimpfte. »Wo ist sie?«, wollte er wissen. Seine Stimme klang kälter als der tröpfelnde Regen. Madeline lief ein Kälteschauer über den Rücken.
    »Ich bringe Euch zu ihr.« Der vernarbte Mann nickte knapp. »Folgt mir.«
    Michael hatte die Lady nebst ihren Koffern zusammen mit einem jungen Mann in ein kleines, verlassenes Büro in einem der Lagerhäuser jenseits der Docks bringen lassen. Der junge Mann hielt unentwegt die Pistole auf Alice Stewart gerichtet. Der Raum war düster und trostlos, nur von ein paar Laternen beleuchtet. Es gab bloß einen Schreibtisch und ein paar Stühle, die von einer dicken Staubschicht bedeckt waren. Alice Stewart schien von ihrem Eintreffen gänzlich unbeeindruckt. Sie saß auf einem klapprigen Stuhl und lächelte leicht. Das dunkle Haar trug sie in einem strengen Knoten im Nacken, und er fand, sie wirkte eine Spur zu herablassend.
    »Wo ist mein Sohn?« Madeline verlor keine Zeit, stellte Luke fest. Sie durchquerte den Raum mit dem verdreckten Boden unter der tief hängenden Decke. Die schmalen Hände hatte sie zu kleinen Fäusten geballt, und ihr helles Haar glitzerte feucht. »Wo ist Trevor?«, wiederholte sie heftig.
    Für eine Lady, die sonst immer so vornehm und elegant war, wirkte sie außerordentlich angriffslustig.
    »Im Moment ist er in Sicherheit«, erwiderte Alice. Wenn man Madelines Wut, Michaels brütenden Blick und Lukes zweifellos ebenso spürbaren Zorn bedachte, war diese Gleichgültigkeit bemerkenswert. Nicht zu vergessen die Pistole, die nach wie vor auf sie gerichtet war. »Ich bin so froh, dass du schnell herkommen konntest, Mad. Ich habe gedacht, du würdest länger brauchen. Das Schiff, das ich nehmen möchte, lichtet bei Sonnenaufgang die Anker.«
    »Wie kannst du mir das antun?«, fragte Madeline. Hektisch rote Flecken erblühten auf ihren ansonsten farblosen Wangen. »Er ist Colins Sohn.«
    »Der Erbe. Ja, ich weiß.« Alices Lachen klang freudlos. Ihre Augen glommen gefährlich. »Das wunderschöne Kind, das du so pflichtbewusst zur Welt gebracht hast. Ah, du bist der Inbegriff einer guten Ehefrau. Und sieh nur, was für ein eklig perfektes Leben du geführt hast, ehe Colin beschloss, den Löffel abzugeben.«
    Die offensichtliche Feindseligkeit schockierte Madeline. Luke konnte sehen, wie sie zurückzuckte, gerade so, als habe Alice sie geohrfeigt. Sie starrte die Frau auf dem Stuhl an, als sehe sie sie zum ersten Mal.
    Und vielleicht tut sie das auch, dachte er. Ihm entging nicht der spöttische Zug um Alices Mund. Mrs Stewart fuhr fort: »Wenn du den hübschen, kleinen Viscount zurückhaben willst, sollten wir jetzt verhandeln.«
    Luke machte einen Schritt nach vorne. Er wollte Madeline vor der Gehässigkeit dieser Frau beschützen. »Was zum Teufel verlangt Ihr?«
    »Lord Altea.« Der feindselige Blick traf nun auch ihn. »Wie ungewöhnlich, dass Ihr Eure Aufmerksamkeit nur einer Lady schenkt. Madeline scheint Euch das zu geben, was sie schon meinem Cousin geboten hat. Möglicherweise bekommt Ihr noch mehr, hm? Sein Tagebuch war … faszinierend. Sie sieht so sittsam aus, aber offenbar schlummert unter der Maske einer Lady das Verhalten einer Hure. Hat sie für Euch schon mal die Strumpfhalter mit den schwarzen Strümpfen getragen?«
    Ihm war noch nie in den Sinn gekommen, einer Frau gegenüber Gewalt auch nur in Erwägung zu ziehen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher