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Ein gefährlicher Gentleman

Ein gefährlicher Gentleman

Titel: Ein gefährlicher Gentleman
Autoren: Emma Wildes
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schon Stunden her. Alice Stewart hatte den Jungen vor Stunden entführt. Luke kniete neben Madelines Stuhl und umfasste tröstend ihre bebende Hand.
    Er musste sofort etwas unternehmen.
    »Ich denke, bevor wir jetzt in Panik geraten, wird es das Beste sein, wenn wir die Cousine deines Mannes aufsuchen. Ich werde das machen, und sobald ich etwas weiß, komme ich zurück oder lasse dir eine Nachricht zukommen.« Seine Gedanken rasten. Ging es um Erpressung? Wollte sie mehr Geld? Oder dürstete es sie nach Rache?
    Madeline hob den Kopf. Ihr Gesicht war aschfahl, und als sie sprach, überraschten ihre Worte ihn nicht im Geringsten. »Ich werde dich begleiten.«
    »Liebes, jemand sollte hier sein, falls wir ohne Grund beunruhigt sind und Alice ihn zurückbringt.«
    Jedoch glaubte keiner von ihnen, dass das möglich sein könne.
    »Ich schicke nach meiner Mutter.« Sie hatte angefangen zu weinen, während er sich mit der Gouvernante ihres Sohns unterhielt. Aber es war ein stummes Weinen, und die glitzrige Spur aus Tränen grub sich in den Porzellanteint ihrer Wangen. Ihre Augen wirkten riesig. »Sie kann hier auf ihn warten. Ich kann nicht hierbleiben, Luke. Ich kann nicht einfach herumsitzen und warten.«
    Luke überlegte, ob er sie hochheben und sie in seine Kutsche tragen sollte, um sie zu dem ausgedehnten Anwesen der Familie Daudet in Mayfair zu bringen. Das Haus, das er dank des üppigen Familienvermögens besaß. Er könnte sie dort nach oben tragen und sie in seinen Räumen unterbringen. Könnte ihr befehlen, unter der Aufsicht einiger strammer Diener dort zu bleiben, die auf sie aufpassten. Er wollte sie in Sicherheit bringen. Zugleich wusste er, dass er nicht so rücksichtslos sein durfte, denn sie würde das Warten kaum ertragen.
    »Wir machen alles, damit du dich besser fühlst.« Er umfasste ihr Kinn und hob es leicht an. Ihre Augen waren etwas feucht. Er konnte ihr kaum verdenken, dass sie weinte. Es war schwer zu glauben, aber mit geröteter Nase und nassen Wangen war sie in seinen Augen noch schöner als sonst.
    »Ich schreibe meiner Mutter eine Nachricht.« Ihr Nicken wirkte abgehackt.
    »In Ordnung«, stimmte er zu. Er beugte sich zu ihr herab und küsste sie vorsichtig, obwohl Hubert wartend in der Tür stand. Es war ein leidenschaftsloser Kuss, der ihr vor allem Geborgenheit und Rückhalt schenken sollte. Ihre bebenden Lippen fühlten sich unter seinem Mund kalt an. Als er den Kopf wieder hob, sagte er bloß: »Richte deiner Zofe aus, sie soll dir einen leichten Mantel herauslegen. Heute Abend herrscht regnerisches Wetter.«
    Sie nickte. Die Muskeln in ihrem schlanken Hals bewegten sich krampfhaft, als sie schluckte.
    Wenige Augenblicke später bestiegen sie seine Kutsche.
    Er wusste nur zu gut, was es bedeutete, zum hilflosen Beobachten gezwungen zu sein, wenn jemand, den man liebte, in Lebensgefahr schwebte. Er war damals nicht in der Lage gewesen, die Tragödie zu verhindern. Aber diesmal, das schwor er sich, musste es anders ausgehen.
    Mrs Stewart bewohnte in einer beliebten Straße ein Stadthaus, es lag nicht weit entfernt. Als sie dort anklopften, wurde ihnen von einer Dienerin mittleren Alters geöffnet, die ihnen mitteilte, ihre Herrin sei nicht zu Hause.
    Luke benutzte selten seinen Titel, um jemanden einzuschüchtern oder zu überzeugen, aber er sagte scharf: »Ich bin Lord Altea, und hier steht Mrs Stewarts Cousine neben mir, Lady Brewer. Wo ist Mrs Stewart hingegangen?«
    »Sie hat ihre Sachen gepackt.« Die Frau wischte sich die Hände an ihrer bereits dreckigen Schürze ab. »Ich bin die Letzte, die noch geblieben ist, Mylord. Bin bloß dabei, das Haus zu säubern.«
    Madeline gab einen erstickten Laut von sich.
    »Wohin wollte sie?«, fragte er.
    »Weiß ich nicht so genau«, quiekte die Dienerin. Sie wirkte nervös, weil er zu allem bereit schien. »Ich schwör Euch, Sir. Will wohl weg von der Insel, vermute ich. Hab gehört, wie sie ihrer Zofe sagte, sie solle ihr dickeres Reisekleid rauslegen, weil’s auf See meist einen kalten Wind hat. Sie hat jedem von uns eine Referenz ausgestellt und einen vollen Wochenlohn als Abfindung gezahlt.«
    Und wenn sie jedes Schiff durchsuchen mussten, das den Hafen von London verlassen wollte, er würde ihren Sohn finden, schwor Luke sich. Rasch half er Madeline wieder in die Kutsche.
    »Zum Pier«, rief er seinem Kutscher zu, dann sprang auch er in das Gefährt, das bereits anrollte.
    Sie verstand das nicht. Nichts von dem, was vorging, verstand sie.
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