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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
Autoren: Tony Attwood
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gibt, die speziell auf Menschen mit Asperger-Syndrom ausgerichtet sind. Tatsächlich ist es bisweilen so, dass eine Diagnose von einem öffentlichen Arbeitgeber eher dazu benutzt wird, dem Betroffenen den Zugang zu Dienstleistungen zu versagen, statt ihn zu ermöglichen. Ich hoffe, dass das zunehmende öffentliche Bewusstsein für die Lebensumstände und die Fähigkeiten von Menschen mit Asperger-Syndrom die Entscheidungen der Politiker beeinflusst, besonders, da es bald eine riesige Anzahl Erwachsener mit Asperger-Syndrom geben wird, die eine diagnostische Beurteilung suchen wird, nämlich jene Generation, die bislang keine Gelegenheit hatte, diagnostiziert und verstanden zu werden.
    In den nächsten zehn Jahren werden sich mehr Fachkräfte auf das Asperger-Syndrom spezialisieren und wir werden die Einrichtung örtlicher Diagnose- und Behandlungszentren erleben, die speziell auf Kinder und Erwachsene mit Asperger-Syndrom zugeschnitten sind. Wenn die Verbreitung des Asperger-Syndroms bei 1 von 250 Personen liegt, wird es auch genügend Überweisungen an Spezialisten geben, um ein nationales Netz von Kliniken und Fachkräften unterhalten zu können.
    Wir brauchen eindeutig mehr Forschung im Bereich Asperger-Syndrom, vor allem bei Aspekten der sensorischen Wahrnehmung. Viele Menschen mit Asperger-Syndrom versuchen verzweifelt, ihre Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Geräuschen und andere sensorische Reizezu reduzieren. Gegenwärtig können Kliniker und Therapeuten wenig tun, um solche auditiven, taktilen und olfaktorischen Überempfindlichkeiten zu reduzieren. Wir müssen auch Programme entwickeln und evaluieren, mit denen die Fähigkeit, Freundschaften und Beziehungen einzugehen, ebenso gefördert wird wie die Fähigkeit, mit den eigenen Emotionen besser fertig zu werden und die Fähigkeit, Spezialinteressen konstruktiv umzusetzen.
    Ich hoffe auch, dass es in Zukunft eine positivere und bestärkende Haltung gegenüber Menschen mit Asperger-Syndrom und ein zunehmendes Selbstbewusstsein der Betroffenen geben wird. Ich habe dieses Buch geschrieben, um das aktuelle Wissen, das wir über das Asperger-Syndrom haben, weiterzugeben, es wurde aber auch geschrieben, um vorhandene Einstellungen zu ändern. Wissen verändert Einstellungen, die umgekehrt auch wieder Fähigkeiten und Lebensumstände verändern können.
    Brisbane (Australien), Januar 2008
Tony Attwood

Vorwort des Übersetzers
    Für mich ist es eine Ehre, dieses Buch von Tony Attwood ins Deutsche zu übersetzen. Nicht ohne Grund wird Attwood von vielen autistischen Menschen in der englischsprachigen Welt mit etwas Augenzwinkern »Saint Tony« genannt – es gibt wenige Fachpsychologen auf dem Gebiet des Asperger-Syndroms, die zugleich ein so hohes Maß an Fachwissen haben und ein so tiefes menschliches Verständnis für die Perspektive von Menschen mit Asperger-Syndrom – für ihre Schwächen und Stärken – aufbringen. Ich durfte ihn vor einigen Jahren auf einem Autismuskongress in Magdeburg erleben und habe noch gut in Erinnerung, wie lebensnah er den Zuhörern die alltäglichen Sorgen dieser Menschen nahegebracht hat. Mittlerweile ist Attwood auch im deutschsprachigen Bereich längst ein Begriff. Sein erstes auf Deutsch erschienenes Buch »Das Asperger-Syndrom: Wie Sie und Ihr Kind alle Chancen nutzen« gilt hierzulande als Klassiker und ist immer meine erste Empfehlung für jeden gewesen, der sich über dieses Thema informieren will.
    Ich denke, ich kann ganz gut beurteilen, wie authentisch Attwood die Lebensverhältnisse von Menschen mit Asperger-Syndrom beschreibt – ich habe nämlich selbst diese Diagnose. Leider war das Wissen um das Asperger-Syndrom lange Zeit alles andere als Allgemeingut; das ist auch der Grund dafür, warum ich selbst erst mit 31 Jahren überhaupt davon erfahren habe, dass es dieses Syndrom gibt. Wohl hatte ich den Film »Rain Man« gesehen und mit der Hauptfigur eine gewisse Seelenverwandtschaft empfunden, hatte aber doch Zweifel, ob die Bezeichnung »autistisch« auf mich wirklich zutreffen konnte. Erst Jahre später bin ich über das Internet darauf gestoßen, dass es auch eine Variante des Autismus gibt, die auf den ersten Blick meist unauffällig wirkt, eben das Asperger-Syndrom. Endlich hatte ich für viele meiner Schwierigkeiten einen Namen, ich fühlte mich vor allem erleichtert.
    Nun hatte ich die Chance, eine wirksame Therapie bei einem Psychologen zu beginnen, der sich mit dem Thema Asperger-Syndrom auskennt (was
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