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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
Autoren: Tony Attwood
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sozialen Aktivitäten Gleichaltriger interessiert waren,
dass sie nicht wollten, dass sich andere in die eigenen Aktivitäten einmischten und
dass sie die sozialen Regeln auf dem Pausenhof und im Klassenraum nicht begriffen.
Was fällt dem Lehrer auf?
    Der Weg zur Diagnose kann damit beginnen, dass ein erfahrener Lehrer beobachtet, dass das Kind – das bis dahin noch keine erkennbaren typisch autistischen Merkmale gezeigt hat – soziale Situationen und Regeln nicht versteht. Das Kind wird dann auch als unreif beim Umgang mit den eigenen Emotionen und beim Ausdruck von Empathie erkannt. Es kann auch ein ungewöhnlicher Lernstil vorliegen, verbunden mit erstaunlichem Wissen in einem bestimmten Interessensgebiet des Kindes, aber bedeutsamen Lern- und Aufmerksamkeitsproblemen bei anderen intellektuellen Fähigkeiten. Dem Lehrerfallen vielleicht auch Probleme der motorischen Koordination auf, etwa eine schlechte Handschrift, Probleme beim Laufen oder beim Fangen eines Balls. Das Kind hält sich möglicherweise auch die Ohren zu bei Geräuschen, die anderen Kindern nichts ausmachen.
    In der Pause vermeidet das Kind das soziale Spiel mit Gleichaltrigen oder es ist sozial naiv, aufdringlich oder dominierend. In der Klasse erkennt der Lehrer, dass das Kind offenbar die nonverbalen Signale nicht wahrnimmt oder versteht, mit denen Botschaften wie: »Nicht jetzt« oder »Das fängt an, mich zu langweilen« ausgedrückt werden. Das Kind kann dadurch auffallen, dass es andere häufig unterbricht oder dass es auf einen sozialen Kontext nicht altersgemäß reagiert. Dem Lehrer fällt auch auf, dass das Kind besonders ängstlich reagiert, wenn sich Routineabläufe ändern oder wenn es ein bestimmtes Problem nicht lösen kann.
Das Kind ist offensichtlich nicht intellektuell beeinträchtigt, ihm scheint es aber an sozialem Verständnis in Bezug auf seine Mitschüler zu fehlen.
Nicht nur das Kind, sondern auch der Lehrer benötigt Hilfe
    Der Lehrer weiß, dass das Kind von Programmen profitieren könnte, die ihm beim Verständnis der sozialen Regeln im Klassenzimmer und auf dem Pausenhof helfen würden. Dabei benötigt der Lehrer auch Unterstützung durch Beratungslehrer, Zugang zu Fortbildungsmaßnahmen sowie zu Fachbüchern und Fachkräften im Bereich Asperger-Syndrom, um so die soziale Integration und den schulischen Erfolg des Kindes zu erleichtern. Der Lehrer benötigt also ebenso Hilfe wie das Kind.
    Nach meiner klinischen Erfahrung wird die Mehrheit der Kinder mit Asperger-Syndrom auf diesem Wege erkannt. Das ungewöhnliche Fähigkeitsprofil und Verhalten des Kindes fällt zu Hause nicht auf, dafür erkennt ein Lehrer qualitative Unterschiede bei den Fähigkeiten und beim Verhalten im Klassenraum und auf dem Pausenhof. Es kommt daraufhin zu einem Treffen der Eltern mit Vertretern der Schule, bei dem die Eltern dazu ermuntert werden, eine Diagnose für das Kind einzuholen, um zum einen sowohl das ungewöhnliche Verhalten als auch sein Fähigkeitsprofil erklären zu können, und um zum anderen den Eltern und der Schule zu ermöglichen, Zugang zu angemessenen Programmen und Hilfen zu bekommen.
Vorherige Diagnose einer anderen Entwicklungsstörung
    Ein weiterer Weg zur Diagnose ist der, dass die Entwicklungsgeschichte des Kindes eine Entwicklungsstörung beinhaltet, die mit dem Asperger-Syndrom in Verbindung gebracht werden kann. Die Diagnose einer Aufmerksamkeits-, einer Sprach-, Bewegungs-, affektiven, Ess- oder Lernstörung kann der Beginn eines Beurteilungsprozessessein, der schließlich zur Diagnose Asperger-Syndrom führt.
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
    Die Bevölkerung hat ein gewisses Allgemeinwissen über die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und das Kind macht den Eltern und dem Lehrer vielleicht Sorge, weil es Probleme hat, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, es impulsiv und hyperaktiv ist. Die Diagnose ADHS erklärt die Schwierigkeiten des Kindes in diesen Bereichen, nicht aber dessen ungewöhnliche sozialen, sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten, die genauer durch die Diagnosekriterien für das Asperger-Syndrom beschrieben werden. ADHS wurde also korrekt als Erstes diagnostiziert, ist aber nicht die endgültige Diagnose.
    Fachärzte haben schon vor längerer Zeit erkannt, dass Kinder mit Asperger-Syndrom auch Anzeichen von ADHS aufweisen können und dies wurde auch seither durch eine Reihe von Forschungsstudien und Fallberichten bestätigt. 7
Die Diagnosen ADHS und
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