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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen
Autoren: Magnus Montelius
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kleinen Einfamilienhaus zu ertragen.«
    »Ich versuche eben, etwas für meine mentale Gesundheit zu tun«, erwiderte Erik lachend.
    »Er will Diplom-Ingenieur werden«, erklärte Åke Sundström. »Studiert an der Königlich Technischen Hochschule.« Er betonte jedes Wort.
    Erik Sundström verdrehte die Augen. »Das reicht jetzt, Papa. Ich glaube nicht, dass ihn das interessiert.«
    Als sie sich verabschiedeten, ließ Åke Sundström seinen Sohn ein wenig vorgehen. Er packte Meijtens am Arm und zog ihn zu sich.
    »Gehen Sie jetzt nach Hause und schreiben Ihren Artikel? Oder vielleicht einen Bestseller?«
    »Das habe ich, ehrlich gesagt, nicht vor.«
    Åke Sundström ließ ihn nicht los. »Und, was wollen Sie dann machen?«
    »Mir einen Job suchen. Vielleicht wieder Taxi fahren. Oder als Barpianist arbeiten.«
    Åke Sundström nickte. Dann lächelte er breit und ließ Meijtens’ Arm los.
    »Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, Lehrer zu werden. Für einen durchschnittlich begabten Typen wie Sie haben wir immer Verwendung.«
    Sein Sohn rief nach ihm.
    »Jetzt komm schon, Papa! Mama flippt aus, wenn wir noch später kommen.«
    Åke Sundström holte ihn joggend ein und legte den Arm um seine Schultern. Sie verschwanden zwischen den dreistöckigen Mietshäusern.
    Meijtens radelte den schmalen Parkweg entlang und füllte seine Lunge mit kalter Luft. An diesem Abend würde er das gesamte Material zu Erik Lindman einpacken und auf den Speicher stellen. Ein weiterer Karton zwischen seinen alten Notizen und Aufzeichnungen von der Universität. Danach würde er versuchen, irgendwo einen Job zu finden. Es würde schon irgendwie weitergehen, das tat es immer.
Nachwort zur historischen Einordnung
    Im Herbst 1989 bricht in Osteuropa der Kommunismus zusammen. Die Reformpolitik, die wenige Jahre zuvor von der sowjetischen Führung eingeleitet wurde, hat Entwicklungen ausgelöst, die niemand vorhersehen konnte. Nach einigen chaotischen Monaten werden in der Tschechoslowakei, in Polen und Ungarn freie Wahlen abgehalten. Gleichzeitig ist die sowjetische Führung zu sehr mit internen Problemen beschäftigt, um eingreifen zu können. Innerhalb der Partei tobt ein Machtkampf zwischen Reformern und reaktionären Kräften, in mehreren Sowjetrepubliken wird der Ruf nach Unabhängigkeit laut, und die Wirtschaft befindet sich im freien Fall.
    Die Situation in Albanien hingegen ist unsicherer. Seit der Machtübernahme der kommunistischen Partei im Jahre 1944 hat das Land unter Diktator Enver Hoxha eine unerbittliche stalinistische Politik mit starken isolationistischen Tendenzen und einer kompromisslosen Unterdrückung jeder internen Opposition verfolgt.
    Hoxhas Albanien hatte schon früh eine enge Zusammenarbeit mit Stalins Sowjetunion etabliert. In den Fünfzigerjahren stand Hoxha der Reformpolitik des neuen sowjetischen Machthabers Chruschtschow jedoch immer skeptischer gegenüber und war zu keinen oder höchstens kosmetischen Zugeständnissen an Pluralismus und Offenheit bereit. Anfang der Sechzigerjahre brach das Land dann endgültig mit der Sowjetunion und deren Satellitenstaaten und suchte stattdessen die Unterstützung Chinas. Gleichzeitig führte Albanien eine immer extremere Spielart des Kommunismus ein. Die Landwirtschaft wurde vollständig verstaatlicht und jede private Viehzucht verboten. Hoxha führte zudem eine weitreichende Kampagne gegen die Ausübung jeglicher Religion durch.
    Nach dem Besuch von Präsident Nixon in Peking 1972 bekam auch das Verhältnis Albaniens zu China Risse. 1978 kam es zum endgültigen Bruch zwischen den beiden Bruderländern: Die chinesische Unterstützung wurde eingestellt, chinesische Berater reisten heim, und albanische Studenten, die sich in China aufhielten, wurden zurückgeschickt. Albanien war damit vollständig isoliert.
    Genau wie bei früheren Veränderungen in den außenpolitischen Allianzen des Landes folgten auch dem Bruch mit China interne Säuberungen und Abrechnungen. Diesmal traf es Hoxhas Premierminister Mehmet Shehu. Offiziell ließ man verlautbaren, er habe nach einem Nervenzusammenbruch Selbstmord begangen. Seinem Tod folgten brutale Säuberungen unter seinen Sympathisanten innerhalb von Sicherheitspolizei und Staatsapparat.
    Nach Enver Hoxhas Tod 1985 übernahm eine Troika unter der Führung von Ramiz Alia die Macht. Durch die wirtschaftlich katastrophale Lage war das Land in großer Bedrängnis, und so machte Albanien erste tastende Schritte hin zu einer größeren
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