Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder

Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder

Titel: Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
Whitley, den sie zu kennen geglaubt hatte, hatte sich in einen bockigen Jammerlappen verwandelt. Sie trauerte um den Mann, den sie in ihm gesehen hatte – den jungen Ingenieur mit den hochfliegenden Plänen, Dämme und Brücken zu bauen, den Kavalier mit dem einnehmenden Lächeln.
    Morgan ließ Whitley sitzen und kam wieder nach hinten. “Ich werde aussteigen und mich umsehen”, erklärte er John Brennan, nicht Lizzie. “Falls ich nicht zurückkomme, suchen Sie nicht nach mir.”
    “Sie können nicht allein da rausgehen”, protestierte Lizzie und stand auf.
    Aber Morgan drückte sie zurück in den harten, rußgeschwärzten Sitz. “Mrs. Halifax wird Sie vielleicht brauchen. Oder die Kinder. Oder die alten Herrschaften – der Mann hat etwas bläuliche Lippen, ich mache mir Sorgen um sein Herz.” Er hielt inne, dann deutete er mit dem Kinn auf Whitley. “Und Gott weiß, dass dieser flennende Blödmann da vorn mit seiner Decke keine große Hilfe sein wird.”
    Der Vertreter öffnete erneut seinen Koffer, nahm eine kleine Flasche Whiskey heraus und bot sie Morgan an. “Die könnten Sie brauchen. Da draußen ist es mächtig kalt.”
    Dankbar nahm der Arzt die Flasche an sich und steckte sie in die Innentasche seines Mantels.
    “Dann nehmen Sie wenigstens eine von den Laternen mit.” In Lizzies Magen flatterte furchtsam etwas, als ob sie einen Miniatur-Woodrow verschluckt hätte.
    “Das werde ich”, versprach Morgan.
    “Hier ist meine Kappe.” Mr. Brennan reichte ihm seine Militärmütze. “Is’ nicht viel, aber besser, als ohne Kopfbedeckung zu gehen.”
    “Ich habe einen Schal”, rief Lizzie, “er ist in meiner Handtasche …”
    Morgan setzte die Mütze auf. Sie passte wirklich nicht zu seinem abgetragenen Anzug, bedeckte aber zumindest einen Teil der Ohren. “Ist schon gut”, winkte er ab und ging.
    Durchs Fenster suchte Lizzie das Licht seiner Laterne, entdeckte es kurz, verlor es dann aber wieder aus den Augen. Ihr Herz wurde schwer. Wenn er nun nicht mehr zurückkam? In der eiskalten Dunkelheit und dem schrecklichen Schneesturm konnte so viel passieren.
    “Ich denke nicht, dass dein Interesse an dem guten Doktor angemessen ist”, hörte sie eine vertraute Stimme sagen.
    Erschrocken sah sie auf und bemerkte Whitley, der wackelig im Gang stand und auf sie herabstarrte. Seine Wangen waren gerötet, die Augen glänzten.
    “Sei still”, wies sie ihn zurecht.
    “Wir haben eine Abmachung, du und ich”, rief Whitley ihr in Erinnerung.
    “Mag sein. Aber solange du nicht vorhast, dich in irgendeiner Weise nützlich zu machen, wäre es mir lieber, wenn du mich allein lässt.”
    Als Whitley gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, schwankte der Waggon erneut, neigte sich leicht Richtung Abgrund und richtete sich wieder auf. Der Vertreter stieß einen Fluch aus. Mr. Brennan begann zu beten. Mrs. Halifax schluchzte auf, ihre Kinder kreischten. Woodrow lief krächzend über seine Stange, während das alte Ehepaar sich aneinanderklammerte.
    “Alles in Ordnung”, rief Lizzie, selbst überrascht, wie zuversichtlich ihre Stimme klang. In Wahrheit hatte sie große Angst. “Niemand darf sich bewegen.”
    “Mir scheint”, schlug der Vertreter vor, “dass wir uns alle besser auf die eine Seite des Waggons setzen sollten.”
    “Gute Idee”, stimmte Lizzie zu.
    Whitley nahm sehr langsam Platz, sein Gesicht war gespenstisch bleich. Lizzie, der Vertreter und John Brennan gingen vorsichtig über den Gang, um sich zu setzen. Das ältere Ehepaar und Woodrow folgten.
    Draußen heulte der Wind, und Lizzie hatte den Eindruck, dass sie den schweren Herzschlag des Bergs spüren konnte.
    Wo war Morgan Shane?
    Verschwunden in dem undurchdringlichen Schneesturm? War er in eine der tückischen Spalten gestürzt, für die das Hochland bekannt war?
    Am liebsten hätte Lizzie geweint, aber sie wusste, dass sie sich diese Schwäche nicht erlauben konnte. Darum räusperte sie sich und begann, mit leiser, zitternder Stimme zu singen. “Ein feste Burg ist unser Gott …”
    Zögernd fielen die anderen ein.

2. KAPITEL
    M organ hatte nicht beabsichtigt, sich so weit von dem Zug zu entfernen. Er versuchte, das Laternenlicht aus den Fenstern immer im Blick zu behalten, doch der Sturm war schlimmer, als er gedacht hatte. Er schimpfte sich selbst einen Idioten. Seine Laterne flackerte und wurde hin und her gerissen, und der Wind heulte in seinen Ohren. Er stopfte die Hände in die Taschen seines viel zu dünnen Mantels. Es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher