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Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder

Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder

Titel: Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder
Autoren: Linda Lael Miller
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anderen eine brennende Zigarre hielt. Offenbar besaß er einen unerschöpflichen Vorrat an diesen Dingern, da er eine nach der anderen wegpaffte. Ein älteres, schweigsames Paar reiste mit einem exotischen weißen Vogel in einem wunderschönen Messingkäfig bei sich. Herrliche blaue Federn schmückten den Kopf des Vogels, der, sobald seine Besitzer das rote Seidentuch vom Käfig zogen, vor sich hin plapperte.
    Sie alle – von Whitley natürlich abgesehen – waren Fremde für Lizzie. Wobei ihr Whitley in diesem neuen und unangenehmen Licht ebenfalls fremd erschien.
    Neues Heimweh erfasste Lizzie. Sie sehnte sich entsetzlich danach, unter Menschen zu sein, die sie kannte. Menschen wie Lorelei, die bestimmt seit Wochen unaufhörlich buk, Päckchen versteckte und Geheimnisse bewahrte. Oder wie ihr Vater Holt, der sich in den Pausen im Schuppen einschloss, um Schlitten, Spielzeugkutschen und Puppenhäuser zu schnitzen. Einiges davon würde er Lizzies Brüdern und den vielen Cousins und Cousinen schenken. Doch der größte Teil war für die ärmeren Haushalte in der Umgebung von Triple M gedacht.
    Zwar lagen immer Berge von Geschenken unter dem Weihnachtsbaum, und es gab reichlich köstliches Essen, doch für die McKettricks ging es Weihnachten überwiegend darum, Leuten Geschenke zu machen, die nicht so viel besaßen wie sie. Darum nähten Lorelei, Lizzie und alle Tanten jedes Jahr etliche Stoffpuppen und -tiere, die beim Gemeindefest am Weihnachtsabend in der Kirche verteilt wurden.
    Der Fremde, der jetzt mit dem Baby auf dem Arm den Gang entlangging, riss Lizzie aus ihren Gedanken. Er sah ihr ins Gesicht. Zwar lächelte er nicht direkt, doch irgendetwas blitzte in seinen Augen auf.
    Sein Anblick beschämte Lizzie.
Sie
hätte der überforderten Mutter drei Reihen weiter hinten ihre Hilfe anbieten sollen. Das Kind beruhigte sich bereits ein wenig, es gurrte und sabberte auf das weiße Hemd des Mannes. Falls ihn das störte, so ließ er es sich nicht anmerken.
    Hinter den Zugfenstern wirbelten dicke Schneeflocken durch die zunehmende Abenddämmerung. Und obwohl Lizzie mit Gedankenkraft versuchte, das Tempo des Zugs zu beschleunigen, schien er eher langsamer zu werden.
    Gerade als sie dem Mann den Säugling abnehmen wollte, ertönte aus allen Richtungen ein entsetzliches Getöse – als ob tausend Gewitter gleichzeitig zusammenkrachten. Der Waggon ruckte heftig und stoppte dann unvermittelt mit einem Beben. Als ob der ganze Zug aus den Schienen springen wollte, neigte er sich zur Seite, stellte sich dann aber wieder mit einem Übelkeit erregenden Wackeln auf.
    Der Vogel schlug vor Angst wild kreischend mit den Flügeln.
    Lizzie, die beinahe aus ihrem Sitz geschleudert wurde, spürte einen festen Griff an ihrer Schulter. Beim Aufsehen erkannte sie den Fremden, der noch immer aufrecht stand, das Baby sicher in seiner rechten Armbeuge. Irgendwie war es ihm gelungen, auf den Beinen zu bleiben, das Kind zu halten
und
Lizzie davor zu bewahren, auf den gegenüberliegenden Sitz geworfen zu werden.
    “W…was?”, murmelte sie erschrocken.
    “Eine Lawine vermutlich”, erwiderte der Mann ruhig.
    Der wiedererwachte Whitley war genauso verängstigt wie der Vogel. “Sind wir entgleist?”, wollte er wissen.
    Der Fremde ignorierte ihn. “Ist jemand verletzt?”, fragte er, tätschelte den Rücken des Babys und schaukelte es vorsichtig an seiner Schulter.
    “Mein Arm”, wimmerte die Mutter des Säuglings im hinteren Teil. “Mein Arm …”
    “Keine Panik”, sagte der Mann, drückte Lizzie das Baby in die Arme und nahm die Medizintasche von der Ablage über seinem Sitz. Er sprach leise mit dem älteren Ehepaar. Lizzie sah, wie sie nickten. Sie waren also in Ordnung.
    “Keine Panik!”, krächzte der Vogel. “Keine Panik!”
    Trotz der ernsten Situation musste Lizzie lächeln.
    Whitley rieb sich den Nacken und beäugte die Arzttasche. “Ich glaube, ich bin verletzt”, rief er. “Sie sind Arzt, nicht wahr? Ich brauche Laudanum.”
    “Laudanum!”, forderte der Vogel.
    “Psst, Woodrow”, flüsterte die alte Dame. Ihr Mann legte das Tuch über den Käfig, woraufhin Woodrow umgehend verstummte.
    Mit einem kurzen Nicken beantwortete der Arzt Whitleys Anfrage. “Ja, ich bin Arzt. Mein Name ist Morgan Shane. Ich werde Sie mir ansehen, sobald ich Mrs. Halifax’ Arm verarztet habe.”
    Das Baby begann in Lizzies Armen zu schreien und sich nach seiner Mutter zu strecken.
    “Bring es zum Schweigen”, blaffte Whitley. “Ich
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