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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton
Autoren: Wolfgang Ecke
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jetzt Perry zuwendet, ist sein Gesicht ein einziges Fragezeichen.
    „Verzeihung, Sir, sagten Sie Duncers Road 112?“
    „Ja, das sagte ich“, antwortet Perry verwundert. Er weiß mit dieser Frage nichts anzufangen.
    „Aber das muß ein Irrtum sein, Sir. In der Nummer 112 wohnt ja nur der verrückte Cool.“
    Perrys Verwunderung verstärkt sich. Was soll dieses eigenartige Gehabe des Chauffeurs?
    „Genau zu dem will ich. Zu Rechtsanwalt Paul Cool. Und wieso sagen Sie, daß er verrückt ist?“
    Perry sieht, wie der Fahrer mit der Verlegenheit kämpft. Mehrere Male setzt er zu einer Entgegnung an. Doch dann stößt er nur fragend heraus.
    „Sind Sie ein Verwandter... dann bitte ich um Verzeihung, Sir ..
    Perry beginnt sich langsam zu ärgern. Er hat nicht allzu große Lust, sich mitten in der Nacht mit einem Taxifahrer, der anscheinend einen kleinen Tick hat, zu unterhalten.
    „Fahren Sie schon weiter. Ich bin nicht mit Cool verwandt, ich habe geschäftlich mit ihm zu tun.“
    Zögernd beginnt der Wagen wieder weiterzurollen.
    „Aber Mister Cool praktiziert doch schon lange nicht mehr...“
    „Das entzieht sich meiner Kenntnis. Außerdem bin ich das erste Mal in meinem Leben in Ipswich. Warum sagen Sie, daß Mister Cool verrückt sei?“
    Dem Chauffeur scheint nicht mehr ganz wohl in seiner Haut zu sein. ,Hätte ich nur nichts gesagt’, geht es ihm durch den Kopf, und vorsichtig schielt er nach seinem Fahrgast.
    „Ach, man munkelt so manches über ihn, Sir...“
    „Und was munkelt man?“
    „Die Leute behaupten, er würde Geister beschwören und sich des Nachts mit seinen toten Ahnen unterhalten... Wissen Sie, allein das Haus ist schon furchteinflößend... Sie werden sehen...“
    Und nach einer Weile setzt er, weil Perry nicht antwortet, noch hinzu: „Vielleicht soll ich Sie doch lieber wieder zum Bahnhof zurückfahren... oder vielleicht zu einem Hotel?“
    „Fahren Sie zur Duncers Road!“
    Perrys Stimme ist schroff, und fast beleidigt drückt der Fahrer auf den Gashebel. Er wird seine Hände in Unschuld waschen... Er hat seinen Fahrgast gewarnt.

    Mit kreischenden Bremsen hat der Wagen gestoppt. Perry riecht den verbrannten Gummi der mißhandelten Reifen. Langsam schreitet er über den Kiesweg, der zu dem einsam dastehenden Haus — Duncers Road 112 - führt.
    Es ist wahrhaftig ein unfreundlicher Bau. Trotz gleißendem Mondlicht mutet das Gemäuer schwarz und unheimlich an. Tiefe Stille ist ringsum. Kein erleuchtetes Fenster deutet darauf hin, daß die Bewohner noch munter sind. Perry spürt ein merkwürdiges Kribbeln, als er auf die große Eichentür zugeht.
    Es muß eine verteufelte Arbeit gewesen sein, die Unzahl von Ornamenten in das harte Eichenholz zu schnitzen.
    Perry sucht nach einer Klingel. Mehrere Streichhölzer verglimmen in seiner Hand. Vergebens. Es gibt weder eine elektrische Klingel, noch eine Zugglocke.
    Nur ein gewaltiger Klopfer in Form eines Affenkopfes ist in der Mitte der Tür angebracht.
    Perry betätigt den Klopfer. Zwei-, dreimal läßt er den Affenkopf gegen die schwere Tür fallen. Dumpf und unheimlich ist der Klang.
    Sekundenlang denkt Perry an die Andeutung des Chauffeurs. Doch er wischt sie mit einer Handbewegung fort. ,Ein Spinner.’
    Noch immer ist nichts zu hören. Doch da... waren das nicht Schritte? ... jetzt wieder.
    Ohne Zweifel nähert sich jemand der Tür.
    Perry nimmt seinen Koffer auf.
    Die Tür öffnet sich, ohne daß sich ein Schlüssel gedreht hätte.
    „Mister Perry Clifton aus London ?“
    „Ja, der bin ich.“
    „Sir Cool erwartet Sie in seinem Studierzimmer. Bitte folgen Sie mir, Mister.“
    Perry folgt dem Mann, der eine Mischung aus Butler, Gärtner und Koch zu sein scheint.
    Er könnte hundert Jahre alt sein, fährt es ihm durch den Kopf. Der Alte trägt einen langen, fast an einen Gehrock früherer Zeiten erinnernden Kittel.
    In seiner von Gicht geplagten Hand balanciert er einen vierarmigen Leuchter. Bei jedem Schritt werfen die Wände gespenstische Schatten zurück, und wieder muß Perry an den Chauffeur denken.
    Sie tappen einige Stufen hinauf. Die Treppe endet auf einem langen schmalen Gang, dessen Wände mit Bildern vergangener Epochen behängen sind.
    Perry hält sich dicht hinter dem Butler, und so kommt es, daß er diesen fast umrennt, als er vor einer Tür haltmacht.
    Vorsichtig wechselt er den Leuchter von der rechten in die linke Hand. Behutsam klopft er an. Und wenig später meldet er:
    „Sir, Ihr Gast aus London — Mister Perry
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