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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta
Autoren: Patricia Cornwell
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Telefonist, der abnimmt und knisternd "911" sagt.
    Ich faltete die Blätter des Endlospapiers Stück für Stück wieder zurück, bis ich den entsprechenden Ausdruck fand. Loris Adresse erschien auf dem 911er Bildschirm, ihre Wohnung war unter dem Namen L. A. Petersen registriert. Der Telefonist hatte dem Notruf eine Vierer-Priorität gegeben und ihn hinüber zu dem Funker hinter der Glaswand vermittelt. Neununddreißig Minuten später erreichte der Ruf endlich die Streifen einheit 211. Sechzig Minuten da nach fuhr diese an Loris Haus vorbei und wieder davon, da sie einen Ruf wegen eines Familienstreits erhalten hatte. Die Adresse der Petersens tauchte genau achtundsechzig Minuten nach dem Notruf wieder auf, um ein Uhr siebenundfünfzig, als Matt Petersen die Leiche seiner Frau gefunden hatte. Wenn er nur an jenem Abend keine Kostümprobe gehabt hätte, dachte ich. Wenn er nur eineinhalb Stunden früher nach Hause gekommen wäre ... Auf dem Band hörte man ein Klicken.
    "911."
    Schweres Atmen. "Meine Frau!" In Panik. "Jemand hat meine Frau ermordet! Bitte kommen Sie schnell!" Dann schrie er: "O Gott, jemand hat sie ermordet! Bitte machen Sie schnell!"
    Ich war wie gelähmt von der hysterischen Stimme. Petersen konnte nicht in zusammenhängenden Sätzen sprechen oder sich an seine Adresse erinnern, als der Telefonist ihn fragte, ob die Adresse auf dem Bildschirm stimmte.
    Ich hielt das Band an und rechnete schnell nach. Als Petersen nach Hause gekommen war, waren neunundzwanzig Minuten vergangen, seit der erste Polizeibeamte auf den Ruf hin das Licht seiner Stablampe über die Vorderseite des Hauses gleiten ließ und meldete, daß alles "sicher" aussah. Der abgebrochene Notruf war um null Uhr neunundvierzig eingegangen, der Officer schließlich um ein Uhr vierunddreißig aufgetaucht.
    Fünfundvierzig Minuten waren vergangen. Länger war der Mörder nicht bei Lori gewesen.
    Um ein Uhr vierunddreißig war der Mörder bereits wieder weg gewesen. Das Licht im Schlafzimmer war aus. Wäre er noch im Schlafzimmer gewesen, hätte das Licht dort gebrannt. Ich konnte nicht glauben, daß er so gut sah, daß er im Dunkeln die elektrischen Kabel finden und komplizierte Knoten machen konnte.
    Er war ein Sadist. Er wollte, daß das Opfer sein Gesicht sah, vor allem, wenn er maskiert war. Er wollte, daß sein Opfer alles sehen konnte, was er tat. Er wollte, daß sie mit unvorstellbarem Entsetzen jedes schreckliche Detail erahnen würde, was er mit ihr vorhatte ... während er sich umsah, die Kabel durchschnitt, anfing, sie zu fesseln ...
    Als es vorbei war, schaltete er das Licht im Schlafzimmer aus und kletterte wieder aus dem Badezimmerfenster hinaus, wahrscheinlich nur Minuten, bevor der Streifenwagen vorbeigefahren, und weniger als eine halbe Stunde, bevor Petersen heimgekommen war. Der absonderliche Körpergeruch hing noch im Raum, wie der Gestank von Müll.
    Bis jetzt hatte ich keine Streifeneinheit gefunden, die sowohl an Brendas als auch an Loris oder Hennas Tatort zugegen gewesen war. Meine Enttäuschung raubte mir die Energie, die ich benötigte, um weiterzusuchen.
    Ich machte eine Pause, als ich hörte, daß die Haustür aufging. Bertha und Lucy kamen heim. Sie erzählten mir ausführlich ihre Erlebnisse, und ich versuchte, so gut es ging, zu lächeln und zuzuhören. Lucy war erschöpft. "Ich habe Bauchweh", klagte sie.
    "Kein Wunder", warf Bertha ein. "Ich habe dir gesagt, du sollst nicht diesen ganzen Müll essen. Zuckerwatte, Maisfladen ..." Sie schüttelte den Kopf.
    Ich fütterte Lucy mit Hühnerbrühe und steckte sie ins Bett. Als ich in mein Arbeitszimmer zurückkam, streifte ich mir unwillig den Kopfhörer wieder über. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    "911."
    "911."
    Immer und immer wieder ertönte es in meinem Kopf. Kurz nach zehn Uhr war ich so müde, daß ich kaum mehr klar denken konnte. Ich spulte lustlos ein Band zurück, auf der Suche nach dem Anruf, der eingetroffen war, nachdem Patty Lewis' Leiche gefunden worden war. Während ich zuhörte, glitten meine Augen über die Seiten des Computerausdrucks, die ausgebreitet auf meinem Schoß lagen. Was ich sah, ergab keinen Sinn.
    Cecile Tylers Adresse stand in der Mitte der Seite und war auf den 12. Mai, einundzwanzig Uhr dreiundzwanzig, datiert. Das konnte nicht stimmen. Sie war am 31. Mai ermordet worden. Ihre Adresse dürfte nicht auf diesem Teil des Ausdrucks stehen. Sie dürfte nicht auf diesem Band sein!
    Ich spulte vor und hielt alle paar
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