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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland
Autoren: Arto Paasilinna
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Hochzeitsgäste begrüßte, eine fast neunzigjährige rüstige Alte. Sie sagte, dass zwar in Russland schwierige Zeiten herrschten und es an allem mangelte, sogar am Essen, doch an diesem Festtag sollte es an nichts fehlen. Das ganze Dorf hatte sich beteiligt, nur das Beste wurde geboten. Und in der Tat, es gab die unglaublichsten Delikatessen.
    Als Vorspeisen wurden die verschiedensten Pasteten aufgetragen, ferner Stör in Aspik, Ochsenzunge, Schin-ken, ganze gefüllte Schweinsköpfe, Kohlrouladen sowie gesalzene oder geschmorte Pilze. Salate gab es Dutzende verschiedener Sorten, unter anderem mit Fleisch und mit Pilzen.
    Und dann die Suppen! Suppe aus roten Rüben, Kür-bismilchsuppe, Fisch- und Fleischsoljanka, Okroschka (Rinderfilet, Rettich und Kartoffeln), Rassolnik (eine Fleischsuppe mit Kartoffeln und Rüben), Hirsesuppe und Pelmenis und Kartoffeln in Fleischbrühe.
    Die Hochzeitsgäste ließen es sich schmecken. Sie fan-den, dass die Zeiten zwar von Jahr zu Jahr schlechter wurden und es in den Geschäften kaum noch etwas zu kaufen gab, dass man lange anstehen musste, um für seine paar Rubel überhaupt etwas zu kriegen, und doch – hier hatte man alles in Hülle und Fülle.
    Als Hauptgerichte gab es Hasen, auf die verschiedens-te Weise zubereitet: mit saurer Sahne im Ofen gebraten, in Semmelmehl in der Pfanne geröstet oder geschmort und mit Äpfeln gefüllt. Ebenso Gans mit Äpfeln gefüllt und im Tontopf gegart. Ferner Ente in saurer Sahne, Ente mit Preiselbeeren und Äpfeln gefüllt, Hühnerfrikas-see oder Backhähnchen, Aalraupenfilet im Teigmantel, Zander im Ofen gebacken, sibirischen Stör, Baikal-dorsch, gefüllten Sterlett in Sahnesoße, gebratene Karp-fen, im Ofen gebackene Karauschen sowie Hechte und geröstete Maränen aus dem Jenissei. Und natürlich Pelmeni, Sauerkohlauflauf, Rouladen und Koteletts.
    Zwischendurch traten die alten Männer beiseite, um zu rauchen, manche benutzten noch Machorka. Sie unterhielten sich über die harten Kriegszeiten, in denen sie an vielen Fronten gekämpft hatten. Einige von ihnen hatten auch Erfahrungen mit dem finnischen Winter-krieg gemacht, und zwar dahingehend, dass dort viele Soldaten erfroren waren, dem Rest hatten die Finnen eine Kugel in den Schädel gejagt. Ein ganzes Bataillon war aus der Gegend an der finnischen Front gewesen, heimgekehrt war nur eine knappe Kompanie. Was nun die Braut betraf, da waren sich die alten Männer einig, dass sie ein schmuckes Mädchen war, kaum zu glau-ben, dass sie mit den finnischen Killern verwandt war.
    Das Hochzeitsmahl zog sich fast den ganzen Tag hin, es dauerte länger als sechs Stunden. Gegen Mittag wurden Fleischgerichte aufgetragen, Beefsteaks, Leber, Klopse, ganze Ferkel mit einem Apfel in der Schnauze, Kalbsbrust in saurer Sahne, in Honig eingelegter Rin-derbraten, Rinderroulade mit Zwiebelsoße oder Pilzsoße – und schließlich noch Schweinebraten in Senfsoße, Schinken mit Möhren und Knoblauch gefüllt oder im Ofen mit Äpfeln geschmort, außerdem zahlreiche weitere Schmorgerichte. Das Gespräch der Frauen drehte sich um die aktuelle Entwicklung. Wenn es in Russland in diesem Stil weiterginge, so fanden sie, würde in abseh-barer Zeit eine furchtbare Hungersnot herrschen. Hätte Igor seine Braut zwei Jahre später nach Hermantowsk gebracht, hätte man ein solches Hochzeitsmahl nicht mehr zustande gebracht, garantiert nicht.
    Es wäre kein russisches Festmahl gewesen, wenn nicht auch Dutzende verschiedener Blinis und Piroggen angeboten worden wären. Als die Reihe an den Nach-tisch kam, wurden die Gäste mit Apfelplätzchen, Klein-gebäck, süßen Piroggen und Honigkuchen bewirtet. Zu trinken gab es Preiselbeersaft, Moosbeerensaft, Mineral-wasser, Schaumwein, Bier und Wodka.
    Lucia fand die Hochzeit prachtvoll, eigentlich hatte es sich schon allein wegen dieses Festmahls gelohnt zu heiraten. Die Harmonika spielte, die fröhlichen und gesättigten Menschen tanzten. Igor war ganz in seinem Element, und zum Abschluss der Mahlzeit führte er Emilia auf den Festplatz. Der Elefant zeigte sein ganzes Repertoire, das mit einem flotten Trepak endete. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt, sämtliche zwei-tausend Gäste begannen zu tanzen, und die Feier ende-te erst in den frühen Morgenstunden. Lucia und Igor gingen ins Haus der Schwiegermutter, wo zumindest Igor nicht mehr die Freuden der Hochzeitsnacht genie-ßen konnte, denn der arme Kerl hatte so gründlich gefeiert, dass er sofort einschlief, als er im Bett
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