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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Autoren: Frode Grytten
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der Schulden. Die Polizei klärte ihn darüber auf, dass vorliegenden Informationen zufolge, von weitaus größeren Beträgen die Rede sei als dem Gehalt, das Lunde an der Tankstelle vermutlich erhielt. Lunde erwiderte, sein Vater habe ihm einen Kredit gewährt. Außerdem habe er an der Börse spekuliert, er habe eine amerikanische Firma ausfindig gemacht, die Handy-Komponenten für den privaten Markt herstelle. Niemand sonst habe dieser Aktie vertraut, aber er habe damit gutes Geld verdient. Mobiltelefone waren die Zukunft.
    Die Polizei verhörte Grace Mikkelsen Lunde und Christian Christiansen, sie verhörte Arvids Vater, sie bestellte eine Reihe anderer Zeugen ein. Sie checkte Alibis, organisierte eine Gegenüberstellung mit Augenzeugen. Sie durchsuchte die Wohnung in der Inkognitogate, in die Arvid nun wieder eingezogen war, aber sie fand weder das erbeutete Geld noch die Reagan-Maske. Die Polizeiakte Lunde wurde immer dicker, sie wuchs zu fünf Akten an, zu zehn, zu zwanzig, der Fall Lunde nahm auf den Schreibtischen, in den Regalen, in den Laboratorien, im internen Überstundenplan immer mehr Platz ein. Acht Männer arbeiteten an dem Fall, zehn Männer, zwölf, dreizehn, vierzehn. Doch was von allem einem Beweis am nächsten kam, war das Ausleihprotokoll der Deichmanske Bibliothek. In der Zeit zwischen April und Juni 1989 soll Arvid Lunde folgende Bücher ausgeliehen haben: Michael Crichton: The Great Train Robbery [Jonathan Cape Ltd., London 1975], George V. Higgins: Die Freunde von Eddie Coyle [Goldmann, München 1989], David Brown: Bank Robbery for Beginners [Penguin Modern Classics, London 1979], William Dillow: Where The Money Is [W. W. Northon Publishers, New York 1984], Gordon Reader: The Bank Job [Little Brown, Los Angeles 1949] und eine Kurzgeschichtensammlung von Dashiell Hammett von 1981.
    Irgendwann musste die Polizei Arvid Lunde dennoch ziehen lassen. Er war wieder ein freier Mann. Was habe ich gesagt?, rief Trygve Mathissen im Schmelzer , als wir davon erfuhren. Unschuldig! Er ist einfach nicht der Typ dazu! Andere meinten, Lunde sei nur unschuldig, weil er noch nicht verurteilt worden war, das sei aber etwas völlig anderes, als unschuldig zu sein, sah man von den Formalitäten ab, war der Mann in allen Punkten schuldig. Lunde war die Systematik in Person, das hatte er gezeigt, als er in Odda wohnte und sich in der Bibliothek Kenntnisse in internationaler Wirtschaft aneignete. Jetzt hatte er in der Deichmanske Bibliothek Sachbücher ausgeliehen und Kenntnisse im Bankraub erworben, er hatte sich alles angelesen, wie man es vermied, Spuren und Beweisstücke zu hinterlassen, er hatte Recherchen betrieben, um den perfekten Zeitpunkt für einen Bankraub zu ermitteln, er hatte herausgefunden, wo man am besten eine Bank überfiel und wie man unerkannt entkam. Die Polizei hatte der VG gegenüber verlauten lassen, man habe es mit einem ungewöhnlich schlauen Bankräuber zu tun, er habe beispielsweise nie ein Auto benutzt, um den Tatort zu verlassen. Die Polizei wollte nur ungern Zahlen herausgeben, aber erwiesen war es, dass achtzig Prozent aller Bankräuber der Welt aufgrund des verwendeten Fluchtautos gefasst wurden. Arvid Lunde musste davon gelesen haben. Er war ein listiger Kerl, der auf Schusters Rappen vertraute, er legte den Hin- und Rückweg zu Fuß zurück, das war genial, wer konnte einen Mann schon anhand seines Laufstils überführen?
    Tja, die Brüder Bjånesøy aus Odda!
    Am Tag von Arvid Lundes Verhaftung stellte man ihnen die Frage: Hatten sie der Polizei einen Wink gegeben? Die Brüder stritten das entschieden ab, es habe ihnen viel zu viel Spaß gemacht, die Entwicklung des Serienräubers zu verfolgen. Sie waren sogar ein wenig verärgert, dass Arvid Lunde verhaftet worden war, sie wünschten mehr Action, mehr Überfälle. Während Arvid Lunde in Untersuchungshaft saß, wurden im Königreich Norwegen keine weiteren Banküberfälle verübt. Dieser Umstand ließ es noch wahrscheinlicher erscheinen, dass Arvid Lunde der Schuldige war. Aber alle in Odda waren sich einig, dass man einen Mann nicht auf so dürftiger Grundlage verurteilen konnte, das wäre ja noch schöner, dann könnte ja jeder hinter Schloss und Riegel landen. Trygve Mathissen ließ sich nicht beirren, jeden Abend verhandelte er im Schmelzer Lundes Fall, er war immer noch der Meinung, die Polizei hätte den falschen Mann geschnappt; wenn Lunde so ein schlauer Bankräuber wäre, wie alle behaupteten, warum hatte er dann in der
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