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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Autoren: Frode Grytten
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Verfolgung aufnehmen. Jetzt hatte Räuber-Ronald also erneut zugeschlagen. Das Besondere war, dass es zum ersten Mal in seiner Karriere eine Aufnahme von ihm gab. Bisher hatte der Mann Bankfilialen mit Überwachungskameras gemieden, aber nun bekamen wir den Räuber zu sehen, wie er mit einem Kapuzenpullover und der Reagan-Maske vorm Gesicht am Schalter stand. Jetzt passt gut auf!, rief Bjånesøy, er und sein Bruder hatten den Beitrag schon in den früheren Nachrichten im anderen Programm gesehen. Seht genau hin! Eine Überwachungskamera hatte Ronald eingefangen, wie er die Bankfiliale verließ und den Hegdehaugsvei hinunterrannte. Ein paar Sekunden lang sahen wir Ronald in Zeitlupe rennen. Seht ihr denn nicht, wer das ist?, rief Bjånesøy. Wir zuckten mit den Schultern, das hier konnte jeder sein, oder nicht? Ein Mann mit Reagan-Maske. Ein Mann, der mit 200 000 im Sack davonrannte. Der eine Bjånesøy machte eine resignierte Armbewegung: Seht ihr wirklich nicht, wer das ist?

Lange behielten wir alle Spekulationen für uns, außerhalb vom Schmelzer diskutierten wir den Fall so gut wie nicht, wir waren ja nicht sicher, wie sollten wir auch sicher sein? Trygve Mathissen meinte, wir sollten vorsichtig damit sein, ein Gerücht in die Welt zu setzen, wir hatten Arvid Lunde schon einmal abgestempelt, damals hatte sich alles als eine reine Erfindung herausgestellt. Das Gerücht sickerte trotzdem durch, so ist das mit Gerüchten, man kann sie nicht kontrollieren. Doch das Einzige, was wir in der Hand hatten, waren die Analysen der Bjånesøy-Brüder im Hinblick auf den Laufstil des Mannes, den sie im Fernsehen gesehen hatten. Die Brüder erörterten die Schwebephase, die Landephase wie auch die Absprungphase des Räubers. Dies waren nicht die Schritte eines Anfängers, stellten sie fest, das hier war ein Mann, der viele Jahre lang trainiert hatte, der viel und weit gelaufen war, der das Laufen zu einem Teil seiner täglichen Routine gemacht hatte. Wir anderen meinten, dieses Geschwätz hätte in einem Gerichtssaal keine zehn Sekunden Bestand, auch wenn die Brüder der Meinung waren, dass sowohl die Fuß- als auch die Armbewegungen stark an Arvid Lundes Bewegungen erinnerten. Die Brüder waren tatsächlich zusammen mit Lunde gelaufen. Als der Kerl noch in Odda gewohnt hatte, war er überraschend in den Sportverein Korlevoll eingetreten. Er hatte 1984 sogar die 13. Etappe des Holmenkollenstaffellaufs bestritten. Es war die Etappe vom Arno Bergs Plass bis zum Camilla Colletts Vei, etwas mehr als ein Kilometer auf Asphalt, und die Bjånesøy-Brüder erinnerten sich noch daran, dass Lunde gut gelaufen war, er hatte für die Etappe ca. vier Minuten benötigt. Sie fanden außerdem, dass der linke Fuß des Räubers eine Überpronation aufwies, genau wie Arvid Lundes linker Fuß in ihrer Erinnerung an einer Überpronation litt. He?, fragte die Valiumwalze. Überpronation? Die Bjånesøy-Brüder erklärten, dass es um die natürliche Belastung des Fußes ging, bei einer Überpronation wurde der Fuß übermäßig auf der Innenseite belastet. Eine Überpronation für alle!, verlangte die Valiumwalze. Ich schmeiße eine Runde!
    Die meisten waren der Ansicht, es könne unmöglich Arvid Lunde sein. Er war ein hochgebildeter Mann, Sozialdemokrat, zum Norweger des Jahres nominiert. Konnte man sich den Norweger des Jahres als Bankräuber vorstellen? Aber er hat doch gar nicht gewonnen!, protestierte Ziegen-Jesus. Jaklardoch meinte, Arvid Lunde hätte wohl kaum den Mumm, eine Bank zu betreten, eine Pistole zu zücken und eine Menge Geld zu verlangen. Dazu war er nicht der Typ. Was für ein Typ war er dann?, wollten die Brüder Bjånesøy wissen. Na ja, Bankräuber kommen aus schlechten Familien, sagte Jaklardoch, das sind beschädigte Kinder, die im Erwachsenenalter asozial werden. Odda-Elvis meinte, es müsse Arvid Lunde sein, alles stimme. Der Mann sei Millionär gewesen und habe am süßen Leben Gefallen gefunden. Nun war ihm dieses Leben genommen worden, und er wollte es zurückhaben. Er hatte keine Lust mehr auf ein normales Leben, mit dem wir anderen uns begnügen mussten.
    Arvid Lunde gehörte zu denen, die man nie richtig zu fassen bekam, wer war der wahre Arvid Lunde ? Henry Larsen hatte in der Aftenposten gelesen, wie man kriminell wurde. Der Schlüssel dazu war ein Protein, das Serotonin durch den Körper transportierte. Hatte man zu wenig Serotonin im Gehirn, geriet man aus der Spur, dann schlug man Leute zusammen, schoss wild um
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