Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein Earl mit Mut und Leidenschaft

Titel: Ein Earl mit Mut und Leidenschaft
Autoren: Julia Quinn
Vom Netzwerk:
zischte Ramsgate.
    Der Arzt fuhr zusammen, vor Überraschung und dann noch einmal vor Schreck, als Ramsgate durch den Raum marschiert kam. Unmittelbar vor Daniel blieb der Marquess stehen. „Sie werden für das bezahlen, was Sie meinem Sohn angetan haben. Selbst wenn er es überlebt, ist er am Ende. Sein Bein ist kaputt, sein ganzes Leben ist ruiniert.“
    Daniel wurde immer unwohler zumute. Ihm war klar, dass Ramsgate überfordert war, dazu hatte er auch allen Anlass. Aber seine Reaktion ging darüber weit hinaus. Der Marquess wirkte völlig außer sich, fast wie besessen.
    „Wenn er stirbt“, schrie Ramsgate, „wandern Sie an den Galgen. Und wenn er nicht stirbt, wenn Sie dem Gesetz irgendwie entkommen können, werde ich Sie töten.“
    Sie standen jetzt so dicht voreinander, dass Daniel die Speicheltropfen abbekam, die Ramsgate mit jedem Wort versprühte. Und als Daniel in die glitzernden grünen Augen des älteren Mannes blickte, wusste er, was es hieß, nackte Angst zu verspüren.
    Lord Ramsgate würde ihn umbringen. Es war nur eine Frage der Zeit.
    „Sir“, begann Daniel, denn irgendetwas musste er ja von sich geben. Er konnte dass alles nicht einfach schweigend hinnehmen. „Ich muss Ihnen sagen ...“
    „Nein, ich sage Ihnen etwas“, schnauzte Ramsgate ihn an. „Mir ist gleich, wer Sie sind oder welchen Titel Ihr gottverlassener Vater Ihnen vererbt hat. Sie werden sterben. Haben Sie mich verstanden?“
    „Ich glaube, wir sollten aufbrechen“, mischte Marcus sich ein. Er schob einen Arm zwischen die beiden Männer und vergrößerte den Abstand zwischen ihnen. „Doktor“, sagte er und nickte dem Arzt zu, während er Daniel an ihm vorbeiführte. „Lord Ramsgate.“
    „Ihre Tage sind gezählt, Winstead“, sagte Lord Ramsgate. „Beziehungsweise Ihre Stunden.“
    „Mylord“, sagte Daniel noch einmal in dem Versuch, dem älteren Mann Respekt zu erweisen. Er wollte doch alles in Ordnung bringen. Er musste alles dafür tun. „Ich möchte, dass Sie wissen ...“
    „Sprechen Sie nicht mit mir“, unterbrach Ramsgate ihn. „Nichts, was Sie sagen, könnte Sie jetzt noch retten. Es gibt keinen Ort, an dem Sie vor mir sicher sein werden.“
    „Wenn Sie ihn töten, enden Sie ebenfalls am Galgen“, gab Marcus zu bedenken. „Und wenn Hugh überlebt, wird er Sie brauchen.“
    Ramsgate betrachtete Marcus, als wäre er ein Idiot. „Sie meinen, ich würde mir selbst die Hände schmutzig machen? Eine solche Aufgabe lässt sich ganz leicht übertragen. Ein Leben ist nicht viel wert.“ Er nickte zu Daniel hinüber. „Ihn töten zu lassen, wird nicht viel kosten.“
    „Ich sollte langsam aufbrechen“, sagte der Arzt. Und entfloh. „Denken Sie daran, Winstead“, meinte Lord Ramsgate und warf Daniel einen giftigen, abschätzigen Blick zu. „Sie können weglaufen, Sie können versuchen, sich zu verstecken, doch meine Männer werden Sie finden. Und da Sie sie nicht kennen, werden Sie Ihr Ende auch nicht kommen sehen.“
    Diese Worte verfolgten Daniel die nächsten drei Jahre. Von England nach Frankreich, von Frankreich nach Preußen, von Preußen nach Italien. Er hörte sie im Traum, im Rauschen der Bäume und in jedem Schritt, der hinter ihm ertönte. Er gewöhnte sich daran, immer mit dem Rücken zur Wand zu stehen, niemandem zu trauen, nicht einmal den Frauen, mit denen er sich hin und wieder vergnügte. Und er akzeptierte die Tatsache, dass er nie wieder einen Fuß auf englischen Boden setzen oder seine Familie Wiedersehen würde, bis zu seiner Überraschung eines Tages Hugh in einem kleinen italienischen Dorf auf ihn zugehinkt kam.
    Er wusste, dass Hugh überlebt hatte. Ab und zu hatte Daniel Briefe von zu Hause erhalten. Aber er hatte nicht erwartet, ihn wiederzusehen, vor allem nicht hier, wo die Mittelmeersonne heiß auf den alten Marktplatz hinabbrannte und die Arrivedercis und Buon giornos durch die Luft hallten.
    „Ich habe dich gefunden“, sagte Hugh. Er gab ihm die Hand. „Tut mir leid.“
    Und dann sagte er die Worte, von denen Daniel geglaubt hatte, er würde sie nie hören:
    „Du kannst jetzt nach Hause kommen. Versprochen.“

1. Kapitel
    Für eine Dame, die sich die letzten acht Jahre darum bemüht hatte, nicht aufzufallen, befand sich Anne Wynter in einer recht misslichen Lage.
    In etwa einer Minute war es so weit: Sie musste auf einer behelfsmäßigen Bühne erscheinen, vor mindestens achtzig Mitgliedern der Creme de la Crème der Londoner Gesellschaft knicksen, sich ans Pianoforte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher