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Ein dunkler Ort

Ein dunkler Ort

Titel: Ein dunkler Ort
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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die Seiten in den Kamin. Sie wurden sofort schwarz und wellten sich. Madame stieß einen Wutschrei aus und stürzte sich auf die Feuerzange, aber Jules stellte sich ihr in den Weg.
    »Zu spät, Mutter. Siehst du das denn nicht? Das Experiment ist gescheitert. Diese Mädchen werden sich nicht fügen. Lass sie gehen. Ich fahre mit ihnen von hier weg. Es wird nichts bringen, sie festzuhalten. Das funktioniert nicht.«
    Die Seiten von Ruths Notizbuch gingen knisternd in Flammen auf und dabei stieg ein gequälter Wutschrei auf, der die Wände erzittern ließ. Die Stimme wurde lauter, eine andere fiel ein, dann noch eine, bis ein hasserfüllter Chor den ganzen Raum füllte.
    Plötzlich, wie von einer unsichtbaren Hand angehoben, stiegen die brennenden Seiten aus dem Kamin auf und flogen mitten in den Raum, wo ein Schauer aus brennenden Fetzen niederging. Instinktiv riss Kit die Arme hoch, um ihr Gesicht zu schützen, als die tödlichen Geschosse an ihr vorbei sausten. Vor Schmerz schrie sie auf, als eines ihren Arm streifte. Um sie herum hörte sie Keuchen und Schreie, und als sie die Arme senkte, sah sie zu ihrem Entsetzen, dass die Gardinen am Fenster in Brand geraten waren. Große orangefarbene Flammen fraßen sich gierig durch den dicken Stoff und innerhalb kürzester Zeit griffen sie auf das Sofa und den Sessel über.
    »Jetzt seht nur, was ihr getan habt. Ihr verfluchten Mädchen habt den Bogen überspannt und sie verärgert!« Madame ging durch den Raum. »Ich rufe die Feuerwehr.«
    »Das kannst du nicht!« Jules hielt sie mit ausgestrecktem Arm auf. »Das Telefon ist doch kaputt. Unsere einzige Chance ist, ins Dorf zu fahren und Hilfe zu holen. Gib mir den Schlüssel zum Tor.«
    »Ich weiß, was du vorhast! Du willst die Mädchen mitnehmen!«
    »Selbstverständlich«, sagte Jules. »Aber du hast keine Wahl, Mutter. Dieses alte Haus ist die absolute Feuerfalle! Es ist uralt. Das Holz ist trocken. Nichts hält die Flammen auf.«
    »Verflucht sollt ihr sein, alle miteinander!« Madame funkelte sie hilflos an. Dann stieß sie die Hand mit einer ruckartigen Bewegung in die Rocktasche und holte ein Schlüsselbund hervor. »Hier, der große quadratische ist es. Beeil dich, Jules! Los, los! Wenn sie nicht bald kommen, ist es zu spät.«
    »Ich mache so schnell ich kann«, sagte Jules. »Und nun kommt, raus hier!«
    Er riss die Salontür auf und führte sie durch die dunkle Eingangshalle zur Haustür. Einen Augenblick später standen sie draußen und spürten den tosenden Wind in den Gesichtern, eisiger Regen prasselte auf sie nieder.
    »Wir gehen in meine Wohnung«, rief Professor Farley. »Die ist nicht mit dem Haus verbunden. Solange der Wind nicht dreht, passiert uns dort nichts.« Er ging über den Rasen.
    Madames schwarze Gestalt folgt ihm mit Lucretia im Schlepptau, und Jules nahm Kits Arm und schubste sie Richtung Auffahrt.
    »Du wartest hier mit den anderen Mädchen. Ich hole das Auto.«
    »Wir kommen hier weg!«, sagte Sandy zwischen Lachen und Weinen. »Ist das zu glauben, Kit? Wir kommen tatsächlich hier weg! Morgen früh sind wir schon auf dem Weg nach Hause, und wenn wir uns an Blackwood erinnern, wird uns alles vorkommen wie ein böser Traum!«
    »Vom Dorf aus rufe ich meine Eltern an«, sagte Ruth. »Die buchen einen Flug für mich. Ich kann den Bus zur nächsten Stadt mit einem Flughafen nehmen.«
    »Nach Hause«, sagte Kit. »Klingt himmlisch.«
    Und dann blieb ihr das Herz stehen. Sie drehte sich um und starrte auf das Haus, in dem es hinter den Fenstern im Erdgeschoss lichterloh brannte. Und während sie zusah, erschien plötzlich eine bösartige rote Feuerzunge, die an der Ecke entlang zu einem Fenster im ersten Stock hinaufleckte.
    »Sandy! Ruth!« Entsetzen lag in ihrer Stimme. »Wir haben Lynda vergessen!«

NEUNZEHN
    »Lynda!« Verblüfft wieder holte Sandy den Namen. »Oh, nein. In all der Aufregung haben wir nicht mehr an sie gedacht.«
    »Du wartest hier«, sagte Kit, »und du sagst Jules, wo wir hingegangen sind. Ruth und ich holen sie.«
    »Lass mich da raus«, sagte Ruth nur. »Ich hab nicht vor, Selbstmord zu begehen. Siehst du, wie das Feuer schon um sich gegriffen hat? Lyndas Zimmer liegt gleich um die Ecke, fast direkt über dem Salon.«
    »Du meinst doch wohl nicht, dass wir sie einfach zurücklassen sollen?« Kit war fassungslos. »Sie wird bei lebendigem Leib verbrennen.«
    »Und was glaubst du denn, was mit uns passiert, wenn wir da wieder reingehen und sie holen?« Ruth schüttelte
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