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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief
Autoren: Eloisa James
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ungerechtfertigter Gereiztheit. »Was tun Sie normalerweise in so einer Situation?«
    »Ich warte, bis sie aufhört«, sagte Darby verbindlich. »Da dieses meine erste – und letzte – Reise mit Kindern ist, beschränkt sich meine Erfahrung auf die letzten drei Tage.«
    Nun hob Henrietta die Stimme. »Wollen Sie damit andeuten, dass Josie dieses Verhalten erst auf der Reise zeigte?«
    »Tatsächlich hat mir das Kindermädchen berichtet, dass Josie ein solches Verhalten regelmäßig an den Tag legt. Hinzu kam Anabels schwacher Magen. Das Kindermädchen fühlte sich folglich außerstande, seinen Verpflichtungen weiterhin nachzukommen, und ich muss sagen, ich kann das gut verstehen.«
    »Das Kind scheint mir in einer Agonie der Trauer gefangen zu sein«, bemerkte Henrietta, während sie Josie beobachtete, die auf dem Boden lag und blindlings um sich trat. Eine Woge des Mitleids überrollte sie, dennoch ging ihr das Geschrei zunehmend auf die Nerven.
    Offensichtlich war Josies Benehmen unmittelbar auf die Vernachlässigung durch den Vater zurückzuführen. »Vielleicht sollten Sie weniger Wert auf den Zustand Ihrer Kleidung als auf den Zustand Ihrer Tochter legen«, schlug sie vor und schielte auf Darbys Samtaufschläge.
    Er kniff die Augen zusammen. »Wenn ich meine Kleidung in Limpley Stokes kaufen würde, könnte ich vielleicht dieser Ansicht sein.«
    »Anabel kaut an Ihrem Halstuch«, sagte Henrietta ein wenig hämisch und machte ihn damit auf die jüngere Tochter aufmerksam.
    Ein Ausdruck abgrundtiefen Entsetzens glitt über sein Gesicht. Offenkundig hatte er gar nicht bemerkt, dass die Kleine aufgewacht war und nun behaglich das Gesichtchen an seinem gestärkten Halstuch rieb. Er riss es ihr aus dem Mund, doch das Tuch hatte bereits sämtliche Stärke eingebüßt und hing schlaff an seinem Hals. Ein paar Schmutzstreifen zierten den feinen Stoff.
    »Wie schrecklich«, flötete Henrietta mit lieblicher Stimme.
    »Ich habe diesen Anzug bereits dem Teufel überschrieben«, sagte er kühl und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Ich kann Ihnen nur raten, mit Ihrem Kleid dasselbe zu tun.«
    Henrietta öffnete bereits den Mund, um diesen Londoner Dandy für seine Häme zu schelten, doch nun wurden Josies Schreie so lästig, dass sie sie keinen Augenblick länger ignorieren konnte.
    Sie ignorierte den stechenden Schmerz in ihrer Hüfte, beugte sich herab, nahm Josie fest am Handgelenk und zog das kleine Mädchen auf die Beine. Die Kleine kreischte unbeirrt weiter, klang wie eine misstönende Blechflöte. Henrietta hielt sie einen Moment fest, doch der Lärm hielt unvermindert an.
    »Josie«, befahl sie schließlich. »Hör sofort mit dem Geschrei auf!«
    »Tu ich nicht!«, brüllte das Kind. »Ich geh nicht ins Kinderzimmer! Ich will kein Brot und Wasser! Ich gehe nicht mit dem Schankmädchen! Ich bin eine arme mutterlose Waise!«
    Der Vortrag war so flüssig, dass er oft geübt worden sein musste. Sie wirbelte herum und versetzte ihrem Vater einen Tritt vor das Schienbein. Es war ein recht fester Tritt, doch sein Zusammenzucken mochte auch darauf zurückzuführen sein, dass nun ein Kratzer auf seinem Stiefel sichtbar war.
    »Jetzt reicht es aber mit diesem Unsinn!«, rief Henrietta.
    Josies Schreie nahmen an Intensität zu. Henrietta spürte, dass es sich mit ihrer Wut ebenso verhielt.
    Sie beugte sich herab, sah Josie fest in die Augen und drohte: »Wenn du nicht sofort still bist, werde ich etwas sehr Unerfreuliches tun.«
    »Das wagen Sie nicht!«, schrie das kleine Mädchen aus vollem Halse. »Ich bin eine …«
    »Sei ruhig «, mahnte Henrietta so bedrohlich, wie sie konnte.
    Josie versuchte, sich loszureißen, und schaffte es, Henrietta das Handgelenk zu verdrehen. Dies war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ohne Josies Handgelenk loszulassen, schnappte sich Henrietta das Wasserglas, das Gyfford ihr serviert hatte, und leerte seinen Inhalt über dem Kopf des Mädchens aus.
    Ein fast komisch anmutender Augenblick der Stille trat ein, in dem nur die schnorchelnden Atemzüge Anabels zu vernehmen waren, die friedlich auf dem väterlichen Arm eingeschlafen war.
    Josephine starrte mit offenem Mund zu Henrietta hoch, während das Wasser aus ihren Haaren tropfte.
    Darby brach in Gelächter aus. »Nun, das hat gewirkt. Lady Henrietta, meinen Glückwunsch! Ich habe Sie wirklich unterschätzt. Ich hatte Sie doch tatsächlich als zimperlich abgeschrieben.«
    Henrietta dachte, ihr würde das Herz in die Schuhe
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