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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Autoren: Henry Slesar
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Versuch nicht durchführen, Mr. Wedge.«
    Sein Plädoyer war das kürzeste seiner ganzen Laufbahn.
    »Ich glaube es auf Grund eines Versuches, den ich nicht durchführen durfte. Dieser Junge wusste, dass das Ergebnis dieses Versuchs ihn verdammen konnte, und dennoch war er mit der Durchführung einverstanden. Kein schuldiger Mensch hätte dies erlaubt; kein unschuldiger Mensch hätte anders gehandelt.«
    Die Geschworenen brauchten nicht einmal eine volle
    Stunde. Als sie zurückkehrten, erklärten sie, dass Benjamin Blesker unschuldig sei.
    Vernon erhielt Erlaubnis, sich in einer der angrenzenden Kammern mit seinem Klienten zu besprechen. Es war keine Siegesfeier. Der Junge war wie betäubt, und das Glück auf dem Gesicht des alten Blesker wirkte eher wie Sorge. Als der Anwalt den Raum betrat, erhob Blesker sich unsicher und streckte ihm die Hand entgegen.
    »Gott segne Sie«, flüsterte er, »segne Sie für alles, was Sie getan haben.«
    »Ich bin nicht gekommen, um Glückwünsche entgegenzunehmen«, sagte Vernon kühl. »Ich wollte Sie beide aus einem anderen Grunde sprechen.«
    Es erschien der Gerichtsdiener, der den Becher auf den Tisch stellte. Als er das Zimmer verlassen hatte, zog Vernon das Messer aus der Tasche und legte es neben den Becher. Der alte Mann ergriff es und betrachtete die Waffe, als hätte er sie noch nie gesehen.
    »Wickers hatte recht«, sagte Vernon leise. »Was ich vorhin machte, war nichts anderes als Theater. Ich wollte die Demonstration gar nicht durchführen; vielmehr rechnete ich damit, dass die Anklagevertretung sie verhindern würde.«
    »Sie wollten es gar nicht tun?« fragte Blecker bestürzt. »Sie wollten den Versuch gar nicht machen?«
    »Ich hätte einen Fachmann, und zwar einen richtigen wie Doc Hagerty, mitbringen können. Aber dieses Risiko wollte ich nicht eingehen; wenn dieses Zeug sich dann rötlich verfärbt hätte...« Er betrachtete den Becher und runzelte die Stirn. »Nein«, sagte er. »Das Risiko war viel zu groß. Hätte Wickers mitgespielt, wäre ich gezwungen gewesen, den Versuch durchzuführen. Ich rechnete jedoch fest damit, dass er Einspruch erheben würde, und das genügte, um die Geschworenen entsprechend zu beeinflussen. Zum Glück geschah es auch.«
    Blesker stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Aber jetzt müssen wir doch noch eines tun«, sagte Vernon. »Damit jeder von uns zufriedengestellt ist.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Vernon blickte den Jungen an. Benjy wollte ihn nicht ansehen.
    »Ich kenne die Wahrheit immer noch nicht«, sagte der Anwalt. »Ich kenne sie nicht, und Sie kennen sie auch nicht. Benjy weiß Bescheid.«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst! Sie haben vorhin selbst gesagt...«
    »Kümmern Sie sich nicht um das, was ich vorhin gesagt habe. Es gibt für uns nur eine Möglichkeit, Mr. Blesker, die Wahrheit zu erfahren.«
    Er streckte seine Hand aus.
    »Geben Sie mir das Messer, Mr. Blesker. Wir werden jetzt den Versuch durchführen, den der Richter nicht zulassen wollte. Um unsertwillen.«
    »Aber warum?« rief der alte Mann. »Was ändert sich denn schon?«
    »Ich muss es endlich genau wissen! Selbst wenn Sie darauf keinen Wert legen, Mr. Blesker – ich möchte es wissen! Geben Sie mir das Messer.«,
    Blesker betrachtete das Messer. Nachdenklich berührte er die kühle Klinge.
    »Natürlich«, sagte er.
    Dann zog er die Klinge langsam und entschlossen über seinen Handrücken. Die scharfe Schneide drang tief hinein. Wie ein roter Fluß quoll das Blut aus dem Schnitt und befleckte nicht nur seine Hand, sondern auch Manschette, Ärmel und Tischoberfläche. Betrübt, völlig gleichgültig, betrachtete er die Verletzung und reichte dann das Messer, dessen Klinge mit Blut verschmiert war, dem Anwalt.
    »Führen Sie Ihren Versuch durch«, sagte er verträumt. »Führen Sie jetzt ruhig Ihren Versuch durch, Mr. Wedge.«
    Und während Vernon ihn anstarrte, zog er ein zerdrücktes Taschentuch aus der Tasche und wickelte es um seine verletzte Hand. Dann ergriff er den Arm seines Sohnes, und gemeinsam verließen sie das Zimmer.

Freundin gesucht!
    E s war nicht Friede, den Maude Sheridan mit der Welt geschlossen hatte, als sie fünfunddreißig Jahre alt geworden und immer noch unverheiratet war; es war eher ein Waffenstillstand. Er enthielt nur wenige, dafür allerdings strenge Bedingungen. Sie verlangte einen gewissen Grad finanzieller Geborgenheit, angemessene Gesundheit und ihre Stellung als Sekretärin von Dr. Ernest Cowper, einem der bekannteren
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