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Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte

Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte

Titel: Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte
Autoren: Chantelle Shaw
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würde.
    „Vielleicht hast du mich ja gesehen, aber dich nicht an mich erinnert“, meinte sie schnippisch. Es nagte an ihr, dass er sie im Restaurant nicht erkannt hatte.
    „Oh, ich erinnere mich an dich, Gina“, sagte er leise. „Obwohl ich heute Abend nicht gleich darauf gekommen bin. Du hast dich sehr verändert. Vor allem deine Frisur ist anders als vor zehn Jahren.“
    „Erinnere mich nicht daran“, stöhnte sie auf. Damals hatte sie sich eine Dauerwelle machen lassen, in der Überzeugung, sie würde dadurch älter und schicker wirken. Durch die Dauerwelle jedoch war ihr Haar zu einer unzähmbaren drahtigen Mähne geworden, und anstatt sexy und erfahren auszusehen, hatte sie eher an einen übergewichtigen Pudel erinnert, denn zu allem Unglück hatte sie auch noch einige Pfunde zu viel gehabt. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wieso ich dir überhaupt aufgefallen bin.“
    Nein, sie war ihm nicht aufgefallen. Zuerst zumindest nicht. Lanzo war damals zur Restauranteröffnung gekommen, und Gina war schlicht eine der Angestellten gewesen, eine Aushilfskellnerin, die einsprang, wenn viel Betrieb war.
    Sie war ein schüchternes, unauffälliges junges Ding gewesen, hatte dazu die aufreibende Angewohnheit gehabt, ständig den Kopf gesenkt zu halten, wenn man mit ihr sprach. Bis er eines Abends so frustriert von ihrer intensiven Musterung des Teppichbodens war, dass er an ihr Kinn fasste und es anhob – und in die blausten Augen schaute, die er je gesehen hatte.
    Die unscheinbare Aushilfskellnerin war also keineswegs so reizlos, wie er verblüfft feststellte. Sie hatte makellose Pfirsichhaut und einen Mund, der zum Küssen geschaffen war. Von da an nahm er sie öfter wahr, und häufiger ertappte er sie dabei, wie sie ihn anstarrte. Allerdings lief sie dann jedes Mal puterrot an und wandte hastig den Blick ab.
    Jener Sommer vor zehn Jahren war eine düstere Zeit für Lanzo gewesen. Alfredo war im Frühjahr gestorben, der Mann, der ein zweiter Vater für Lanzo gewesen war und sein Schwiegervater geworden wäre, hätte das Schicksal fünf Jahre zuvor nicht so grausam zugeschlagen. Damals war ein Feuer in der Di-Cosimo-Villa ausgebrochen, bei dem Lanzos Eltern und seine Verlobte ums Leben kamen.
    Lanzos Eltern und der Witwer Alfredo waren entzückt über die Ankündigung gewesen, dass Cristina und er heiraten wollten, dann jedoch ereignete sich eine Woche vor der Hochzeit die Tragödie.
    Jetzt schlug das vertraute Schuldgefühl wieder über Lanzo zusammen. Er hätte nicht auf diese Geschäftsreise nach Schweden gehen sollen. Cristina hatte ihn angefleht, nicht zu fahren, hatte gedrängt, dass sie unbedingt miteinander reden mussten. Doch die Eröffnung von ihrer Schwangerschaft hatte ihn derart schockiert, dass er Abstand brauchte. Sie hatten doch abgemacht, mindestens fünf Jahre zu warten, bevor sie eine Familie gründeten …
    Er war noch so jung gewesen, erst zwanzig, und fest entschlossen, seinen Vater stolz auf sich zu machen, indem er mehr und mehr Verantwortung bei Di Cosimo Holdings übernahm. Doch das war keine zulässige Rechtfertigung. Seine mangelnde Begeisterung über das Baby hatte Cristina verletzt. Aber er hatte Zeit für sich allein gebraucht, um sich mit der Vorstellung anzufreunden, demnächst Vater zu werden, also hatte er Cristinas Tränen ignoriert und war nach Schweden geflogen.
    Es dauerte keine vierundzwanzig Stunden, und ihm wurde klar, dass er sich wie ein Idiot benahm. Er liebte Cristina, und natürlich würde er auch das Baby lieben. Direkt nach dem Meeting flog er wieder zurück, um Cristina zu überzeugen, dass er sich auf das Baby freute.
    Doch er kam zu spät. Ein gebrochener Alfredo holte ihn ab und überbrachte die schrecklichen Neuigkeiten. Bis heute konnte Lanzo sich nicht vergeben, dass er Cristina allein gelassen hatte, als sie ihn am nötigsten brauchte. Und dass sie in dem Bewusstsein gestorben war, er würde ihr gemeinsames Kind nicht wollen.
    Alfredo kam nie über den Tod der einzigen Tochter hinweg. Für Lanzo, der mit zwanzig den Platz an der Spitze von Di Cosimo Holdings einnahm, wurde er Vaterfigur und Ratgeber. Der Tod des Älteren nur fünf Jahre später traf Lanzo schwer. Er ging mit dem Verlust um, wie er vorher auch mit dem Verlust der Eltern und dem Cristinas umgegangen war: Er verbarg den Schmerz tief in seinem Herzen.
    Die Neueröffnung des Restaurants in Dorset bot ihm die Gelegenheit, Italien und die düsteren Erinnerungen eine Zeit lang hinter sich zu
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