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Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte

Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte

Titel: Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte
Autoren: Chantelle Shaw
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ihm an den Kopf geworfen hatte. Ihr war immer klar gewesen, dass sie eine alleinerziehende Mutter sein würde, also konnte sie auch mit dem Selbstmitleid aufhören und sich auf das Wesentliche konzentrieren.
    Erst am Abend wachte Gina wieder auf. Sie fühlte sich völlig erschlagen. Glücklicherweise verbot die Schwester ihr das Laufen und schob sie stattdessen mit dem Rollstuhl zur Frühchenstation.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, Lanzo noch hier zu begegnen. Er saß vor dem Brutkasten, den Blick unentwegt auf das Baby gerichtet, und trug dieselben Sachen wie heute Morgen. Gina überkam eine Ahnung, dass er die ganze Zeit über hier gewesen war, während sie geschlafen hatte. Als die Schwester sie mit dem Rollstuhl neben seinen Stuhl stellte, sah er sie mit einem Ausdruck in den Augen an, den Gina nicht deuten konnte. Sie wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte, und ihm schien es genauso zu gehen.
    Sein Blick fiel auf die Broschüre mit Vornamen, die sie in der Hand hielt. „Ich hätte gedacht, dass du dir längst einige Namen überlegt hättest.“
    „Sie passten alle nicht zu ihr.“ Ginas Herz floss über, als das winzige Baby ausgiebig gähnte. „Wir können sie nicht ständig ‚Kind‘ oder ‚Baby‘ nennen.“
    „Was hältst du von ‚Andria‘?“, schlug Lanzo vor und zögerte. „Es bedeutet Liebe und Freude.“
    Sie warf ihm einen fragenden Blick zu, doch er schaute unablässig auf seine Tochter. Gina steckte die Hand in den Inkubator und streichelte sacht über das schwarze Haar des Kindes. „Andria … das ist perfekt.“ Jetzt zögerte sie. „Wie hieß deine Mutter?“
    „Rosa.“
    „Oh, das war Nonna Ginevras zweiter Name.“
    Ihre Blicke trafen sich für einen Moment.
    „Willkommen auf der Welt, Andria Rosa“, sagte Lanzo bewegt und legte in dem Brutkasten seine Hand auf Ginas.
    Ginas Herz machte einen kleinen Hüpfer. Sie verstand nicht, wieso er noch hier war, er hatte doch so darauf beharrt, dem Kind kein Vater sein zu können. Sollte er etwa seine Meinung geändert haben? Sie wagte es nicht, ihn zu fragen, doch hier saßen sie, gemeinsam in friedlicher Stille bei ihrer neugeborenen Tochter.
    Die Krankenschwester hatte recht behalten, Andria Rosa war eine Kämpferin. Mit jedem Tag wurde sie kräftiger – und ihr Schreien lauter. Gina machte es nichts aus, im Gegenteil. Die laute Stimme ihrer Tochter erfüllte sie mit Glück und Dankbarkeit für ihr Wunderbaby.
    Zehn Tage nach der Geburt konnte Gina entlassen werden. Ohne ihre Tochter in das Apartment zurückzukehren, trieb ihr die Tränen in die Augen, aber Lanzo fuhr jeden Tag mit ihr in die Klinik und blieb bei ihr und dem Baby, das jetzt nicht länger an all die Schläuche angeschlossen war und bereits gestillt werden konnte.
    Schließlich sprach Gina an, was sie schon seit Tagen beschäftigte. „Du musst doch genug zu tun haben, du brauchst nicht ständig hier zu sein. Du hast sehr deutlich gemacht, dass du kein Vater sein willst.“
    Ein Muskel zuckte in seiner Wange. Lange schaute er auf seine Tochter hinunter, die friedlich in seinem Arm schlief, bevor er sprach. „Ich war ehrlich überzeugt, dass ich keine Kinder haben wollte. Aber du hattest recht, ich war ein Feigling“, gestand er gepresst. „Ich lebte mein Leben nur nach meinen eigenen Vorstellungen, weigerte mich, irgendjemanden an mich heranzulassen … weil es so leichter und unkomplizierter war. Es bestand kein Risiko, verletzt zu werden. Dann wurdest du mit meinem Kind schwanger und nanntest es ein Wunder. Ich dagegen war wütend, wollte nicht teilhaben am Leben des Kindes, sondern nur die finanzielle Verantwortung übernehmen. Und dann kam Andria auf die Welt.“ Er atmete geräuschvoll aus. „Dieses winzige Bündel Mensch kämpfte so hart um sein Leben. Ich hatte Angst, dass du zusammenbrechen würdest, sollte sie den Kampf verlieren. Ich wollte dich beschützen.“
    Lanzo traf auf ihren verwirrten Blick und bat stumm mit den Augen um ihr Verständnis. „Du hast mich beschämt“, fuhr er fort. „Dir war klar, dass sie vielleicht nicht überleben würde, doch deshalb hast du sie nicht weniger geliebt, sondern nur noch mehr. Du hast keine Angst, dein Herz zu verlieren. Dein Mut hat mir Demut und Bewunderung abverlangt, cara .“
    Er hatte ihr noch so viel zu sagen, doch die Jahre des Schweigens, die Jahre, in denen er seine Gefühle verdrängt und tief in sich vergraben hatte, machten es ihm schwer, auszudrücken, was er in seinem Herzen empfand.
    Sie
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