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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll
Autoren: Jacques Berndorf
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heiseren Stimme? Logisch war: Er musste als Erster von Natalies Tod erfahren haben. War es der Mörder selbst? Aus irgendeinem Grund gefiel mir die Vorstellung nicht. Aber weiter: Wahrscheinlich war, dass er sie gesehen hatte. Und zwar an Ort und Stelle auf der wilden Müllkippe. Wenn das so war, stammte er dann aus Mannebach oder Bereborn oder Retterath? War er jemand, der Natalie beim Spaziergang gefunden hatte? Wohl kaum, denn dann hätte er der Polizei gesagt, er werde am Fundort warten. Er musste ein Mensch sein, der auf die eine oder andere Weise verstrickt war. Aber in was verstrickt? Er schien erstaunlich viel zu wissen. Das deutete darauf hin, dass er hier in der Gegend zu Hause war. Selbstverständlich konnte er ein ernst zu nehmender Informant sein, aber sein Stil, die Anrufe bei mir, waren eher ein Zeichen, dass er sich wichtig machen wollte. Wie alt mochte er sein? Dreißig, vierzig? Schlecht zu entscheiden. Tatsache war, dass diesem Mann eine Schlüsselrolle zukam. Die Ermittler sollten von seinen Anrufen bei mir wissen.
    Ich rief die Kriminalwache in Wittlich an und verlangte jemanden von der Mordkommission: »Am liebsten Kischkewitz.«
    »Der ist noch draußen.«
    »Dann rufe ich ihn über Handy an.«
    »Kollege?«
    »Und wie«, log ich.
    Tatsächlich erreichte ich ihn und er war schlecht gelaunt. Er war ein alter Freund und Kumpel von Rodenstock und gegen mich hatte er auch nichts einzuwenden, soviel ich wusste. Doch wer kann schon in den Chef einer Mordkommission hineinsehen?
    »Ja, Kischkewitz hier.«
    »Baumeister. Bevor du zu schimpfen anfängst, hör erst einmal zu. In dem Spiel spielt eine Stimme mit...«
    »Ja, ja, ich weiß schon. Hoch und heiser.«
    »Richtig. Der Mann muss etwas wissen. Vielleicht war er der Erste am Tatort. Er sagte ungefähr Folgendes:...« Ich erklärte es ihm.
    »Danke«, seufzte Kischkewitz. »Meine Güte, ich habe hier eine Pressemeute auf dem Hals, gegen die ich keine Chance habe. Die lassen mir einfach keine Ruhe.«
    »Beantworte mir noch eine Frage: Was ist mit den Fässern?«
    »Zwei sind unterwegs ins Labor. Mach es gut, Baumeister.«
    Es war jetzt fast ein Uhr, der Mond eine schmale Sichel und es war empfindlich kühl geworden. Unten am Briefkasten an der Straße trafen sich die Katzen der Nachbarschaft und fauchten zum Gotterbarmen, wahrscheinlich waren meine beiden dabei und versuchten, eine Hauptrolle zu spielen. Das versuchten sie immer.
    Kurz vor drei rollte Emmas Volvo auf meinen Hof. Ich freute mich.
    »Hi, Großer«, sagte sie leise, als sie in der Haustür stand. Sie war schmal geworden, viel zu schmal.
    »Ich finde dein Haus zum Sterben weitaus besser als unsere Wohnung an der Mosel.«
    »Du wirst nicht sterben«, sagte ich und musste schlucken. »Kommt nicht infrage. Tretet ein. Ihr kriegt das Gästezimmer, wie immer. Oben unterm Dach schläft Vera ihren Rausch aus. Sie hat sich furchtbar betrunken. Wollt ihr etwas zu trinken? Tee? Kaffee?«
    »Hast du Sekt da?« Emma lächelte mit blutleeren Lippen. »Sekt wäre gut. Und kann ich deinen Bademantel haben, ich habe meinen vergessen?«
    »Sicher.«
    »Ich trage mal die Koffer hoch«, sagte Rodenstock gepresst. »Entschuldige, dass wir so spät kommen, aber Emma wollte noch nach Hause, um ein paar Sachen einzupacken.«
    »Die Hauptsache ist, ihr seid hier. Ich gehe Sekt suchen.«
    Ich fand zwei Flaschen, die von irgendeiner Festivität übrig geblieben waren. Ich hatte Schwierigkeiten, mein Wohnzimmer zu betreten – Emma und Rodenstock hockten in ihren Sesseln und sahen so aus, als hätten sie nicht das Geringste miteinander zu tun. Völlig verkrampft und mit einer Welt beschäftigt, von der sie niemandem berichten wollten.
    »Ihr seid sicher müde.«
    »Nein«, entgegnete Emma. »Eher im Gegenteil. Ich bin putzmunter. Rodenstock war der Meinung, es sei nicht gut, dich zu behelligen.«
    Rodenstock sagte nichts, saß da mit steinernem Gesicht, hatte so etwas wie den abwesenden Fernblick.
    »Ich finde es gut, dass ihr hier seid«, sagte ich und öffnete die Sektflasche.
    »Hast du wieder was mit dieser Vera?« Emma grinste.
    »Nein. Mir geht es im Moment ohne Frau ganz gut. Natürlich springe ich ein, falls eine deiner Verwandten auftaucht und versorgt sein will.«
    Rodenstock gluckste, sagte aber kein Wort.
    »Ich hätte da zwei oder drei Anwärterinnen«, lächelte sie. »Erzähl mir von diesen jugendlichen Toten.«
    Ich blickte zu Rodenstock, ich erwartete, er würde protestieren. Aber er schaute mich
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