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Ehrensache

Titel: Ehrensache
Autoren: Ian Rankin
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nicht weit von Rebus' Wohnung gelegen,
kam er nur selten in diesen Teil der Stadt. Und wenn überhaupt, dann dienstlich. Nur
dienstlich.
Ah, da war es ja, Suey Books. Und diesmal schien die Buchhandlung endlich mal geöffnet zu haben.
Trotz der Frühjahrssonne brannte drinnen das Licht. Es war ein winziger Laden. Das Schaufenster
war lieblos gestaltet mit alten Folianten, die sich größtenteils mit Schottland befassten. Eine
riesige schwarze Katze hatte es sich mitten in der Auslage bequem gemacht und blinzelte träge,
aber irgendwie bösartig zu Rebus hinauf. Das Fenster hätte dringend geputzt werden müssen. Man
konnte die Titel der Bücher nicht erkennen, ohne die Nase gegen die Scheibe zu drücken, doch das
wurde durch ein altes schwarzes Fahrrad erschwert, das am Schaufenster lehnte. Rebus stieß die
Tür auf. Das Innere des Ladens war noch schmutziger als das Äußere. Direkt hinter der Tür lag
eine borstige Fußmatte, und Rebus nahm sich vor, sich die Schuhe abzutreten, bevor er wieder auf
die Straße ging...
Die Regale, von denen einige mit Glasscheiben versehen waren, waren gnadenlos voll gestopft. Es
roch wie in den Häusern alter Verwandter, wie auf Dachböden und unter den Deckeln alter
Schulpulte. Die Gänge zwischen den Regalen waren schmal. Kaum genug Platz, um einer Katze in den
Hintern... Irgendwo hinter ihm war ein dumpfes Plumpsen zu hören, und er befürchtete schon, dass
ein Buch heruntergefallen war. Aber als er sich umdrehte, sah er, dass die Katze das Geräusch
verursacht hatte. Sie machte einen Bogen um ihn und lief auf den Schreibtisch zu, der am anderen
Ende des Ladens stand, ein Schreibtisch, über dem eine nackte Glühbirne baumelte.
»Suchen Sie was Bestimmtes?«
Sie saß an dem Schreibtisch, vor ihr ein Stapel Bücher. In einer Hand hielt sie einen Bleistift
und schrieb damit anscheinend Preise auf die Rückseite der Buchdeckel. Von weitem wirkte das
Ganze wie eine Szene aus Dickens.
Doch aus der Nähe ergab sich ein ganz anderer Eindruck.
Das Mädchen war noch im Teenageralter und hatte sich die kurzen stacheligen Haare mit Henna
gefärbt. Die Augen hinter der runden, getönten Brille waren ebenfalls rund und dunkel. In jedem
Ohr trug sie drei Ohrringe, und ein weiterer steckte an ihrem linken Nasenflügel. Rebus war
sicher, dass sie einen bleich aussehenden Freund hatte mit dünnen Rastalocken und einem Whippet,
den er an einem Stück Wäscheleine spazieren führte.
»Ich möchte den Inhaber sprechen«, sagte er.
»Der ist nicht da. Kann ich Ihnen helfen?«
Rebus zuckte die Schultern, den Blick auf die Katze gerichtet. Sie war lautlos auf den
Schreibtisch gesprungen und strich nun um die Bücher herum. Das Mädchen hielt den Bleistift in
ihre Richtung, und die Katze rieb sich das Kinn an der Spitze.
»Inspector Rebus«, sagte Rebus. »Ich bin auf der Suche nach einigen gestohlenen Büchern und würde
gern wissen, ob irgendjemand versucht hat, sie Ihnen zu verkaufen.«
»Haben Sie eine Liste?«
Die hatte Rebus. Er zog sie aus seiner Jackentasche und reichte sie dem Mädchen. »Die können Sie
behalten«, sagte er. »Nur für alle Fälle.«
Sie überflog die getippte Liste mit Titeln und Angaben zu den Ausgaben und kräuselte die
Lippen.
»Ich glaube nicht, dass Ronald sich die leisten könnte, auch wenn die Versuchung noch so groß
wäre.«
»Ronald ist der Inhaber?«
»Genau. Wo wurden sie gestohlen?«
»Gleich hier um die Ecke am Buccleuch Place.«
»Gleich um die Ecke? Dann würden die sie ja wohl kaum hierher bringen, oder?«
Rebus lächelte. »Das stimmt«, sagte er, »aber wir müssen alles überprüfen.«
»Ich werd die hier jedenfalls mal behalten«, sagte sie und faltete die Liste. Als sie sie in eine
Schreibtischschublade legte, streckte Rebus die Hand aus, um die Katze zu streicheln.
Blitzschnell fuhr eine Pfote hoch und erwischte ihn am Handgelenk. Er atmete laut hörbar ein und
zog die Hand zurück.
»Rasputin hat's nicht so mit Fremden«, sagte das Mädchen.
»Das hab ich gemerkt.« Rebus betrachtete sein Handgelenk. Die Krallen hatten lange Kratzer
hinterlassen, drei Stück. Sie schwollen bereits zu weißlichen Wülsten an, die an einigen Stellen
aufplatzten. Blutstropfen traten hervor. »Verflucht«, schimpfte er, saugte an dem verletzten
Handgelenk und starrte Rasputin wütend an. Die Katze starrte wütend zurück. Dann sprang sie vom
Schreibtisch und war verschwunden.
»Alles in Ordnung?«
»Geht so. Sie sollten das Vieh an die
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