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Ehrensache

Titel: Ehrensache
Autoren: Ian Rankin
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gepflegter Häuser, die der Universität gehörten
und diverse Institute beherbergten. Der Professor nannte sie Botany Bay, wie die australische
Strafkolonie im 19. Jahrhundert. Auf der anderen Seite der Straße ragten weitaus hässlichere
Gebäude auf, die modernen Steinmausoleen des zentralen Universitätskomplexes. Wenn diese Seite
der Straße Botany Bay war, dann hätte Rebus gegen einen Abtransport dorthin nichts
einzuwenden.
Er überließ den Professor seinen tiefgründigen Grübeleien. Handelte es sich um einen zufälligen
Diebstahl, oder war alles geplant gewesen? Hatte der Dieb die Bücher im Auftrag von
irgendjemandem gestohlen? Es mochte durchaus skrupellose Sammler geben, die bereit wären - ohne
irgendwelche Fragen zu stellen -, für einen frühen Tristram Shandy reichlich zu zahlen.
Auch wenn er die Namen der Autoren schon mal gehört hatte, war das der einzige Titel gewesen, mit
dem Rebus etwas anfangen konnte. Er besaß selbst eine Taschenbuchausgabe von diesem Roman, die er
auf einem Flohmarkt auf The Meadows für zehn Pence erstanden hatte. Vielleicht wollte der
Professor sich die ja von ihm ausleihen...
So hatte der Fall mit den gestohlenen Büchern für Inspector John Rebus begonnen. Die Kollegen
hatten bereits alle möglichen Nachforschungen angestellt, wie die Aufzeichnungen zu dem Fall
zeigten. Nun gut, er würde eben noch einmal von vorn anfangen. Es gab zahlreiche Auktionshäuser,
Buchhandlungen und private Sammler...
und mit allen musste geredet werden. Und das alles nur, um der merkwürdigen Freundschaft zwischen
einem Chief Superintendent von der Polizei und einem Professor für Theologie Genüge zu tun. Reine
Zeitverschwendung natürlich. Die Bücher waren vergangenen Dienstag verschwunden. Heute war
Samstag, und sie befanden sich zweifellos längst in irgendeinem dunklen, geheimen Winkel fest
unter Verschluss.
Was für eine Art, den Samstag zu verbringen. Doch wenn Rebus das zu seinem Privatvergnügen getan
hätte, wäre es für ihn sogar ein ganz schöner Nachmittag gewesen.
Vielleicht war dies der Grund, weshalb er sich nicht vor der Aufgabe gedrückt hatte, denn Rebus
sammelte Bücher. Nun ja, das stimmte nicht so ganz. Er kaufte Bücher. Kaufte mehr davon,
als er je Zeit hatte zu lesen - mal verlockt vom Einband oder vom Titel oder von der Tatsache,
dass er irgendwas Positives über den Autor gehört hatte. Nein, wenn er es genau bedachte, war es
sogar ganz gut, dass er dienstlich unterwegs war, andernfalls hätte er sich in kürzester Zeit
finanziell ruiniert.
Außerdem verschwendete er im Augenblick keinen Gedanken an Bücher. Seine Gedanken kreisten immer
wieder um den Abgeordneten. War Gregor Jack verheiratet? Rebus glaubte, ja. War die Hochzeit
nicht vor einigen Jahren eines der ganz großen gesellschaftlichen Ereignisse gewesen? Nun waren
verheiratete Männer für Prostituierte das tägliche Brot. Sie verschlangen sie geradezu. Schade
jedoch um Jack. Rebus hatte immer Respekt für den Mann empfunden, was bedeutete, wenn er genau
darüber nachdachte, dass er auf Jacks öffentliches Image hereingefallen war. Aber es war doch
nicht alles Image, oder? Jack stammte schließlich tatsächlich aus einer Arbeiterfamilie, hatte
sich seinen Weg nach oben hart erkämpft und war ein guter Abgeordneter. North and South
Esk war eine schwierige Region, teils Bergarbeiterdörfer, teils edle Landsitze. Jack schien sich
mühelos zwischen diesen beiden Hemisphären hin und her zu bewegen. Ihm war es gelungen, Planungen
für eine hässliche neue Straße umzuschmeißen und sie ein gutes Stück weiter weg von seinen
betuchten Wählern bauen zu lassen. Aber er hatte auch hart dafür gekämpft, neue
Hightech-Industrie in die Region zu bringen und Umschulungskurse für die Bergarbeiter
einzurichten, damit sie den neuen Jobs auch gewachsen waren.
Zu schön, um wahr zu sein. Zu verdammt schön, um wahr zu sein.
Buchhandlungen. Er musste sich auf Buchhandlungen konzentrieren. Es waren nur noch wenige zu
überprüfen, nämlich die, die zuvor geschlossen gewesen waren.
Eigentlich reine Beinarbeit, eine Aufgabe, die er an jüngere Kollegen hätte weitergeben sollen.
Aber dann hätte er sich verpflichtet gefühlt, alles noch mal zu überprüfen, was sie gemacht
hatten. Auf diese Weise ersparte er sich einigen Kummer.
Buccleuch Street war eine merkwürdige Mischung aus schmuddeligen Trödelläden und freundlichen
vegetarischen Imbissstuben. Eine Studentengegend. Obwohl
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