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Ehrensache

Titel: Ehrensache
Autoren: Ian Rankin
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keine. Okay, wie gehen wir jetzt vor?«
»Checken wir erst mal die Situation beim Haus, und dann sehen wir weiter.«
»Na schön.«
Sie gingen hintereinander los. Nach etwa fünfzig Metern schaltete Rebus seine Lampe aus. Er
benötigte sie nicht mehr. Sämtliche Lichter in der Lodge und davor schienen zu leuchten. Kurz vor
der Lichtung blieben sie stehen und spähten vorsichtig aus ihrer dürftigen Deckung. Der Saab
parkte vor der Haustür. Sein Kofferraum war geöffnet.
Rebus wandte sich an Moffat.
»Erinnern Sie sich, da gibt's eine Hintertür? Gehen Sie um das Haus herum und sichern Sie die
Tür.«
»In Ordnung.« Der Constable verließ den Weg und ging in den Wald, wo er schon bald nicht mehr zu
sehen war.
»Wir sehen uns jetzt erst mal den Wagen an, und dann werfen wir einen Blick durch die
Fenster.«
Knox nickte. Sie verließen ihre Deckung und schlichen Richtung Haus. Der Kofferraum war leer.
Auch auf dem Rücksitz des Wagens lag nichts. Im Wohnzimmer und im vorderen Schlafzimmer brannte
Licht, aber es war niemand zu sehen. Knox zeigte mit seiner Lampe auf die Tür. Er drehte den
Knauf. Die Tür öffnete sich einen Spalt. Er schob sie ein Stück weiter auf. Der Flur war leer.
Sie blieben einen Augenblick stehen und lauschten. Plötzlich brach ein wahnsinniger Lärm los,
Schlagzeug und Gitarrenakkorde. Knox sprang zurück. Rebus legte ihm beruhigend eine Hand auf die
Schulter, dann ging er wieder hinaus, um noch einmal durch das Wohnzimmerfenster zu schauen. Die
Stereoanlage. Er konnte die Leuchtdioden pulsieren sehen. Der Kassettenrecorder lief, vermutlich
auf automatische Wiederholung gestellt. Offenbar war das Band gerade zurückgespult worden, als
sie sich dem Haus näherten. Nun lief es wieder.
Frühe Stones. »Paint It Black.« Rebus nickte. »Er ist da drinnen«, murmelte er vor sich
hin. Mein heimliches Laster, Inspector. Eines von vielen. Jedenfalls bedeutete das,
dass er vielleicht das Auto nicht hatte kommen hören, und nun, wo die Musik wieder an war, hörte
er sie vielleicht noch nicht mal das Haus betreten.
Also traten sie ein. Da Moffat die Küche sicherte, lief Rebus sofort die Treppe hinauf. Knox
folgte ihm. Das hölzerne Geländer war mit einem feinen weißen Pulver bedeckt, ein Souvenir der
Spurensicherung von ihrer Suche nach Fingerabdrücken. Die Treppe hinauf... und auf den
Treppenabsatz. Was war das für ein Geruch? Was war das für ein Geruch?
»Benzin«, flüsterte Knox.
Ja, Benzin. Die Schlafzimmertür war geschlossen. Hier oben schien die Musik lauter als unten. Das
Dröhnen von Bass und Schlagzeug. Das Aufeinanderprallen von Gitarre und Sitar. Und diese unter
die Haut gehende Stimme.
Benzin.
Rebus holte aus und trat die Tür ein. Sie flog auf und blieb auch auf. Rebus versuchte, die
Situation zu erfassen.
Gregor Jack stand im Raum, und an einer Wand lehnte eine gefesselte und geknebelte Gestalt, das
Gesicht verquollen, die Stirn blutig. Ronald Steele. Geknebelt? Nein, eigentlich kein Knebel.
Sein Mund schien mit Papierfetzen vollgestopft zu sein, Fetzen, die aus den Sonntagszeitungen auf
dem Bett gerissen worden waren, mit all den Geschichten, die dank seiner Intrige begonnen hatten.
Jack hatte ihn sozusagen seine eigenen Worte fressen lassen.
Benzin.
Der Kanister lag leer auf der Seite. Im Zimmer stank es.
Steele schien durch und durch nass von dem Zeug zu sein, oder war es nur Schweiß? Und Gregor Jack
stand da, das Gesicht vor Schadenfreude verzogen, doch im nächsten Moment veränderte es sich,
nahm einen milderen und dann einen verschämten Ausdruck an. Scham und Schuldgefühle. Schuldig,
weil er sich hatte erwischen lassen.
All das erfasste Rebus in Sekundenschnelle. Doch Jack brauchte noch weniger Zeit, um das
Streichholz anzuzünden und es fallen zu lassen.
Der Teppich fing sofort Feuer, dann schoss Jack nach vorn, warf Rebus fast um und rannte an Knox
vorbei auf die Treppe zu. Die Flammen bewegten sich zu schnell. Zu schnell, um irgendwas dagegen
tun zu können. Rebus packte Steele an den Füßen und begann, ihn Richtung Tür zu zerren, ihn
notwendigerweise durch das Feuer zu zerren.
Wenn Steele tatsächlich mit Benzin übergossen worden war ... Keine Zeit, darüber nachzudenken.
Doch es war Schweiß, weiter nichts. Das Feuer züngelte an ihm, verschlang ihn aber nicht.
Draußen im Flur donnerte Knox bereits hinter Jack her die Treppe hinunter. Das Schlafzimmer war
mittlerweile ein einziges Inferno, das Bett wie eine Art Scheiterhaufen
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