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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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Hilfe holen?«
    Gilbert wies mit dem Daumen auf den Honda. Martin Heinzelmann hatte die Beifahrertür von innen geöffnet und zog Frau Quirrenberg vorsichtig heraus.
    »Aus dramaturgischen Gründen«, sagte Gilbert. »Ich habe beschlossen, dass es für diese beiden auch ein Happy End geben soll.«
    »Hab ich’s geschafft?«, nuschelte Frau Quirrenberg mit geschlossenen Augen.
    »Ich glaube, ihr fehlt nichts«, sagte Martin zu uns. »Sie hat nur zu viel Whisky intus.«
    »Wanntbrein«, verbesserte Frau Quirrenberg. »’s war ers’klassiger Breinwannt – hicks – Georgs teuerster Fusel.«
    »Man riecht’s«, murmelte ich.
    Frau Quirrenberg sah mit einem rührenden Augenaufschlag zu Martin hoch. »Ich hab’s ver – hicks, vermasselt, stimmt’s?«
    Martin Heinzelmann hob sie auf seine Arme. »Ja, das hast du Irmi. Gründlich vermasselt.« Zu uns sagte er: »Ich nehm sie mit. Danke, dass ihr mir Bescheid gesagt habt.«
    »Bitte, bitte, gern geschehen«, sagte Gilbert.
    »Wo gehste denn mit mir hin?«, fragte Frau Quirrenberg und hickste wieder laut.
    »So genau weiß ich das noch nicht«, sagte Martin. »Auf jeden Fall lass ich dich nie mehr allein.«
    Frau Quirrenberg legte ihren Kopf an seine Brust und ließ sich widerspruchslos eine Hausnummer weiterschleppen. Gilbert und ich folgten mit etwas Abstand.
    »Gott, wie romantisch«, flüsterte ich.
    »Ja, nicht wahr?« Gilbert rieb sich zufrieden die Hände. »Ich hab von Anfang an gesehen, dass die beiden ein prima Paar abgeben würden.«
    »Brauchst du noch was aus eurem Haus?«, fragte Martin, während er Frau Quirrenberg auf dem Beifahrersitz seines alten Opels absetzte. »Gibt es da irgendwas, woran du besonders hängst, Irmi? Ich hol’s dir.«
    Irmi schüttelte den Kopf.
    »Da gibt’s nichts«, sagte sie. »Gar nichts. Brenn die Bude ab – hicks!«
    »Ich kaufe dir lauter schöne neue Sachen.« Martin schloss die Beifahrertür behutsam. Mit den Füßen kickteer die Einzelteile der Standuhr aus dem Weg. Gilbert half ihm dabei.
    »Grüßt Carola von mir, wenn ihr sie seht«, sagte Martin. »Sagt ihr, dass ich das Meißner Porzellan dagelassen habe. Da, wo ich hingehe, kann ich es nicht gebrauchen.«
    »Machen wir«, sagte Gilbert.
    Frau Quirrenberg kurbelte das Fenster runter und streckte den Kopf heraus. »Fahren wir jetzt, Martin?«
    »Sofort.« Martin lud einen letzten Umzugskarton in den Kofferraum und schlug die Klappe zu.
    »Ihr könnt allen sagen, dass ich Irmi mitgenommen habe«, sagte er zu uns.
    »Und wohin?«, fragte ich neugierig.
    Frau Quirrenberg lehnte sich weit aus dem Fenster. »Ins – hicks – Land, wo die Zitronen blühn«, sagte sie.
    Martin lächelte. »Genau«, sagte er.

Epilog
    H
eute ist Claras Taufe. Kaum zu glauben, dass meine Tochter schon drei Monate alt ist – wenn die Zeit weiter so vorbeifliegt, dann muss ich ihr bald eine Schultüte besorgen!
    In der Nacht hat es geregnet, aber jetzt scheint die Sonne, und alles sieht aus wie frisch gewaschen. Auch das Graffiti, das bis gestern an der Kirchenwand prangte, ist verschwunden.
    » Auf Kutte reimt sich Nutte «, hat dort in meterhohen Buchstaben gestanden, und der arme Herr Hagen hat sicher lange gebraucht, um es herunterzuschrubben.
    »Geschieht ihm recht«, hat meine Mutter gesagt. Sie ist der Meinung, dass die Familie Hagen nachts mit Farbdosen durch die Gegend schleicht und die Gemeinheiten höchstselbst an die Mauern sprayt. Wir haben glücklicherweise keinen Ärger mehr mit ihnen, obwohl wir einen starkwüchsigen Gingko direkt auf die Grenze gepflanzt haben. Man grüßt sich höflich, geht sich ansonsten aber aus dem Weg. Rüdiger Hagen frisiert seine Motorräder jetzt nie mehr außerhalb der gesetzlich festgelegten Ruhezeiten, und Christel übt nur noch bei geschlossenem Fenster auf ihrer Posaune. Diese Dinge haben natürlich ihren Preis: In diesem Jahr mussten wirsowohl auf die voll biologisch angebauten Erdbeeren als auch auf die besonders fruchthaltige Himbeermarmelade der Hagens verzichten, und das wird wohl auch in den nächsten Jahren so bleiben.
    Die Sonne scheint durch die Kirchenfenster und zaubert bunte Sprenkel auf die Gesichter der Gottesdienstbesucher. Es sind die üblichen Konfirmanden und treuen Senioren, dazu die Familie Hagen, der Kirchenchor in voller Besetzung und Frau Klein samt Hund. Außerdem sind Tante Ella und Tante Patti gekommen, auch Onkel Harry und Cousin Philipp fehlen nicht, das tun sie nie, wenn es irgendwo umsonst Kaffee und Kuchen
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