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EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

Titel: EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Autoren: Margret Rasfeld , Peter Spiegel
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Instandhaltung und Reparatur der erzeugten Produkte das Unternehmen teurer zu stehen kommen als ihre Herstellung. So eine Firma wäre im Handumdrehen pleite.
    Aber es ist noch viel schlimmer: In unseren Schulen werden ja keine Produkte hergestellt, sondern mit all dem, was Schüler dort lernen, mit den Erfahrungen, die sie dort machen, sollen sie das Wissen und die Fähigkeiten erwerben, die sie brauchen, um später ein sinnerfülltes, glückliches Leben zu gestalten. Dort sollen junge Menschen darauf vorbereitet werden, sich als kompetente, engagierte, teamfähige, verantwortungsbewusste, kreative und engagierte Menschen an der Gestaltung wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und politischer Entwicklungsprozesse zu beteiligen. Wie aber soll dazu jemand in der Lage sein, der bereits in der Schule seine Lust am eigenen Entdecken und Gestalten verloren hat?
    »Wonach die Zeit am sehnlichsten verlangt, das sind immer wieder die großen Individualitäten, die anders sind: denn immer ist mit ihnen die Zukunft gewesen. Wenn aber im Kinde die Individualität sich zeigt, wird sie verächtlich oder geringschätzig behandelt, womöglich, was für das Kind am schmerzlichsten ist – verlacht. Man geht mit ihnen um, als ob sie nichts Eigenes hätten, und entwertet ihnen die Reichtümer, aus denen sie leben, um ihnen dafür Gemeinplätze zu geben.« [1] So deutlich formulierte es Rilke bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
    Es wäre also an der Zeit, aufzuwachen und unsere Schulen in das umzuwandeln, was sie sein müssten: Werkstätten des Entdeckens und Gestaltens, Erfahrungsräume zur Entfaltung der in allen Kindern angelegten Potenziale, Begegnungsorte für das Von einander- und Miteinanderlernen, Basislager des Erlebens von gegenseitiger Achtung und Wertschätzung und des Gefühls, aneinander und miteinander über sich hinauswachsen zu können.
    »Wenn du einen Sumpf austrocknen willst, darfst du nicht die Frösche fragen«, so lautet ein bekanntes Sprichwort. Aber dass sich die dicksten Frösche in unseren eigenen Köpfen eingenistet haben, ist eine noch recht unbekannte und auch unbequeme Erkenntnis. Die Hirnforscher haben sie im Frontallappen lokalisiert. Es sind neuronale Netzwerke, die durch selbst gemachte oder von bedeutsamen Bezugspersonen übernommene Erfahrungen entstanden sind und sich zu Metaerfahrungen verdichtet haben, die wir innere Überzeugungen und Einstellungen nennen. Weil sie auch an Gefühle gekoppelt sind, kleben die meisten Menschen fester an ihren einmal ausgeformten Überzeugungen, als sie das zuzugeben bereit sind. Manche dieser erfahrungsabhängig ausgebildeten Einstellungen behindern die eigene Vorstellungskraft so sehr, dass es fast unmöglich ist, sich vorzustellen, dass Schulen auch anders sein könnten als so, wie es die betreffenden Eltern, Lehrer oder Kultusbeamten selbst erlebt haben.
    Wer von Schulpflicht redet und von hundertprozentiger Unterrichtsversorgung und wer meint, dass Schüler ohne Druck nichts lernen, kann nicht glauben, dass es Schulen geben könnte, in die die Schüler so gern gehen und in denen sie so viele stärkende eigene Erfahrungen machen, dass sie weinen, wenn Ferien sind. Solchen Schulverantwortlichen ist es unvorstellbar, dass Schulen ohne Schulklassen funktionieren können, ohne Lehrplan und ohne Unterrichtsstunden im 45-Minuten-Takt. Undenkbar ist es für all jene Erwachsenen, die an den negativen Erfahrungen ihrer eigenen Schulzeit noch immer leiden, dass Schüler weder Angst vor Lehrern noch vor Lernkontrollen haben, dass sich die Schüler dort in altersgemischten Lerngruppen Themen und Inhalte selbst erarbeiten und dabei mehr voneinander lernen als von ihren Lehrern. Solche Schulen würden nicht mehr wie Betonklötze aussehen, und die Schüler würden ihre wichtigsten Lernerfahrungen auch nicht im Schulgebäude, sondern draußen im richtigen Leben, in der Natur, in den Stadtteilen und den Gemeinden, in den benachbarten Betrieben machen.
    Stattdessen beharren diese Eltern, Lehrer und Kultusbeamten darauf, dass Intelligenz angeboren sei und es begabte und unbegabte Kinder gebe, dass Schule ohne Leistungsdruck und Selektion nicht die gewünschten Ergebnisse bringe, dass nur solche Schüler später »Leistungsträger« würden, die diese Schulen und all das, was sie dort erleben, am besten aushielten. Und wenn jemand auf die Idee käme, andere Schulen einzufordern oder gar einzurichten, würden diese Personen auf die Barrikaden gehen oder eine breite
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