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EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

EduAction: Wir machen Schule (German Edition)

Titel: EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Autoren: Margret Rasfeld , Peter Spiegel
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sie nicht.« [3] Es fehle an der Fähigkeit zum presencing glaubt er. Darunter versteht er eine »neue Fähigkeit des Lernens …, das nicht auf der Reflexion der Vergangenheit basiert, sondern auf dem Erfühlen, Erspüren und dem In-die-Gegenwart-Bringen von zukünftigen Möglichkeiten.« [4]
    Heute tritt an die Stelle von Vorstellungen über Bildungsbürger, Pflichterfüller oder Ressourcen im Konkurrenzkampf zunehmend ein Menschenbild, bei dem der Mensch als einzigartiger Potenzialträger Würde erfährt und Wirksamkeit erlebt. Wir brauchen eine Transformation vom Machbarkeitswahn im Ego-System zum nachhaltigen Eco-System natürlicher Systeme. Wir brauchen Innovationen, um die Probleme zu lösen, unternehmerische Initiativen, die nicht neue Bedürfnisse herauskitzeln, sondern auf vorhandene Herausforderungen mit ökologischer, ökonomischer, künstlerischer Fantasie antworten. Doch woher sollen diese kommen? Innovationsgeist und Kreativität scheinen abhandengekommen zu sein.
Innovationsgeist und Kreativität sind uns deshalb abhandengekommen, weil die meisten Menschen die Schule mit ihrem heimlichen Lehrplan der Anpassung 10, 12 oder 13 Jahre lang durchlaufen haben.
     
    Wir sind überzeugt, dass ein zentraler Grund dafür im Bildungssystem liegt. Wir haben in der Bildung nicht nur ein quantitatives Problem (ca. 25 Prozent erreichen keine Ausbildungsreife), wir haben auch ein qualitatives Problem. Kreativität lebt von Begeis terung, und Begeisterung entsteht in Freiräumen offenen Denkens, wenn nicht alles vorherbestimmt ist, wenn man Träumen nach gehen darf. Kreativität braucht Raum zum Scheitern ohne Beurtei lung. Stattdessen herrscht im Schulsystem die totale Orientierung auf Leistung mit ständiger Bewertung. Selbst wer im bestehenden System der vorrangigen Wissensvermittlung vermeintlich erfolgreich ist, wird dadurch in der vollen Entfaltung der in ihm schlummernden Potenziale gedeckelt statt zur Exzellenz gebracht. Querdenken, Unternehmungsgeist, Risikobereitschaft, Handeln werden eher nicht gefördert. Wenn der Schulalltag geprägt ist durch eine Hierarchie von Fächern, zerstückelt in Häppchen, wenn Konformität höher bewertet wird als Heterogenität und Fragmentierung statt Interdisziplinarität das Lernen bestimmt, wenn Lehrer den Unterricht vorherplanen mit Arbeitsblättern, deren Lösung im Lehrerhandbuch steht, dann folgt das dem heimlichen Lehrplan: »Tu das, was dir aufgetragen wird«. Dann werden die Grundbedingungen für Innovation, nämlich Autonomie, Selbstdenken, Urteilskraft, Persönlichkeitsstärke, Mut, maximale Interdisziplinarität, nicht nur vernachlässigt, sondern sträflich unterlaufen. Denn so wird ein innovationsfeindlicher Erfüllergeist geprägt.
    Unsere Gesellschaft braucht aber immer weniger Pflichterfüller. Sie braucht vielmehr kreative Gestalter, autonome Denker, Menschen mit Verantwortung und Rückgrat. Deutschland braucht die Transformation zu einer Innovationskultur – und zwar auf breiter Basis, nicht hier und da ein Projekt. Denn das reicht nicht, um den Geist einer Gesellschaft zu wenden.
Es muss ein Aufbruch auf breiter Front her. Und jede und jeder wird dabei gebraucht.
     
    Eine Gesellschaft hat so viele Talente, wie sie finden will. Das Potenzial einer Gesellschaft ist das Ergebnis der Bereitschaft, die Potenziale, die in allen Menschen vorhanden sind, tatsächlich wahrzunehmen und ihnen Gelegenheiten zu geben, sich zu entfalten. Das Bildungssystem in Deutschland organisiert dagegen das planmäßige Scheitern. Die frühe Selektion impliziert und stabilisiert den Defizitblick, auf den Lehrer in unserem derzeitigen System hin ausgebildet werden und ausgerichtet sind. Das Dilemma: Defizitorientierung und Potenzialentfaltungskultur sind zwei unvereinbare Haltungen. Dazu kommen geringe Durchlässigkeit und hohe Abbrecherquoten. Deutschland ist Weltmeister in Chancenungleichheit sowie beim Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungsabschluss. Und obwohl wir zu den reichsten Ländern der OECD gehören, sind wir, was die Bildungsausgaben angeht, fast das Schlusslicht. Das sind Skandale. Zudem hält sich das System nur aufrecht mit 1,5 Milliarden Euro, die für privaten Nachhilfeunterricht jährlich aufgebracht werden. Für ein Unternehmen wäre das der Bankrott.
    Schüler und Lehrer werden im System zu Erfüllern von Stoff und Leistung, und das im Gleichschritt, bezogen auf fremdbestimmte, vorwiegend kognitive Erwartungen, die in standardisierten Prüfungen und
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