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Echte Vampire haben Kurven

Echte Vampire haben Kurven

Titel: Echte Vampire haben Kurven
Autoren: G Bartlett
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verfallenen Burg im hintersten Winkel der schottischen Highlands. Am A… der Welt ist noch milde ausgedrückt.
    Ich bin ein geselliger Mensch. Ich brauche Leute, bunte Lichter, Action. Also entwickelte ich meine schauspielerischen Fähigkeiten weiter und passte mich an. Wann immer jemand wegen meines stets gleichbleibend jugendlichen Aussehens Verdacht zu schöpfen begann, zog ich weiter. Im
Schnitt alle zehn Jahre. Das stört mich am meisten am Vampirdasein; dass man gezwungen ist, ein Nomadenleben zu führen. Es gibt zwar ein Vampir-Netzwerk, über das man sich problemlos eine neue Identität besorgen kann, aber das Gefühl, nirgendwo verwurzelt zu sein, macht mir zu schaffen.
    Diesmal war ich fast schon zu lange geblieben. Irgendwann konnte ich endgültig nicht mehr von Botox und Schönheitschirurgie faseln, um meinen sterblichen Freunden zu erklären, warum ich keine Krähenfüße bekam und mir die Schwerkraft so gar nichts anhaben konnte.
    Ich mag Sterbliche, aber ich habe auch unter den Vampiren viele Freunde. Mit den Jahren schließt man so einige Bekanntschaften. Ich erkenne am Körpergeruch, ob ich einen Vampir vor mir habe oder nicht. Nein, keine Ausdünstungen à la »dein Deodorant hat versagt«. Sterbliche nehmen den Geruch gar nicht wahr, aber wir verfügen über eine geschärfte Sinneswahrnehmung, vor allem, wenn es um das Erkennen der eigenen Spezies geht.
    Das findet ihr gruselig? Quatsch. Die meisten Vampire sind äußerst unterhaltsame Zeitgenossen. Richtige Partylöwen. Ihr fragt euch, wie jemand, der 1580 geboren wurde, so modern klingen kann? Wie gesagt, ich bin Schauspielerin, und außerdem süchtig nach den Serien von HBO. Ich sehe mir immer wieder gerne die Wiederholungen von Sex and the City an. Schon allein wegen der Schuhe. Wie dem auch sei, ich bin sehr anpassungsfähig. Das reinste Chamäleon. Zwei Minuten zuhören, und ich gehöre zur Clique dazu.
    Im Moment bin ich mal wieder auf dem Sprung. Zuletzt war ich in Las Vegas stationiert, wo ich ein Engagement als Tänzerin in einem kleinen Club abseits des berühmten Strip hatte. Ein echter Glücksfall. In meinem raffiniert geschnittenen Kleid, das meine Problemzonen geschickt kaschierte,
war ich dank meines wogenden Busens der Star der Revue. Mein Kelch fließt über, wenn ihr wisst, was ich meine. Als bekannt wurde, dass der Club geschlossen werden sollte, weil das Hotel einem Megacasino weichen musste, fand ich, es sei an der Zeit für einen Ortswechsel.
    Diesmal zog ich ostwärts. Austin. Jawohl, in Texas. Was man so hört, soll dort so richtig der Bär abgehen. Ich habe mich schlaugemacht. Natürlich tummeln sich dort die üblichen Freaks-Möchtegernvampire mit leichenblassem Teint, schwarzem Lippenstift und null Ahnung von Mode. Aber auch ein paar sehr nette Vampirfreunde von mir, unter anderem Frederick von Repsdorf, der eindeutig zu den vorhin erwähnten höchst unterhaltsamen Zeitgenossen gehört. Frederick bewohnt mit seinem Lover ein hübsches altes Häuschen in der Nähe der University of Texas. Er hat mir Bilder gemailt.
    Okay, okay, ich geb’s zu. Mir ist außerdem zu Ohren gekommen, dass Blade kürzlich dort unten gesichtet wurde. Was soll ich sagen? Seine Familie ist weit, weit weg in Schottland, und ohne das emotionale Gepäck ist Jerry nach wie vor der Traum meiner schlaflosen Nächte. Ich werde einfach mal die Lage checken. In Bezug auf Austin, meine ich. Was spricht denn dagegen? Sanfte Hügel, Cowboys, dot-com-Millionäre …
    Nebenbei bemerkt ist Austin ein gutes Pflaster für Unternehmer. Im Gegensatz zu so vielen anderen Vampiren (einschließlich meinem Ex) bin ich nicht vermögend. Ich musste mir meinen Lebensunterhalt seit je selbst verdienen. Ich weigerte mich, auch nur einen Cent von Blade anzunehmen; ich wollte ihm nicht verpflichtet sein. Also musste ich arbeiten. In Vegas habe ich nicht schlecht verdient, allerdings habe ich, wie sich bald herausstellen sollte, eine kleine Schwäche für Poker.

    Ich hätte natürlich die Gedanken der anderen Mitspieler lesen können, aber ich hasse mogeln. Also spielte ich auf ehrliche Art und Weise – und fand heraus, dass ich null Talent fürs Pokern habe. Ich musste schließlich das Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Spieler durchlaufen, um davon loszukommen. Auch deshalb wird mir Austin guttun. Casinos sind in Texas illegal. Man muss die Staatsgrenze überqueren, um zu spielen.
    Gegen Mitternacht verabschiedete ich mich unter Tränen von meinen engsten Freundinnen,
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