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Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Titel: Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Autoren: Frau Freitag
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Während ich in meinen Unterlagen blättere, bringen mir drei Schüler ihre Englischbücher nach vorne. »Ah, super, danke.« Dann befrage ich die Schüler zu ihren Fehlzeiten.
    »Nein, wir haben nicht geschwänzt, wir waren mit Frau Frenssen auf einem Ausflug.« Gut, die sollen sich gar nicht angewöhnen, in den letzten Tagen vor den Ferien unentschuldigt zu fehlen.
    »So, jetzt habe ich hier noch einen Zettel vom Vertretungsunterricht gestern. Ich lese mal vor: Folgende Schüler haben gut mitgearbeitet: Rosa, Chanel …«, ich lese fast die ganze Klasse vor. »Und jetzt steht hier noch: Gestört haben Hamid und Volkan.« Ich gucke die beiden an. Volkan zieht sich seinen Pullover bis zur Nase hoch. Trotzdem sehe ich, dass er sehr rot wird. Hamid grinst.
    »Hamid, das geht nicht. Vorgestern gehst du nicht zum Musikunterricht, sondern spielst auf dem Hof Tischtennis, jetzt störst du auch noch den Unterricht. Wenn das nach den Ferien so weitergeht …«
    »Dann gibt es eine Schulversäumnisanzeige!«, ruft Taifun von hinten.
    »Nein«, sage ich, »dann gibt es eine Klassenkonferenz. Schulversäumnisanzeigen gibt es fürs Schwänzen. Und auch da wird es im nächsten Jahr welche geben. Yussuf, Taifun und Günther werden auf jeden Fall eine bekommen, wenn sie so weitermachen wie bisher.«
    »Was ist eigentlich eine Schulversäumnisanzeige?«, fragt Rosa.
    Ich erkläre, was das ist. Von der Androhung eines Bußgeldes bis hin zur Vorladung vors Familiengericht. »Und wenn der Schüler immer noch schwänzt, dann kann es dazu kommen, dass den Eltern das Sorgerecht entzogen wird und man in ein Heim oder eine betreute Wohngruppe kommt.«
    Schweigen.
    »Und wenn man dann immer noch schwänzt?«, fragt Hamid.
    »Da kannst du nicht schwänzen, da wirst du von den Betreuern aus dem Bett geworfen. Dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit, jemanden von der Polizei abholen zu lassen.«
    Hamid meldet sich. »Frau Freitag, kann man eigentlich im Knast eine Ausbildung machen?«
    »Ja, kannst du«, sagt Taifun, der offensichtlich über Insiderinformationen verfügt.
    »Hamid, hast du vor, in den Knast zu gehen?«
    »Kann man da nicht den ganzen Tag fernsehen?«, fragt er.
    »Fernsehen? Ich glaube, du hast etwas zu rosige Vorstellungen vom Alltag in einer Zelle. Da bist du den ganzen Tag eingeschlossen und kannst eigentlich gar nichts machen, was du willst. Und ja, vielleicht kannst du da eine Ausbildung machen, aber wenn du wieder rauskommst, dann sieht das in deinem Lebenslauf nicht gut aus. Einen Job bekommst du dann wahrscheinlich nicht.«
    Hamid denkt nach. Ich lasse das Knastthema wieder fallen. Mache mir aber eine mentale Notiz, mit unserem Kontaktpolizisten einen kleinen Besuch in der Gefangenensammelstelle für Hamid zu organisieren, damit er sieht, was ihn dort wirklich erwartet. Einfach mal 30 Minuten einschließen – das killt sicher jegliche Knastromantik.
    »Frau Freitag, kann man zur Bundeswehr gehen, wenn man eine Anzeige hatte?«, fragt jetzt Taifun.
    »Nein, ich glaube nicht. Also man kann zumindest keine Ausbildung bei der Polizei machen, wenn man schon mal von denen vorgeladen wurde, das weiß ich.«
    »Wird man bei Anzeige abgeschoben?«, fragt jetzt Hamid, bereit, sich wieder konstruktiv in die Diskussion einzubringen.
    »Wenn du keinen deutschen Pass hast, dann kann das passieren.« Ich frage, wer aus der Klasse einen solchen hat. Sind viele, aber nicht alle. Wir sprechen darüber, wie man den bekommt. Die Schüler mit der deutschen Staatsangehörigkeit scheinen schon gute Erfahrungen gemacht zu haben.
    »In Libanon sie haben voll Angst vor deutsche Pass«, sagt Taifun und erzählt, dass man wohl respektvoller bei Grenzkontrollen behandelt wird als Einheimische. »Aber wenn sie auf dem Markt hören, dass man Deutsch spricht, alles wird teurer. Sie denken voll, wir sind Millionär.«
    »Vielleicht bist du im Verhältnis zu denen auch so was wie ein Millionär«, sage ich und erinnere mich daran, dass Taifun mir auf der Klassenfahrt erzählt hat, dass sein T-Shirt, ein Geschenk seines Onkels, 120 Euro gekostet hat.
    »Aber sie verdienen nicht wenig da«, sagt Rosa. »Sie haben alle Häuser. Große Häuser. So Villen. Und große Autos.«
    »Aber wenn man da so gut verdient, warum gehen die Leute nicht dorthin und leben da?«, frage ich und gucke abwechselnd sie und Taifun an. »In Libanon ist sooo schön«, sagt Rosa. Verträumt starrt sie mich an. Sie sitzt direkt vor meiner Nase. »Ich will da sterben«,
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