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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park
Autoren: Michael Connelly
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ließe.«
    »Das finde ich auch«, sagte O’Shea.
    »Nicht unbedingt«, sagte Bosch. »Als Pratt erwähnte, dass er ihn oben im Wald zu der Leiche geführt hat, hat Anthony es nicht abgestritten.«
    »Aber auch nicht zugegeben«, sagte Rachel.
    »Aber wenn du mit jemandem redest, der dir was von einer Leiche erzählt, die du angeblich vergraben hast, und du nicht weißt, wovon der Kerl redet, würdest du doch wohl was sagen.«
    »Dieses Argument könnte bei den Geschworenen unter Umständen ziehen«, gab ihm O’Shea recht. »Trotzdem hat er bisher noch nichts gesagt, was auf ein eindeutiges Schuldgeständnis hinausläuft. Wir brauchen auf jeden Fall mehr.«
    Bosch nickte. Sie waren am Samstagmorgen übereinstimmend zu der Ansicht gelangt, dass Pratts Wort allein nicht genügte. Seine Aussage, dass Anthony Garland ihn zu Marie Gestos Leiche geführt und T. Rex Garland ihm Geld gegeben hatte, würde für eine Verurteilung nicht ausreichen. Pratt war ein korrupter Polizist, und die Beweisführung auf seine Aussage zu stützen, wäre zu riskant, zumal Geschworene, was Integrität und Zuverlässigkeit der Polizei anging, zunehmend skeptischer wurden. Um bei einem Prozess auf der sicheren Seite zu sein, brauchten sie von beiden Garlands Geständnisse.
    »Was wir bisher haben, ist durchaus brauchbar«, fuhr O’Shea fort. »Aber hundertprozentig zufrieden bin ich damit noch nicht. Wir brauchen ein richtiges …«
    »Wie sieht es mit dem alten Garland aus?«, fragte Bosch. »Ich finde, Pratt hat ihn dazu gebracht, sich massiv zu belasten.«
    »Das finde ich auch«, sagte Rachel Walling. »Er ist auf jeden Fall dran. Sagen Sie Pratt also, er soll sich auf Anthony konzentrieren, wenn Sie ihn zurückschicken.«
    Wie auf Stichwort ertönte ein leises Summen, das einen eingehenden Anruf anzeigte. O’Shea, der mit der Anlage nicht vertraut war, fuhr suchend mit dem Finger über die Konsole.
    »Hier.« Hooten kam ihm zu Hilfe.
    Er drückte auf einen Knopf, der die Verbindung herstellte.
    »Hier ist das Observierungsfahrzeug«, sagte O’Shea. »Ich habe Sie auf die Lautsprecher gelegt.«
    »Wie war ich?«, fragte Pratt.
    »Für den Anfang nicht schlecht«, sagte O’Shea. »Wieso rufen Sie jetzt erst an?«
    »Ich musste tatsächlich pinkeln.«
    Während O’Shea Pratt erklärte, er sollte zu der Bank zurückgehen und noch einmal versuchen, ein Geständnis von Anthony Garland zu bekommen, setzte Bosch den Kopfhörer wieder auf, um die Unterhaltung an der Bank zu belauschen.
    Auf den Überwachungsmonitoren sah es so aus, als hätten Vater und Sohn eine heftige Auseinandersetzung. Garland senior zeigte mit dem Finger auf Anthony.
    »Es ist unser einziger Ausweg«, sagte Anthony Garland.
    »Ich habe gesagt, nein!«, entgegnete der alte Mann scharf. »Das kannst du nicht machen. Das wirst du nicht machen.«
    Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie Anthony sich einen Schritt von seinem Vater entfernte und dann wieder auf ihn zukam. Es sah aus, als wäre er an einer unsichtbaren Leine befestigt. Er beugte sich zu seinem Vater hinab, und diesmal deutete er mit dem Finger. Was er sagte, sagte er so leise, dass die FBI-Mikrofone nur ein Murmeln auffingen. Bosch hielt die Hände an den Kopfhörer, aber er verstand kein Wort.
    »Jerry«, sagte er. »Können Sie da was machen?«
    Bosch deutete auf die Monitore. Hooten setzte den Kopfhörer auf und machte sich an den Audio-Knöpfen zu schaffen. Aber es war zu spät. Der Wortwechsel zwischen Vater und Sohn war zu Ende. Anthony Garland hatte sich wieder aufgerichtet und kehrte seinem Vater den Rücken zu. Er blickte wortlos auf den See hinaus.
    Bosch lehnte sich zurück, um auf den Monitor schauen zu können, der die Bank vom Seeufer aus zeigte. Es war der einzige Bildschirm, auf dem in diesem Moment Anthony Garlands Gesicht zu sehen war. Bosch bemerkte die blinde Wut in seinen Augen. Er sah sie nicht zum ersten Mal.
    Anthony Garland biss die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Er drehte sich wieder zu seinem Vater um.
    »Tut mir leid, Dad.«
    Er begann auf das Bootshaus zuzugehen. Bosch sah ihn mit weit ausholenden Schritten auf die Tür der Toilette zusteuern. Er sah seine Hand unter dem Blazer verschwinden.
    Bosch riss sich den Kopfhörer herunter.
    »Anthony geht in die Toilette!«, stieß er hervor. »Ich glaube, er hat eine Waffe!«
    Bosch sprang auf und zwängte sich an Hooten vorbei zur Tür des Kastenwagens. Da er nicht damit vertraut war, fummelte er erst eine Weile am Türgriff
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