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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park
Autoren: Michael Connelly
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herum. Währenddessen rief O’Shea in das Funkmikrofon.
    »Alle reingehen! Zugriff! Verdächtiger ist bewaffnet. Wiederhole, Verdächtiger ist bewaffnet.«
    Endlich bekam Bosch die Tür auf und rannte los in Richtung Bootshaus. Von Anthony Garland war nichts mehr zu sehen. Er war bereits im Inneren verschwunden.
    Bosch befand sich auf der anderen Seite des Parks, mehr als hundert Meter entfernt. Andere Agenten und Ermittler der Bezirksstaatsanwaltschaft waren näher am Bootshaus postiert gewesen, und Bosch sah sie mit gezogenen Waffen darauf zustürmen. In dem Moment, als der erste Mann, ein FBI-Agent, die Tür der Toilette erreichte, ertönten aus dem Innern hallende Schüsse. Insgesamt vier, einer kurz nach dem andern.
    Bosch wusste, dass Pratts Pistole nicht geladen war. Sie war nur ein Requisit, weil er für den Fall, dass ihn die Garlands abtasteten, eine Waffe tragen musste. Aber da er sich in Untersuchungshaft befand, hatten sie die Munition entfernt.
    Der FBI-Agent am Eingang nahm Kampfhaltung ein, schrie »FBI!« und stürmte nach drinnen. Fast im selben Moment fielen weitere Schüsse, aber sie hatten ein anderes Timbre als die ersten vier. Bosch wusste, sie stammten aus der Waffe des FBI-Manns.
    Als Bosch die Toilette erreichte, kam der FBI-Agent, die Waffe an seiner Seite, nach draußen. Er hielt ein Sprechfunkgerät an seinen Mund.
    »Wir haben zwei Tote in der Toilette«, sagte er. »Tatort ist gesichert.«
    Vom Laufen noch ganz außer Atem, ging Bosch auf die Tür zu.
    »Detective, das da drinnen ist ein Tatort«, sagte der FBI-Mann und hielt seine Hand vor Boschs Brust. Bosch schob sie beiseite.
    »Das ist mir egal.«
    Er betrat die Toilette und sah die Leichen von Pratt und Garland auf dem schmutzigen Betonboden liegen. Pratt war zweimal ins Gesicht und zweimal in die Brust getroffen worden. Garland hatte drei Schüsse in die Brust abbekommen. Die Finger von Pratts rechter Hand berührten den Ärmel von Garlands Blazer. Auf dem Boden unter den Toten breiteten sich zwei Blutlachen aus, die sich bald vermischen würden.
    Bosch blickte in Anthony Garlands Gesicht und studierte seine Augen. Die Wut, die er kurz zuvor in ihnen gesehen hatte, war verflogen, abgelöst vom ausdruckslosen Stieren des Todes.
    Er verließ die Toilette und schaute zu der Bank, wo der alte Mann, T. Rex Garland, den Kopf in die Hände gestützt, weit vornübergebeugt dasaß. Der Gehstock mit dem schimmernden Drachenknauf war ins Gras gefallen.
ACHTUNDDREISSIG
    Für die Ermittlungen war der gesamte Echo Park abgesperrt worden. Zum dritten Mal in einer Woche wurde Bosch in Zusammenhang mit einer Schießerei vernommen, nur dass diesmal das FBI die Fragen stellte und er nur am Rand daran beteiligt war, weil er keine Waffe abgefeuert hatte. Als er fertig war, ging er zu einem am Straßenrand stehenden Mariscos-Wagen, der die Schaulustigen hinter dem gelben Absperrband mit Essen versorgte. Er bestellte einen Krabben-Taco und ein Dr. Pepper und ging damit zu einer der FBI-Limousinen, die in der Nähe geparkt waren. Er verspeiste, an den vorderen Kotflügel gelehnt, sein Mittagessen, als Rachel Walling auf ihn zukam.
    »Wir haben gerade herausgefunden, dass Anthony Garland einen Waffenschein hatte«, sagte sie. »Wegen seines Jobs als Wachmann.«
    Sie lehnte sich beiläufig neben ihm an den Kotflügel. Bosch nickte.
    »Das hätten wir vielleicht nachprüfen sollen«, sagte er.
    Er schob sich das letzte Stück Taco in den Mund, wischte ihn mit einer Serviette ab und zerknüllte sie dann in der Alufolie, in der er den Taco bekommen hatte.
    »Mir ist diese Geschichte wieder eingefallen«, sagte sie.
    »Was für eine Geschichte?«
    »Die du mir über Garland erzählt hast. Wie er auf dem Ölfeld die beiden Jungs fertiggemacht hat.«
    »Was soll damit sein?«
    »Du hast gesagt, er hätte sie mit einer Schusswaffe bedroht.«
    »Stimmt.«
    Weiter sagte sie nichts. Sie blickte auf den See hinaus. Bosch schüttelte den Kopf, als wüsste er nicht, was das Ganze sollte. Schließlich sprach sie weiter.
    »Du wusstest, dass er einen Waffenschein hatte, und du wusstest auch, dass er bewaffnet kommen würde, oder?«
    Es war als Frage formuliert, sollte aber wohl eine Feststellung sein.
    »Was willst du damit sagen, Rachel?«
    »Dass dir klar war, dass Garland eine Waffe trägt. Du wusstest, was heute passieren könnte.«
    Bosch breitete die Arme aus.
    »Jetzt hör mal. Diese Geschichte mit den Jungs ist vor zwölf Jahren passiert. Woher hätte ich
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