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e-Motion

e-Motion

Titel: e-Motion
Autoren: Erica Orloff
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…“
    „Bitte“, unterbrach ich sie. „Es ist nicht der Zeitpunkt, um deinen morgendlichen Brechreiz nachträglich poetisch zu verbrämen.“
    „So glaub es mir doch bitte, Cassandra. Ich weiß es noch wie heute. Wie glücklich dein Vater und ich waren zu wissen, dass neues Leben in mir heranwuchs, wie sehr wir uns liebten. Mir ist klar, dass du denkst, mir würde sein Tod nicht nahe gehen, aber das stimmt nicht. Es ist schon sehr lange her, doch er war mal ein Teil von mir.“
    „Wo auch immer er jetzt ist, ich bin sicher …“ ich spürte einen Kloß im Hals, „dass er das zu schätzen weiß. War das alles, oder wolltest du mir noch mehr sagen?“
    „Eine Kleinigkeit. Du hast immer nur das Schlechteste von mir gedacht. Dass ich bloß hinter meinem Anteil von seinem Geld her war. Aber das ist totaler Blödsinn. Ich habe mehr, als ich brauche oder jemals ausgeben kann.“
    „Bei fünf Männern ist das wohl kein Kunststück.“
    „Nur zu deiner Information: Ich bin derzeit zum
vierten Mal
verheiratet und ein Mal verwitwet. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“
    „So oder so. Du kriegst dein Geld, wenn die Anwälte die Erbschaft freigeben.“
    „Ich will es nicht. Ich gebe es dir. Vor Jahren hatte ich mal gehofft, du würdest heute Kinder haben. Also malte ich mir aus, wie ich das Geld in einen Fonds einzahlen und meinen Enkeln ein kleines Vermögen hinterlassen würde. Aber bei deinem Tempo werde ich lange tot sein, bevor du das erste Kind bekommst.“
    „Danke, Mom.“
    „So … so habe ich es nicht gemeint … Ich wollte nur sagen, dass die jungen Frauen heutzutage nicht direkt nach dem College heiraten. Sie nehmen sich Zeit, um herauszufinden, wer sie sind und was sie wollen. Ich wünschte, ich hätte das auch getan.“
    „Das hast du doch. Erst hast du mich bekommen, und dann hast du versucht herauszufinden, was du aus deinem Leben machen kannst.“
    „Ich sehe schon, es war reine Zeitverschwendung herzukommen. Nun, ich wollte dir auch bloß sagen, dass du das Geld bekommst. Ich will es nicht, habe es noch nie gewollt. Ich kam her, um dir zu sagen, dass mir sein Tod Leid tut. Dass es mir Leid tut, keine perfekte Mutter gewesen zu sein. Ich kam her, um zu sehen, ob du interessiert daran sein könntest, dass wir uns kennen lernen, aber mir ist nun klar, dass du es nicht bist.“
    Sie stand auf und strich ihr Chanel-Kostüm glatt. Dann nahm sie ihre Jackie-O.-Sonnenbrille aus ihrer Fendi-Tasche und ließ den Verschluss mit einem satten Klicken wieder zuschnappen. Vielleicht hasste ich sie auch deswegen. Alles an ihr war so perfekt. So glatt. Bei mir hingegen war nichts perfekt. Angefangen von den Haaren, über mein Bad bis hin zu meinem Liebesleben war alles eine einzige Katastrophe.
    „Es ist zu spät, Mom. Wir hatten unseren Suppenpunkt.“
    „Unseren was?“
    „Den Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“
    „So lange ich lebe, werde ich das nicht glauben. Vielleicht begreifst du es später mal, wenn du selbst eine Tochter hast, wie kompliziert die Dinge sein können.“
    Sie klackerte wieder über die Fliesen zur Tür und verließ grußlos die Wohnung. Einen Moment lang hatte ich den Impuls, ihr hinterherzulaufen. Ich wollte von jemandem getröstet und in den Arm genommen werden, der meinen Vater einmal geliebt hatte. Ich wollte keine Waise sein.
    Aber der Moment verstrich. Ich war allein.

32. KAPITEL
    „M it Spucke?“ Wir saßen zusammen in seinem Jaguar, und Lou sah mich ungläubig an. „Du willst diese Tablette wirklich nur mit Spucke runterkriegen?“
    Ich nickte, während ich den bitteren Geschmack der Pille bereits auf der Zunge hatte.
    „Hast du schon jemals von dieser genialen Entdeckung gehört, die man in Flaschen kaufen kann und Wasser nennt?“
    Ich schluckte. „Mh-mh, aber wir haben keins dabei, und ich hatte das Gefühl, wenn ich jetzt nicht sofort eine Magentablette nehme, müsste ich kotzen.“
    „Ich weiß, dass du weißt, dass du verrückt bist, also kann ich mir jeden weiteren Kommentar sparen.“
    Ich beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. „Dann genieß die Zeit.“
    Ich hatte mich auf die Warteliste für den nächsten, innerhalb von 48 Stunden frei werdenden Platz für einen Flug nach London setzen lassen, und wenn ich ihn nicht wahrnehmen würde, hätte ich ein Vermögen in den Sand gesetzt. 48 Stunden ließen nicht gerade viel Zeit für pubertäre Mätzchen. Ich hatte Lou gebeten, mich zum Flughafen zu fahren, weil ich mich bis zum Umfallen
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