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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung
Autoren: Moira Young
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ich.
    Meine Stimme klingt wohl anders als sonst. Er guckt sofort hoch. Lässt den Stein fallen. Steht langsam auf.
    Heilige Scheiße, sagt er.
    Wir stehen einfach da. Stehen und gucken. Wir kriegen hier alle möglichen Wettersorten. Heißwinde, Feuerstürme, Tornados, und ein, zwei Mal haben wir im Hochsommer Schnee gehabt. Ich hab also schon jede Menge Staubstürme gesehen. Aber noch nie einen wie den da.
    Das ist eine verdammt große Wolke, sag ich.
    Lass uns lieber von hier abhauen, sagt Lugh.
    Langsam weichen wir zurück, aber wir starren immer noch die Wolke an. Dann:
    Renn, Saba!, brüllt Lugh.
    Er packt meine Hand und zerrt an mir, bis meine Füße sich bewegen, und dann rennen wir. Rennen nach Hause, so schnell wie Wolfshunde auf der Jagd.
    Ich guck mich um und erschrecke. Die Staubwolke ist schon halb übern See. Ich hab noch nie eine gesehn, die so schnell ist. Wir haben eine Minute, höchstens zwei, bis sie bei uns ist.
    Wir können ihr nicht davonlaufen!, brüll ich Lugh zu. Sie ist zu schnell!
    Die Hütte kommt in Sicht, und wir schreien und winken.
    Emmi fährt immer noch mit ihrem Zweirad rum.
    Pa!, kreischen wir. Pa! Emmi! Staubsturm!
    Pa taucht in der Tür auf. Schirmt die Augen mit der Hand ab. Dann stürzt er zu Emmi, nimmt sie hoch und rennt, so schnell er kann, zum Sturmschutzkeller.
    Der Keller ist nicht mehr als fünfzehn Schritt von der Hütte entfernt. Pa reißt die Falltür auf und lässt Emmi runter in den Keller. Dann winkt er uns verzweifelt.
    Ich guck mich noch mal um. Und schnapp nach Luft. Der riesige orange Staubberg rast auf uns zu und brüllt dabei. Wie ein Raubtier, das unterwegs den Boden verschlingt.
    Schneller, Saba!, brüllt Lugh. Er zieht sich das Hemd aus und wickelt es sich um den Kopf.
    Nero!, sag ich. Ich bleib stehen und guck mich um. Wo ist Nero?
    Keine Zeit! Lugh packt mein Handgelenk und zerrt an mir.
    Pa brüllt irgendwas, was ich nicht verstehen kann. Dann klettert er in den Sturmschutzkeller und zieht die Tür zu.
    Ich kann ihn doch nicht da draußen lassen! Ich reiß mich los. Nero!, brüll ich. Nero!
    Dafür ist es zu spät!, sagt Lugh. Der passt schon auf sich auf. Komm jetzt!
    Eine Blitzgabel fährt unter mächtigem Knallen und Zischen in den Boden.
    Einundzwanzig, zweiundzwanzig –
    Dann ein dumpfes Donnergrollen.
    Nicht mal drei Meilen!, sagt Lugh.
    Alles wird schwarz. Die Wolke ist über uns. Ich kann nichts mehr sehen.
    Lugh!, kreisch ich.
    Halt dich fest!, brüllt er. Lass nicht los!
    Plötzlich läuft ein Prickeln über meine Haut. Ich keuch auf. Lugh spürt es offenbar auch, weil er nämlich meine Hand loslässt, als ob er sich verbrüht hätt.
    Blitz kommt!, brüllt er. Runter!
    Wir kauern uns hin, ein Stückchen auseinander. Wir kauern so dicht überm Boden, wie wir können. Mein Herz klopft wie wild.
    Noch einmal, Saba. Wenn der Blitz dich draußen erwischt, was machst du dann?
    Hinkauern, Kopf runter, Füße zusammen, Hände auf die Knie. Meine Hände und Knie dürfen den Boden nicht berühren. Das ist doch richtig, oder, Pa?
    Und leg dich niemals hin. Vergiss das nicht, Saba, niemals hinlegen.
    Laut und deutlich hör ich Pas Stimme in meinem Kopf. Er ist als kleiner Junge mal vom Blitz getroffen worden. Wär fast gestorben, weil er nicht gewusst hat, wie er sich verhalten muss, deshalb geht er verdammt sicher, dass wir alle wissen, wie wir –
    Krach! Die Dunkelheit reißt mit einem grellen Blitz und einem mächtigen Knall auf. Ich flieg durch die Luft. Prall mit dem Kopf hart auf den Boden. Versuch mich hochzurappeln, fall aber wieder zurück. Bin benommen. In meinem Kopf dreht sich alles. Ich stöhne.
    Saba!, ruft Lugh. Alles in Ordnung?
    Noch ein Blitz zerreißt die Dunkelheit. Ich glaub, das Unwetter entfernt sich von uns, aber sicher bin ich nicht, benommen wie ich bin. Meine Ohren klingeln.
    Saba!, brüllt Lugh. Wo bist du?
    Hier drüben!, ruf ich. Meine Stimme ist ganz dünn und zittrig. Hier bin ich!
    Und dann ist Lugh da, kniet sich neben mich und zieht mich hoch, bis ich sitze.
    Bist du verletzt?, fragt er. Alles in Ordnung? Er legt den Arm um mich und hilft mir aufzustehen. Meine Beine sind ganz wackelig.
    Hat er dich getroffen?
    Ich … ähm … er … hat mich umgeworfen, das ist alles, sag ich.
    Und während wir so dastehen, wälzt die Dunkelheit sich von uns.
    Und die Welt ist rot geworden.
    Leuchtend rot wie das Herz eines Feuers. Überall. Der Boden, der Himmel, die Hütte, ich, Lugh – alles rot. Die Luft ist voll von feinem
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