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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung
Autoren: Moira Young
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sagt er. Ich hab dir doch gesagt, das ist nur Pas Quatsch.
    Na, wenn du immer alles besser weißt, dann sag mir doch, was passiert, wenn man stirbt?
    Ich weiß nicht. Er seufzt, lässt sich zurückplumpsen und guckt zum Himmel hoch. Man … hört einfach auf. Das Herz schlägt nicht mehr, man atmet nicht mehr und dann ist man einfach … weg.
    Und das ist alles, sag ich.
    Ja.
    Das ist bescheuert, sag ich. Ich mein, wir leben und tun die ganze Zeit alles Mögliche … schlafen und essen und das Dach reparieren, und dann … hört das einfach so auf. Wozu das alles?
    Tja, so ist es eben, sagt er.
    Du … hey, Lugh, du würdst doch nicht ohne mich weggehen, oder?
    Natürlich nicht, sagt er. Aber selbst wenn, du würdst mir ja doch hinterherlaufen.
    Ich werd dir folgen … egal wo du hingehst!
    Dabei verdreh ich die Augen und zieh eine Grimasse, weil er es hasst, wenn ich das mach.
    Bis auf den Grund vom See, sag ich, … bis ans Ende der Welt … bis zum Mond … bis zu den Sternen!
    Halt die Klappe! Er springt auf. Ich geh Steine hüpfen lassen. Wetten, dass du mich nicht einholst, sagt er und rennt los.
    Hey!, brüll ich. Wart auf mich!

    W ir rennen ein ganzes Stück über den ausgetrockneten Boden vom See, bevor wir genug Wasser zum Steinehüpfenlassen finden. Wir kommen an dem Boot vorbei, das Lugh und ich als Kinder mit Pas Hilfe gebaut haben. Jetzt liegt es auf dem Trockenen, da wo früher das Seeufer war.
    Wir laufen, bis wir die Hütte nicht mehr sehen können, bis wir Pa und Emmi nicht mehr sehen können. Die Mittagssonne brennt gnadenlos auf uns runter, und ich wickel mir das Shemag um den Kopf, damit ich nicht zu sehr verbrenne. Ich wünscht, ich würd nach Ma kommen, wie Lugh, aber ich seh Pa ähnlich. Es ist schon komisch – wir haben schwarze Haare, aber trotzdem verbrennt unsere Haut, wenn wir uns nicht vorsehen.
    Lugh trägt nie ein Shemag. Er sagt, damit fühlt er sich eingeengt, und außerdem macht die Sonne ihm nichts aus. Nicht wie mir. Wenn ich ihm sag, es tät ihm recht geschehen, wenn er eines Tages einen Sonnenstich kriegt und tot umfällt, dann sagt er, tja, dann kannst du ja sagen, du hast es gewusst. Werd ich auch.
    Ich find gleich einen richtig guten Stein, flach und glatt. Ich reib drüber, fühl sein Gewicht.
    Ich hab hier einen Glücksstein, sag ich.
    Lugh sucht auch nach einem Stein. Ich lauf solange auf Händen. Das ist so ziemlich das Einzige, was ich kann und er nicht. Er tut so, als ob es ihm nichts ausmacht. Tut es aber doch, das weiß ich.
    Du siehst komisch aus so verkehrt rum, sag ich.
    Lughs goldene Haare glänzen in der Sonne. Er trägt sie zu einem langen Zopf geflochten, der ihm fast bis zur Hüfte geht. Ich trag meine genauso, nur sind meine Haare schwarz, wie Neros Federn.
    Seine Kette glitzert im Sonnenlicht. Ich hab den kleinen Ring aus glänzendem grünen Glas auf der Müllkippe gefunden und ihn auf einen Lederstreifen gezogen. An unserem achtzehnten Geburtstag hab ich ihn Lugh geschenkt. Seitdem hat er ihn nicht mehr abgenommen.
    Was er mir geschenkt hat? Nichts, wie immer.
    Okay, ich hab einen guten, ruft er.
    Ich lauf zu ihm und guck mir den Stein an. Nicht so gut wie meiner, sag ich.
    Ich lass ihn heute acht Mal hüpfen, sagt er. Hab ich im Gefühl.
    Im Traum nicht, sag ich. Ich sag sieben an.
    Ich hol aus und lass den Stein übers Wasser fliegen. Er hüpft ein, zwei, drei Mal. Vier, fünf, sechs …
    Sieben!, ruf ich. Sieben! Hast du das gesehen?
    Ich kann es kaum glauben. Ich hab noch nie mehr als fünf geschafft.
    Tut mir leid, sagt Lugh. Ich hab nicht hingesehen. Du musst es wohl noch mal machen.
    Was? Mein allerbester Wurf, und du hast nicht … du Ratte! Du hast es wohl gesehen. Du bist nur neidisch. Ich verschränk die Arme vor der Brust. Na los. Zeig mir deine acht. Wetten, das kriegst du nicht hin!
    Er schafft sieben. Dann werf ich die üblichen fünf. Er holt gerade aus und will noch mal werfen, da kommt Nero von irgendwoher angeflogen, stürzt auf uns runter und krächzt sich die Kehle aus dem Hals.
    Dämlicher Vogel, sagt Lugh. Wegen dem hab ich jetzt meinen Stein fallen lassen.
    Er kniet sich hin, um nach dem Stein zu suchen.
    Geh weg!, sag ich und wedel mit den Händen, um Nero zu verscheuchen. Husch, böser Junge! Los, such dir jemand anders zum –
    Am Horizont taucht eine Staubwolke auf. Ein wogender oranger Berg aus Staub, so hoch, dass er an den Wolken kratzt. Und er bewegt sich schnell. Genau auf uns zu.
    Ähm … Lugh, sag
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