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Durch Himmel und Hoelle

Durch Himmel und Hoelle

Titel: Durch Himmel und Hoelle
Autoren: Unknown
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Fenster drang, schluckte. Elysia klopfte, betrat den Salon und stellte sich schweigend und Respekt heuchelnd dem eisigen Blick ihrer Tante.
    »Wie ich sehe, warst du unterwegs.« Sie blickte Elysia mißbilli- gend an. »Ich nehme an, du hast die Eicheln vergessen, oder? Ich habe dich gebeten, mir welche zu holen, aber du denkst immer zu- erst an dein eigenes Vergnügen. Bist du auf das nördliche Feld ge- gangen, um nachzusehen, ja?« Tante Agathas farblose Augen leuch- teten auf, während sie auf die Antwort wartete.
    Elysia biß sich auf die Lippen, während sie versuchte, Zorn und Haß zu unterdrücken, der in ihr gegen diese grausame Frau aufstieg.
    »Es tut mir leid, daß ich die Eicheln vergessen habe«, antwortete Elysia endlich. Sie wußte, was ihre Tante hören wollte, aber sie würde nichts sagen, was ihre perverse Neugier befriedigen könnte.
    »Vergessen! Ha! So wie du aussiehst, hast du ganz andere Sachen im Kopf gehabt«, zischte Agatha, als sie den Schmutz und die Flek- ken auf Elysias Kleid entdeckte. »Du hast wohl gedacht, du kannst

dich wie eine gewöhnliche Küchenmagd in mein Haus schleichen, nachdem du die ganze Nacht im Heu herumgerollt bist. Na, mein Fräulein, vielleicht haben wir nicht die ganze Zeit >Blumen ge- pflückt«, spottete Agatha und blickte vielsagend auf die Feldblu- men, die Elysia in ihre Schürzentasche gesteckt hatte. »Vielleicht hat deine Blume auch einer gepflückt? Hat dir vielleicht unter den Bäumen ein Stallbursche ein paar süße Küsse geraubt?« fügte sie grob mit boshaft blitzenden Augen hinzu.
    Elysia zuckte unter ihren grausamen Bemerkungen zusammen und ließ, fast unbewußt, ihre Schultern niedergeschmettert hängen. Sie hatte Demütigungen und Erniedrigungen erduldet, sie war kalt bis auf die Knochen und hatte alles so satt, daß sie nicht wußte, wie lange sie das noch ertragen konnte. Sie nahm an, ihre Tante wäre mit ihren Vorhaltungen am Ende und hatte sie nur gerufen, um sich von dem Schaden, den sie mit ihrem boshaften Auftrag angerichtet hatte, zu überzeugen. Alles, was Elysia jetzt wollte, war, sich in der großen Küche am Feuer zu wärmen und eine Tasse starken, heißen Tee zu trinken. Aber Agatha packte sie am Handgelenk und hielt sie zurück, als sie gehen wollte.
    »Ich will mit dir reden.«
    »Ja, Tante Agatha, aber ich wollte mich zuerst umziehen und eine Tasse -«
    »Später«, unterbrach sie Agatha grob. »Du läßt die feuchten Sa- chen an, bis ich mit dir fertig bin. Du hast nichts Besseres verdient, nachdem du dich über meine Wünsche hinweggesetzt hast.«
    Und zur Strafe dafür, daß ich unversehrt zurückgekommen bin, dachte Elysia spöttisch und blickte sich in dem unfreundlichen Sa- lon mit seiner grün- und graugemusterten Tapete, dem olivgrünen, gestreiften Satinsofa und Stühlen und dem bräunlichgrünen Tep- pich um. Die Tische mit den Marmorplatten und die strengblicken- den Ahnenporträts an der Wand spiegelten sich in dem goldge- rahmten Spiegel über dem Kamin wider, in dem ein kleines Feuer

brannte, das ein wenig Wärme verbreitete, der sich Elysia automa- tisch näherte.
    »Setz dich da drüben hin«, befahl ihre Tante und deutete auf ei- nen der harten Stühle am Fenster. Elysia setzte sich langsam und versuchte, es sich auf dem harten Polster bequem zu machen. Sie zitterte und spürte den kalten Zug, der durch die Fensterritzen her- eindrang.
    Tante Agatha ließ sich gemächlich auf den gestreiften Satinkissen des Sofas nieder, das direkt vor dem Feuer stand und gierig die Wärme verschlang, die die flackernden Flammen verbreiteten. Agatha strich sich die Haare zurecht. Elysia hatte noch nie bemerkt, daß sich aus dem festen, kleinen Dutt im Nacken ihrer Tante ein Härchen gelöst hätte. Noch nie hatte Elysia das Gesicht ihrer Tante fröhlich oder liebevoll gesehen. Ihre ganze Erscheinung wirkte streng.
    Während der zwei Jahre, die Elysia in Graystone Manor ver- bracht hatte, hatte Agatha nie ein freundliches Wort an sie - oder ir- gend jemanden sonst - gerichtet, aber auf sie konzentrierte sich die Feindseligkeit ihrer Tante stärker als auf alle anderen. Agatha hatte sich keine Nichte ins Haus geholt, als sie Elysia aufgenommen hatte, sondern ein Mädchen für alles, das noch den großen Vorteil hatte, sie keinen Pfennig zu kosten.
    Elysia war als Lady erzogen worden und die beschützte und be- hütete Tochter aristokratischer Eltern gewesen, die für sie sorgten und durch Hauslehrer ihre Intelligenz förderten.
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