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Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Titel: Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
Autoren: Klaus Plüg
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einer Welt leben wir denn?“
       „In einer globalisierten, Henry. Haben Sie sich mal durch den Kopf gehen lassen, wo die Menschen alle herkommen? Für Sie scheint es nur Türken zu geben, die alle durch und durch schlecht sind. Was glauben Sie denn, wie sich unsere Landsleute in deren Heimat benehmen? Die Urlauber sind wohl noch das kleinste Übel, weil sie sich zwar arrogant aufführen, aber wenigstens ihr Geld dort lassen. Alle anderen, die sich gern als ehrbare Geschäftsleute bezeichnen, sind aber nichts anderes als gierige Blutsauger, die wir, wenn es um uns geht, als Heuschrecken bezeichnen. Überlegen Sie sich also genau, wem Sie, welche Vorwürfe machen wollen.“
       „Ach, jetzt muss ich mich also in meiner Heimat misshandeln lassen, weil sich einige meiner Landsleute im Ausland nicht richtig benehmen können?“
       „Ich glaube Sie wollen mich nicht verstehen. Wir haben ihnen doch die Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung vorgeführt, und jetzt erwarten wir, dass sie sich an unsere Gesetze halten und vor uns auf den Knien rutschen.“
    Trotz erheblicher Differenzen führten die beiden ihre Unterhaltung in einem recht zivilisierten Umgangston. Wer aber Henrys Flüche, sein Nasenbluten und das verbogene Fahrrad erlebt hatte, blieb dennoch neugierig stehen. Die meisten der inzwischen zahlreichen Schaulustigen hofften vermutlich, dass die Diskussion in einer körperlichen Auseinandersetzung enden würde. Zu ihrem Bedauern mussten sie aber feststellen, dass sich die Kontrahenten offensichtlich weiterhin friedlich verhielten. Viele der Passanten verließen daraufhin enttäuscht den Schauplatz.
    Wer aber nicht nur seine Augen, sondern auch die Ohren öffnete, bekam mit, worum es in diesem Gespräch eigentlich ging und blieb dann doch interessiert stehen.
    Schnell hatten sich zwei Parteien unter den Zuhörern gebildet. Die pro Ausländer Gruppe, die dem Radfahrer ganz offen ihre Sympathie zeigte, und eine andere, die eher durch ihre Zurückhaltung auszumachen war. Da in diesem Stadtteil deutsche Bürger zur Minderheit zählten, hatte Henry, folgerichtig die wenigsten auf seiner Seite.
    Die Ausländer, die zahlenmäßig weit überlegen waren, schlugen sich auf Norberts Seite, hatten aber ein Problem damit, die Unterhaltung richtig zu verfolgen. Unter ihnen entstand eine heftige Debatte, weil viele von ihnen wenig bis gar nichts verstanden. Vermutlich steigerten Fehlerhafte und falsche Übersetzungen die allgemeine Unruhe zusätzlich.
    Durch die Zustimmung, die Norbert von den Ausländern erhielt, sah er einen Streifzug durch die unrühmliche Vergangenheit der Europäer, als unumgänglich an.
       „Seit hunderten von Jahren fallen wir Mitteleuropäer wie die Schmeißfliegen über den Rest der Welt her. Jetzt, da einige von ihnen zu uns kommen, bricht hier jede Ordnung zusammen.
    Was haben wir Europäer getrieben, als unsere Schiffe endlich andere Kontinente erreichen konnten? Die Asiaten haben wir ausgebeutet, Afrikaner versklavt, in Australien die Aborigines unterdrückt und in Nord-Amerika haben Indianer nur überlebt, weil ihre vollständige Ausrottung teurer gewesen wäre, als sie in Reservaten gerade so eben am Leben zu erhalten. In Süd-Amerika wurden die Menschen, die unseren Vorfahren im Wege waren, auf bestialischste Weise wie Vieh abgeschlachtet.
    Nun kommen zumindest die meisten von ihnen aus purer Not zu uns und Sie drehen schon bei solchen Kleinigkeiten durch. Denken Sie nicht, dass ich von den Veränderungen begeistert bin, aber man muss auch ihre Lage verstehen.“
       „Gar nichts muss ich. Wer gegen unsere Gesetze verstößt, muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Egal wo er herkommt. Ob ein Mensch hier, oder sonst wo auf der Welt geboren ist, unsere Gesetze gelten für alle die hier bei uns leben.“
       „Mein lieber Henry, eines Tages wird man Ihnen ein Denkmal setzen und Sie in unserem Lande als Helden feiern. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Glück und Erfolg bei ihrem Kampf für Recht und Ordnung.“
       „Auf den Spott kann ich gut verzichten“, entgegnet Henry, „Sie können mal an mich denken, wenn Sie ihr Fahrrad beim nächsten Mal einem Türken in die Eier rammen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie dann auf eigenen Beinen nach Hause gehen. Dann werden Sie einen Krankenwagen brauchen.“
    Einige Passanten trauten sich tatsächlich, Henry zaghaft zuzustimmen.
       „Ich denke Sie sollten ihren Kaffee heute besser noch einmal ohne mich
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