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Duo Infernale

Duo Infernale

Titel: Duo Infernale
Autoren: Jason Dark
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Falten. Die Schatten der einbrechenden Dämmerung, die den See bedeckten, kamen mir plötzlich noch dunkler vor, als wären sie von Höllenwesen zusätzlich eingefärbt worden. Aber das lag wohl an meiner Stimmung. »Wie verfault ein Mensch?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber du denkst nicht an eine natürliche Ursache?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich denke da an eine Krankheit.«
    »Nein, John, das nicht. Auf keinen Fall sogar. Marcia verfault nicht auf Grund einer Krankheit. Die wirklichen Gründe liegen tiefer, viel tiefer.«
    »Wo denn?«
    »In der Vergangenheit, John. Sie hängen auch mit der Geburt der Zwillinge zusammen. Florence und Fiona, ein gefährliches Paar, ein Duo Infernale. Das muss man so sehen, und Marcia, die Mutter, wusste dies auch. Aber sie hat sich erst jetzt entschlossen, ihr Gewissen zu erleichtern. Jedenfalls hat sie es mir gesagt.«
    »Dann werden wir sie gemeinsam besuchen und uns anhören, was sie uns zu sagen hat.«
    »So hatte ich das vorgesehen.«
    »Dann lass uns nicht mehr zu lange warten, Jane.«
    »Moment noch«, sagte sie. »Ich habe ihr zwar gesagt, dass ich einen Freund mitbringe, aber sie weiß nicht, wer du in Wirklichkeit bist. Halte dich etwas zurück.« Sie deutete dabei auf meine Brust, an der, verdeckt durch die Kleidung, mein Kreuz hing. »Lass es sie nicht merken, John, bitte.«
    »Ist schon klar.«
    Es war Zeit, zu gehen. Ich merkte sehr deutlich, dass sich die Spannung in mir immer stärker aufgebaut hatte, denn sehr bald schon würde der wichtigste Moment eintreffen. Ich hatte so etwas bisher auch noch nicht erlebt, abgesehen von Vampiren, denen ein Holzpflock ins Herz gestoßen worden war.
    Aber Marcia war keine Blutsaugerin, und ich fragte mich, wer sie tatsächlich war und was hinter dieser menschlichen Maske steckte, denn sie sah aus wie ein Mensch, das hatte mir Jane gesagt.
    Es kam nicht dazu, denn wir hörten plötzlich die Schritte auf den Planken. Es war der Mann, der das Boot gesteuert hatte und sich nun zeigte. Zuerst sahen wir ihn als einen wandelnden Schatten, in dessen oberer Hälfte ein roter Punkt glühte, ein Zeichen, dass sich der Mann eine Zigarette angezündet hatte.
    Bevor er uns erreichte, wehte uns schon der Rauch seines Glimmstängels entgegen.
    Inzwischen brannten noch einige weitere Positionsleuchten, durch deren schwachen Lichtschein sich der Steuermann bewegte. Ich sah ihn zum ersten Mal deutlicher, und mein erster Eindruck war, dass er recht kantig wirkte. Das mochte an den breiten Schultern liegen, über die sich der Stoff des T-Shirts spannte. Er trug eine dunkle Hose, und sein Haar lag so glatt und gescheitelt auf seinem Kopf, als wäre er soeben aus einem Friseursalon gekommen.
    In unserer Nähe blieb er stehen. Sein Gesicht lag im Schatten. Vielleicht wirkte es deshalb etwas düster, obwohl ich das Blitzen in seinen Augen sah.
    »Sind Sie zufrieden?«
    »Sind wir«, sagte Jane.
    »Ich warte dann.«
    Mich beachtete er nicht. Er hatte mir auch keinen offenen Blick zugeworfen, und ich fragte mich, aus welchem Grund er mich ignorierte. Möglicherweise war ich ihm unsympathisch, aber das war nur eine Vermutung. Er drehte sich wieder um und ging rauchend zurück in seinen Steuerstand.
    Ich schaute ihm so auffällig nach, dass Jane Collins mich schon anstieß. »He, was ist los mit dir?«
    »Kennst du ihn?«
    »Wie meinst du das denn?«
    »Nicht nur seinen Namen. Ich frage dich, ob du mehr über ihn weißt als nur Boris...«
    »Ja und nein, wenn ich ehrlich sein soll. Marcia ist bettlägerig, und Boris ist als ihr Pfleger engagiert worden. Er ist so etwas wie ein Allrounder, und er wird auch gut bezahlt, kann ich mir vorstellen, denn das ist kein Job wie jeder andere.«
    »Wer hat Marcia den Pfleger besorgt?«, wollte ich noch wissen.
    »Es waren ihre Töchter.«
    »Aha.«
    »Stört es dich?«
    »Nein, nicht direkt.« Ich winkte ab. »Ist auch egal, Jane, kümmern wir uns um Marcia.«
    Die Detektivin kannte sich auf dem Boot aus, und deshalb ging sie auch vor. Ein Niedergang führte in den Bauch des Schiffes hinein. Es war kein kleines Fahrzeug. Darauf konnte schon eine Familie ihre Ferien verbringen, und als Jane die Tür aufdrückte, die zu der Kabine führte, stellte ich fest, dass es unter Deck sogar mehrere kleine Räume gab. Man schlief und wohnte also nicht nur in einer Kabine.
    Allerdings lag niemand in den beiden Schlafkojen, in denen die Betten übereinander standen. Die kranke Frau hatte sich im Wohnraum hingelegt und befand
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