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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: Elvira Zeissler
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Was fällt Ihnen auch ein, nur einige Kilometer vom Dorf entfernt auf dieser einsamen Landstraße einen Halt einzulegen, und das bei diesem Wetter? Da hätten Sie es im Dorf wesentlich bequemer!«
»Wir sagten doch, wir haben uns verfahren und wissen nicht, wo das Dorf ist. Außerdem wollen wir gar nicht ins Dorf, wir suchen das... «
»Nicht ins Dorf?« unterbrach ihn der alte Mann erstaunt. »In dieser Gegend gibt es sonst nichts. Sie müssen sich ja ganz schön verfahren haben.« Der Alte gluckste amüsiert bei diesem Gedanken. »Früher, wissen Sie, da war das hier ganz anders, da war hier eine richtig blühende Gegend, nicht so verlassen wie jetzt. Aber das Landleben reizt die Jugend nicht mehr, alle wollen sie jetzt in die Großstädte, wer weiß, was sie daran so anziehend finden. In meiner Jugend, wissen Sie, da war das alles noch ganz anders... «
»Entschuldigung«, unterbrach ihn Julie, bevor eine längere Geschichte folgte, auch auf die Gefahr hin, den Mann zu verärgern. »Wir suchen das Schloss Lerouge, es ist doch in dieser Gegend?«
Schlagartig wichen jegliche Schwärmerei und Vergnügtheit aus dem Gesicht des Alten, es wurde ernst, beinahe erschrocken.
Julie fragte sich, warum ihre Worte eine solche Reaktion verursachen konnten.
»Das Schloss steht leer, es ist nicht zu besichtige«, erwiderte der Mann vorsichtig und ein wenig zu hastig. »Erst recht nicht um diese Uhrzeit«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. »Sie kommen wohl besser mit ins Dorf, und morgen können sie dann ihren Weg fortsetzen.«
»Wir wollen es nicht besichtigen, und wir wollen auch nicht weiterfahren. Das Schloss ist unser Bestimmungsort«, erklärte Peter ruhig.
»Sie meinen, Sie beide wollen wirklich dahin, aber warum wollen Sie das auf sich nehmen?«
»Es ist unser Job.« Langsam ging Julie die Geduld aus. Sie war müde, sie hatte Hunger und hatte darüber hinaus das Gefühl, dass das Gespräch sich im Kreis drehte. Sie befürchtete fast, nie zu einer zufrieden stellenden Antwort zu gelangen. Dabei hatten sie doch nur nach einer Wegbeschreibung gefragt, so schwierig konnte die Antwort wohl nicht sein. Sie atmete einmal tief durch und zwang sich zur Ruhe. »Das Schloss soll verkauft werden und unsere Aufgabe ist es, seinen Wert zu schätzen«, erklärte sie ihm. »Sie verstehen doch sicher, dass wir dafür ins Schloss müssen?« Erwartungsvoll sah Julie ihn an, doch sie war sich gar nicht so sicher, dass er sie wirklich verstand.
Ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht. »Das dürfen Sie nicht«, der Alte sah nun aufrichtig bekümmert aus.
Julie, die diese Gefühlsregung falsch verstanden hatte, versuchte den Mann zu beruhigen. »Wir verstehen ja, dass Sie nicht wollen, dass das Schloss verkauft wird, aber es ist wirklich nicht unsere Entscheidung.«
»Sie verstehen gar nichts!« rief der Alte auf einmal beinahe wütend aus. Er sah Julie ganz genau an, hielt sie bewusst mit seinen Augen fest, als wollte er, dass seine Worte ganz zu ihr durchdringen. »Sie dürfen da nicht hin. Sie dürfen da nicht bleiben, kehren Sie um, fahren Sie weg, solange noch nichts passiert ist, was Ihnen Leid tun könnte!«
Julie war sich nicht sicher, ob sie das als Drohung oder als gut gemeinte Warnung auffassen sollte. Der alte Mann schien so erregt, dass sie es vorzog, ihn nicht noch einmal darauf anzusprechen. Sie fühlte sich schon ohnehin wie in einem verrückten Traum.
Während dessen versuchte Peter, sich einen Reim auf die Reaktion des Mannes zu bilden. Dieser Blick, den er auf Julie richtete, seit er erfahren hatte, dass sie zum Schloss wollten, und die eigenartige Betonung der Anrede Sie, als er seine merkwürdige Warnung aussprach, ließen Peter zweifeln, ob das ganze wirklich ihnen beiden galt oder nur Julie.
»Also gut«, Julie schien zu einem Entschluss gekommen zu sein, als sie merkte, dass sie auf direktem Weg nichts bei dem Mann erreichen konnte und befürchtete, er wäre dazu in der Lage, sie hier einfach zurückzulassen, wenn sie darauf bestanden, sofort zum Schloss zu fahren. »Heute ist es sowieso schon zu spät. Ich denke, Sie haben Recht, wir sollten heute wirklich ins Dorf fahren, morgen werden wir dann weiter sehen.« Sie machte eine kleine Pause, wie um Peter die Gelegenheit zu geben, Einspruch zu erheben, doch ihm war diese Verzögerung gar nicht so unlieb. Also fuhr Julie fort: »Sir, können Sie uns dann den Weg zum Dorf beschreiben?«
»Aber natürlich«, der alte Mann wirkte aufrichtig erleichtert. »Sie fahren
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